Luxemburg / Aufruf von Kunstschaffenden: „Wielt op kee Fall d’ADR“
„Kënschtler géint d’ADR“: Kunstschaffende aus Luxemburg fordern in einem offenen Brief: Die ADR soll bei den Europawahlen am Sonntag leer ausgehen.
„Wielt op kee Fall d’ADR“ – mit dieser Bitte wenden sich 53 Kunstschaffende derzeit in einem öffentlichen Schreiben an die Wahlberechtigten in Luxemburg. Der Musiker Serge Tonnar leitete den Aufruf im Zuge der Europawahlen in die Wege; den Anstoß gab der Schlagzeuger Michel Meis. „Die Idee entstand im Austausch mit dem befreundeten Musiker, der in Deutschland lebt“, schreibt Serge Tonnar dem Tageblatt. „Dort gibt es ähnliche Initiativen, beispielsweise ‚wirsindunrechts‘“. Beide Bewegungen setzen sich zum Ziel, dem vorhergesagten Wahlerfolg rechter Parteien in Europa entgegenzuwirken.
Die Kunstschaffenden aus Luxemburg kritisieren in ihrem Schreiben vor allem die Selbstinszenierung der ADR: Die Partei gebe vor, Werte zu verteidigen, die sie selbst missachte. „Dabei geht es sowohl um Kunst- als auch um Meinungsfreiheit“, so Serge Tonnar. „Uns beschäftigt außerdem der gefährliche Populismus der Partei, Fakten, die ihr nicht passen, als Meinungen abzustempeln – genauso wie die Arbeit von Journalisten.“ Noch dazu seien der ADR „faschistische Ausrutscher“ in den eignen Reihen „wurscht“. Eines von mehreren Beispielen hierfür ist der Skandal um einen ADR-Kandidaten, der bei den Parlamentswahlen 2023 im Osten antreten sollte: Im Netz kursierten Bilder, auf dem er ein T-Shirt mit SS-Runen trug. Fred Keup (ADR), Abgeordneter und Fraktionspräsident, verteidigte seinen Parteikollegen öffentlich und redete dessen Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen klein.
Mögliche Konsequenzen
Die Missachtung der Kunstfreiheit durch die ADR habe Serge Tonnar derweil am eigenen Leib erfahren, berichtet er: 2018 brachten Fred Keup, Joé Thein („déi Konservativ“) und Daniel Schmitz (politischer Aktivist) seinen Sohn, den Musiker Tun Tonnar, vor Gericht. Sie fühlten sich von dessen Lied „FCK LXB“, in dem sie namentlich erwähnt werden, persönlich angegriffen. Zwar verloren die drei den Prozess; Alex Penning (ADR), Anwalt der Kläger und ehemaliger Generalsekretär der ADR, tritt jedoch dieses Jahr bei den Europawahlen an.
Die ADR respektiere die Rechte der Kunstschaffenden jedenfalls nicht, so Serge Tonnar weiter. Er verweist in dem Kontext auch auf den Rechtsstreit zwischen der Partei und der Schweizer Stiftung „The Non-Violence Project“: Mitte Mai forderten Anwälte der Stiftung die ADR auf, ihre Wahlplakate mit dem Kunstwerk „The Knotted Gun“ von Carl Fredrik Reuterswärd bis zum Monatsende aus dem Verkehr zu ziehen. Die Nutzung durch die ADR widerspreche den Werten und Überzeugungen der Stiftung. Fernand Kartheiser, Spitzenkandidat der ADR bei den Europawahlen, verkündete am Freitag beim Radiosender 100,7: Die Plakate bleiben bis zum Ende der Wahlkampagne stehen.
Riskiert die ADR damit ein juristisches Verfahren, befürchtet Serge Tonnar keine Konsequenzen für die Aktion gegen die ADR. „Ein solcher Aufruf ist nichts Geringeres als die Ausübung von Meinungsfreiheit“, schreibt er. „Wir verbieten nichts, alle können ihre Position weiterhin vertreten. Wir sprechen lediglich eine Empfehlung aus, wen man auf keinen Fall wählen sollte.“
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