Neue Zahlen / Fast ein Drittel der Europäer kann sich keinen Urlaub leisten – Luxemburger stehen am besten da
Europaweit ist der Anteil der Bevölkerung, der es sich nicht leisten kann, eine Woche in Urlaub zu fahren, erschreckend hoch. Fast jeder dritte Haushalt ist betroffen. In Luxemburg ist die Situation spürbar besser als im europäischen Durchschnitt, jedoch ist auch hierzulande jeder Zehnte betroffen.
Der Wohlstand eines Landes kann auf viele unterschiedliche Arten gemessen werden. Stolze 16 Prozent der Erwachsenen in Luxemburg waren im Jahr 2023 Millionär, so die Schweizer Bank UBS in ihrem diesjährigen „Global Wealth Report“. Capgemini hat im „World Wealth Report“ hierzulande 47.000 Menschen gezählt, die „mehr als eine Million Euro zum Investieren haben“. Das Durchschnittsgehalt liegt mit rund 75.000 Euro pro Jahr deutlich über dem europäischen Mittelwert.
Jedoch gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Wohlstand oder Armut kann auf viele Weisen errechnet werden. Eine der Messungen, die das europäische Statistikamt Eurostat seit Jahren vornimmt, ist das Zählen der Menschen, die sich nicht jeden zweiten Tag eine „ordentliche“ Mahlzeit leisten können. 2023 waren dies immerhin spürbare 9,5 Prozent der Bevölkerung der Europäischen Union. Luxemburg schnitt mit 3,3 Prozent deutlich besser ab – jedoch sind die Zahlen merklich gestiegen.
Die Hälfte in manchen Ländern betroffen
Zur „schönsten Zeit des Jahres“ drängt sich dann auch die Frage auf, wie viele Menschen sich eine Woche Urlaub pro Jahr überhaupt leisten können. Erfreulich sind die Zahlen, die Eurostat auf diese Frage liefert, indessen nicht: Für fast ein Drittel der Haushalte (28,5 Prozent) Europas bleibt die Urlaubswoche ein unbezahlbarer Traum.
Die Unterschiede pro Land sind jedoch gewaltig. Am schwersten haben es die Menschen in Rumänien: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (59,5 Prozent) können sich die Woche in einem Hotel oder auf einem Campingplatz nicht leisten. Auch im Urlaubsland Griechenland sind fast die Hälfte der Haushalte (43,1 Prozent) zu arm für eine Urlaubswoche. Bei über 40 Prozent der Bevölkerung liegt der Anteil zudem in Bulgarien und in Ungarn.
Am besten schneidet Luxemburg in den Eurostat-Zahlen zum Jahr 2023 ab. Hierzulande sind es 10,6 Prozent der Haushalte, die sich den Urlaub nicht leisten können. Hinter Luxemburg folgen Schweden, die Niederlande und Finnland, mit um die zwölf Prozent.
In Luxemburgs Nachbarländern sind die Quoten, mit 21,2 Prozent in Belgien, 22,8 Prozent in Deutschland und 25,1 Prozent in Frankreich, bereits wieder spürbar. Ein Viertel bis ein Fünftel der Menschen werden dort wohl nicht ans Meer oder in die Berge fahren.
Unterschiede je nach Zusammensetzung des Haushalts
Große Unterschiede hat Eurostat derweil nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch zwischen den unterschiedlich zusammengesetzten Haushalten gemessen. Besonders betroffen sind hierzulande demnach Alleinerziehende (18,3 Prozent), Haushalte mit zwei Erwachsenen und mehr als drei Kindern (16 Prozent), allein lebende Frauen (13,4 Prozent) und Erwachsene, die jünger als 65 sind (12,4 Prozent).
Insgesamt ist die Lage schwieriger für Familien mit Kindern als für Haushalte ohne Kinder (12,1 gegenüber 8,8 Prozent). Leicht besser als der Durchschnitt schneiden derweil Haushalte aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern (9,1 Prozent) ab.
Altersarmut, wie es sie in vielen anderen Ländern gibt, zeigen die Luxemburger Zahlen weniger: Für Haushalte aus zwei Erwachsenen, von denen wenigstens einer älter als 65 ist, ist eine Woche Urlaub nur für 4,5 Prozent zu teuer.
Gilt noch zu erwähnen, dass sich die Zahlen in den letzten zehn Jahren merklich verbessert haben: In Luxemburg und in Europa lag 2013 der Anteil der Menschen, die sich keinen Urlaub leisten können, hierzulande noch bei 15,9 Prozent. In den 27 Mitgliedsländern der EU waren es 40,3 Prozent. Spitzenreiter war europaweit damals Schweden, mit 12,1 Prozent.
Besonders deutlich verbessert hat sich hierzulande die Situation der Alleinerziehenden. Konnten sich damals noch 50,8 Prozent keinen Urlaub leisten, so sind es mittlerweile „nur“ noch 18,3 Prozent. Europaweit liegt die Quote heute noch bei 42,1 Prozent.
Reisebüros: Top-Urlaube trotz steigender Preise
Einen qualitativ hochwertigen Urlaub finden und gleichzeitig Geld sparen. Das ist, was Luxemburger Kunden bei den Reisebüros derzeit suchen, so Vertreter der Reisebranche gegenüber dem Tageblatt. Das kann wie ein Widerspruch klingen, ist es aber nicht.
„Früher war Urlaub ein Luxus, heute ist er ein Bedürfnis“, so ein Mitarbeiter des Reisebüros „Jerry Travel“ im Geschäftszentrum Belval Plaza. Vor allem, um der Arbeit zu entfliehen, hätten die Kunden heute den starken Wunsch, in den Urlaub zu fliegen, neue Orte, neue Kulturen zu entdecken und neue Bekanntschaften zu machen.
„Aufgrund der zunehmenden Preise entscheiden sich viele Kunden heute dabei eher für kürzere, aber dennoch anspruchsvolle Urlaube“, sagt er weiter. „Trotz steigender Preise wollen die Klienten verständlicherweise nicht auf ihren jährlichen Urlaub verzichten.“ Um den für sie bestmöglichen Kompromiss zu finden, beschließen viele Klienten, ihren Urlaub zu verkürzen, um Geld zu sparen und gleichwohl einen qualitativ exzellenten Urlaub genießen zu können. Statt drei Wochen Urlaub zu nehmen, nehmen sie beispielsweise „nur“ 16 Tage Urlaub und reduzieren so die Kosten. Auch versuchen viele Kunden bei „Jerry Travel“, ihren Urlaub lange im Voraus zu buchen, um so ein wenig Geld sparen zu können.
Beim Reisebüro „Voyages Flammang“ in Luxemburg-Stadt hat man derweil festgestellt, dass sich die Kundschaft zuletzt verändert hat. „Im Gegensatz zu früher neigen Kunden heute eher dazu, später, ‚last minute’, ihre Reise zu bestellen“, so eine Mitarbeiterin. Zudem gebe es heute weniger Familien, die Urlaub buchen, als sonst. Sie macht jedoch die gleiche Bemerkung wie der Reisefachmann von „Jerry Travel“: Wegen der gestiegenen Preise „verreisen viele zudem oft weniger lang, wollen aber nicht auf Qualität in ihren Urlaub verzichten“.
Die Kunden im Büro von „Voyages Flammang“ wollen mehrheitlich den Mittelmeerraum besuchen, so die Mitarbeiterin weiter. Ungefähr 80 Prozent ihrer Kunden suchen nach Urlaub auf dem europäischen Festland, etwa in Griechenland, Portugal, Spanien und Italien. Bei „Jerry Travel“ werden vor allem Reisen außerhalb Europas gebucht, hauptsächlich nach Asien und Afrika. (Elia Salucci)
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