Tourismus / Übernachtungszahlen: Der Aufschwung gilt nicht für alle
Die Tourismusbranche kann aufatmen. Um die Hälfte waren während der Pandemie die Übernachtungszahlen eingebrochen – nicht nur im Land, sondern EU-weit. Für die ersten Monate 2024 zieht Statec in seinem jüngsten „Konjunktur Flash“, der diese Woche erschienen ist, jedoch eine überaus positive Bilanz. Das gilt aber offensichtlich nicht für alle. Das Tageblatt hat bei einigen Touristikern nachgefragt.
Das Ergebnis unserer „Mini-Umfrage“ bringt andere Ergebnisse als das, was Statec für das gesamte Land herausgefunden hat. Um 15 Prozent seien die Übernachtungszahlen zwischen Januar und April 2024 im Vergleich zu 2023 gestiegen, sagen die Statistiker. Das zeigt auch die im letzten „Konjunktur Flash“ vom 22. Juli 2024 veröffentlichte Grafik. Das sind sogar fünf Prozent mehr als EU-weit, heißt es in der Analyse weiter.
Im „Seven Hotel“ auf dem Escher Gaalgebierg ist die Lage eine andere. „Mittelmäßig“, antwortet die Geschäftsführerin des Etablissements auf die Frage nach der aktuellen Saison. 15 Zimmer hat das Vier-Sterne-Hotel mit angegliedertem Restaurant. Bei Durchschnittspreisen von 170 Euro pro Nacht kommt die Klientel hauptsächlich aus den Kreisen der Geschäftsreisenden – vor allem an den Wochentagen.
Inflation, steigende Preise: Geschäftstreffen finden häufig nur noch online statt. „Wir kommen lange nicht auf die Belegungszahlen wie vor der Pandemie”, sagt Geschäftsführerin Violant Tarrach (45), obwohl Besserung in Sicht ist. 2019 war das Hotel zu 84 Prozent zwischen Januar und April belegt, 2023 waren es nur noch 61 Prozent und 2024 steigt es im gleichen Zeitraum immerhin auf 70 Prozent an.
Aufholjagd nach Pandemie
Dass die Branche gerade mitten in der Aufholjagd nach den schlechten Zahlen während der Pandemie ist, bestätigen die Statec-Statistiker. Nach einer Halbierung der Übernachtungszahlen 2020 bescheinigt der „Konjunktur-Flash“ einen Aufschwung um 25 Prozent im Jahr 2021 und dann um 50 Prozent im Jahr 2022, heißt es dort. In Luxemburg hingegen stagnierten die Übernachtungen im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr nahezu, während in der gesamten EU ein Anstieg um sieben Prozent verzeichnet wurde.
Auch bei den Baumhäusern im „Escher Déierepark“ ist dieses Jahr nicht alles so, wie es soll oder besser mal war. „Verglichen mit 2023 verlief die Zwischensaison 2024 sehr schleppend“, sagt Anne Meyers (46). Die Gemeindebeamtin leitet seit zwölf Jahren den Escher Tierpark, in dem seit 2019 die drei Baumhäuser, zwei sind für sechs Personen ausgelegt, eins für vier, stehen. In den Schulferien sind die Baumhäuser nach wie vor ausgebucht.
Den größten Anteil an den Übernachtungsgästen stellen die Luxemburger, danach folgen Gäste aus Belgien, Deutschland und der Schweiz. 415 Übernachtungen verbuchten die Baumhäuser zwischen Januar und Juli 2023, 317 waren es im gleichen Zeitraum 2024. Meyers Erklärung dafür ist die gestiegene Fernreiselust allgemein und das schlechte Wetter im ersten Halbjahr 2024. Dem entsprechen die Beobachtungen der Welttourismus-Organisation, die im „Konjunktur-Flash“ zitiert werden.
Gestiegene Lust auf Fernreisen
2023 lagen die weltweiten Touristenzahlen noch etwa 12 Prozent unter dem Niveau von 2019, dürften aber in diesem Jahr aufholen, schreiben die Statistiker. Sie führen das auf einen „erwarteten Anstieg der Touristenzahlen aus und nach Asien” zurück. Da wollten viele nach der Pandemie nicht hin – zu weit weg. Lediglich in der Campingbranche läuft es gut. „Camping ist sehr beliebt”, sagt Linda Gedink (59). Sie ist die Generalsekretärin von Camprilux. Der Verein vertritt 60 Campingplätze in Luxemburg, sie selbst betreibt den Camping „Auf Kengert” in Larochette mit 180 Stellplätzen.
Gedink bestätigt die guten Statec-Zahlen für die ersten vier Monate des Jahres für ihre Branche. Das ist in der Campingbranche ein unbestritten positiver Effekt der Corona-Pandemie. 2022 war ein Rekordjahr, 2023 folgte dem Trend und 2024 scheint sich in die Erfolgskurve einzureihen.
„Trotz des durchwachsenen Wetters sind alle, die reserviert hatten, gekommen“, sagt die Camprilux-Generalsekretärin. Der Trend hat gehalten. „Bis Mitte August sind nur noch wenige Plätze frei“, sagt sie zur Gesamtsituation der Branche in Luxemburg. Die Gäste von Gedinks „Auf Kengert“ aus den Niederlanden, Belgien, Deutschland und Großbritannien sind nicht nur ein treues, sondern auch eine verlässliche Klientel. Gebucht wird meist lange im Voraus, vor allem bei längeren Aufenthalten.
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