Wahlen / Zwischen Enttäuschung und Erleichterung: Fokus will bei Europawahlen angreifen
Fokus ist am 8. Oktober erstmals bei den Parlamentswahlen angetreten. Die noch junge Partei hat ein Abgeordnetenmandat und somit das große Ziel verpasst. Parteipräsident Marc Ruppert blickt dennoch optimistisch in die Zukunft.
Zwei Wochen ist es her, dass Fokus und insbesondere Parteisprecher Frank Engel das selbstgesteckte Ziel des Abgeordnetenmandats in der Chamber verpasst haben. „Es war sehr emotional am Sonntag“, sagt Fokus-Parteipräsident Marc Ruppert im Gespräch mit dem Tageblatt. „Es war gut, dass wir eine Woche haben verstreichen lassen, bevor unser Nationalkomitee sich zusammengesetzt hat.“ Am vergangenen Montag hat sich die Parteileitung von Fokus getroffen, die Wahlen analysiert und entschieden, weiterzumachen – mit Frank Engel.
„Am 18. November werden wir einen Kongress veranstalten, wo wir uns als Partei neu aufstellen werden“, sagt Marc Ruppert. Der Posten des Parteisprechers wird dann vorerst nicht mehr neu bekleidet. Frank Engel, derzeitiger Amtsinhaber, wird der Partei jedoch als Mitglied in den verschiedenen Kommissionen erhalten bleiben. „Es freut mich, dass Frank Engel als Ideengeber und Parteimotor dabeibleibt.“ Als Partei könne man optimistisch in die Zukunft blicken. „Der Kontext der Wahlen war ein anderer als noch 2013 oder 2018“, sagt Ruppert. „Die Wähler wollten einfach nur die Grünen abwählen und einen Wechsel herbeiführen.“ Eine neue Partei wie Fokus habe es dementsprechend schwer gehabt.
Freud und Leid
Frank Engel hatte noch am Wahlabend auf das für ihn ernüchternde Wahlergebnis reagiert und sich in den sozialen Medien von der nationalen Politik verabschiedet. Die Enttäuschung, so Ruppert, habe tief gesessen – vor allem, weil die Partei nach Auszählung der Listenstimmen gar nicht so schlecht gelegen hatte. Ob ein Neustart für die Partei ohne Frank Engel an der Spitze eine Chance darstellt? „Frank ist einfach ‚vun der Long op d’Zong‘ und kann inhaltlich sehr stark argumentieren“, verneint Marc Ruppert die Frage. Er sei überzeugt, dass solche Persönlichkeiten in der Politik mittelfristig stark gefragt sein werden.
Trotz verpassten Chambermandats ist Parteipräsident Marc Ruppert nicht unglücklich über das Wahlergebnis. Der Grund dafür ist finanzieller Natur: „Ein Hauptziel war es, in den Genuss der Parteienfinanzierung zu kommen“, sagt Ruppert. Schon früh am Abend sei klar gewesen, dass die Partei diese Hürde überspringt. „Das war für mich als Präsident schon eine Erleichterung.“ Mit etwas Wehmut scheint Ruppert trotz des guten Resultates für die Partei dann doch auf die Wahlen zurückzublicken. „Die Linken hatten insgesamt nur 1,5 Prozent mehr als wir und haben jedoch zwei Sitze errungen.“ Mit vereinzelt guten Ergebnissen konnte Fokus auch die Grünen hinter sich lassen, die am 8. Oktober eine historische Schlappe einstecken mussten.
Tatsächlich konnte Fokus in einigen Gemeinden weit über fünf Prozent sammeln. In Heffingen erzielte die Partei mit 7,86 Prozent aller Stimmen ihr bestes Wahlergebnis. Camille Feltes sitzt dort für die Partei im Gemeinderat. Und auch in Vichten, wo Fokus mit Luc Recken den Bürgermeister stellt, hat Fokus mit 6,31 Prozent ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis erzielt. Auch der Nordosten Luxemburgs scheint Sympathien für Fokus zu hegen. Weiswampach, Clerf, Park Hosingen, Pütscheid und Tandel, wo die Nord-Spitzenkandidatin von Fokus, Anne Winter, lebt, haben der Partei ihr Vertrauen ausgedrückt. „Wenn man Leute hat, wird man auch gewählt“, sagt Marc Ruppert und verweist auf Colmar-Berg. Mit Bim Diederich, der von 2004 bis 2013 LSAP-Abgeordneter war, hat Fokus 5,86 Prozent der Wähler überzeugen können. Insgesamt zeigt eine Auswertung der Fokus-Wahlergebnisse, dass die Partei vor allem im Nordosten des Landes punkten konnte. Im Süden und im Westen hat die Partei die Vier-Prozent-Grenze kaum überschreiten können (siehe Grafik).
Blick auf Europawahlen
Ergebnisse, auf die Fokus in Zukunft bauen will. „Mit der Überschreitung der 2,5-Prozent-Grenze hat der Wähler uns Vertrauen geschenkt, mit dem wir seriös arbeiten wollen“, sagt Ruppert. Dank des Parteienfinanzierungsgesetzes kann Fokus sich durch das Überschreiten der 2,5-Prozent-Grenze auf mehr finanzielle Möglichkeiten ein- und sich für die Zukunft professioneller aufstellen. „Wir werden noch offenstehende Rechnungen aus dem Wahlkampf bezahlen und für die Europawahlen etwas ansparen“, sagt Ruppert. Und: „Wir werden ein Büro einrichten.“ Dennoch müsse die Partei auch in Zukunft erst mal finanzielle Vorsicht walten lassen. „Wir hatten ein Fünfzehntel des Budgets der großen Parteien“, sagt Ruppert. Auch in Zukunft seien solche Ausgaben wohl kaum machbar. Doch: „Wir rücken näher ran.“
Für die kommenden Europawahlen will Fokus neu angreifen – ob mit oder ohne Spitzenkandidat, mit oder ohne Frank Engel, werde sich dann im kommenden Jahr auf dem dafür vorgesehenen Kongress zeigen. „Die Personalfrage klären wir dann“, will sich Ruppert zum jetzigen Zeitpunkt keinen Spekulationen hingeben. In einem Punkt ist sich Marc Ruppert jedoch sicher: Fokus ist stärker mit Frank Engel. „Mit Frank geht man kein Risiko ein“, sagt Ruppert. Bei öffentlichen Auftritten oder Rundtischgesprächen verstehe Frank Engel es, die Inhalte der Partei an den Mann zu bringen. „Das lässt sich meines Erachtens nicht einfach trennen.“ Die Hoffnung, Frank Engel in der ersten Reihe von Fokus wieder begrüßen zu können, scheint Ruppert noch nicht aufgegeben zu haben. „Nach ein paar Wochen oder Monate ohne Parteiposten ist er bestimmt wieder bereit, in der ersten Reihe zu stehen.“ Bis dahin liege der Fokus der Partei jedoch ganz auf Fokus.
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Mit 2 prozent angreifen?
Dann koennte ein 3 prozent resultat als grosser sieg verklickert werden.
Herr Engel hat sich dazu entschieden als Nestbeschmutzer zu fungieren. Dass er dabei abgestraft wurde, tut die wenigsten wundern.