EU-Innenministerrat / Luxemburg für schärfere Abschieberegeln: EU-Rückführungsrichtlinie soll reformiert werden
Beim Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag in Luxemburg wurde unter anderem über verschärfte Regeln für die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern diskutiert. Luxemburg hat sich einer Initiative Österreichs und der Niederlande angeschlossen, die bei den Rückführungen einen Paradigmenwechsel fordert.
Im April erst wurde das neue und umstrittene EU-Migrations- und Asylpaket endgültig verabschiedet, nun gerät die Reform der sogenannten EU-Rückführungsrichtlinie in den Fokus der europäischen Innenminister. Die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern in ihre Heimatländer oder in Drittstaaten gilt seit Jahren als einer der Schwachpunkte der EU-Asylpolitik. Nach einer definitiven Ablehnung des Schutzstatus vergeht meistens viel Zeit, wenn nicht Jahre, bevor die betreffenden Personen in ihre Herkunftsländer gebracht werden. Nach Angaben von Eurostat erhielten im vorigen Jahr 484.160 Menschen die Anweisung, die EU zu verlassen. Gerade einmal 91.465 (18.9 Prozent) kamen dieser Aufforderung nach, wie es in einem Papier des EU-Rates heißt.
Nun haben 17 Schengen-Staaten, darunter auch Luxemburg, in einem von Österreich und den Niederlanden initiierten sogenannten „Non-Paper“, die EU-Kommission aufgefordert, einen neuen Vorschlag für die Reform der EU-Rückführungsrichtlinie vorzulegen. Neben den genannten Ländern gehören auch Tschechien, Deutschland, Dänemark, Griechenland, Finnland, Frankreich, Ungarn, Italien, Malta, Schweden, die Slowakei, sowie die Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen und Liechtenstein dazu.
Den Unterzeichnern geht es vor allem darum, die Rückführungen zu beschleunigen und zu erleichtern. Dabei wird offenbar auch die Möglichkeit diskutiert, Rückführzentren in Drittstaaten, also außerhalb der EU, zu errichten. Er sei nicht gegen solche Zentren, sagte der luxemburgische Innenminister Léon Gloden gegenüber Radio 100,7.
Vor sechs Jahren legte die EU-Kommission einen Reformvorschlag für die 2008 verabschiedete EU-Rückführungsrichtlinie vor, nun verlangen 14 EU-Staaten einen neuen Vorschlag, in dem es zu einem Paradigmenwechsel kommen soll. Demnach sollen abgelehnten Asylbewerbern „Verpflichtungen und Pflichten“ auferlegt werden. „Wer kein Bleiberecht hat, muss zur Rechenschaft gezogen werden“, heißt es in dem Papier, wobei klar definiert werden soll, woran sich jene zu halten haben, die die EU verlassen müssen. „Nicht-Kooperation muss Konsequenzen haben und sanktioniert werden“, so eine weitere Forderung. Die EU-Mitgliedstaaten verlangen „Flexibilität“ und wollen ermächtigt werden, effektive Rückführung „unter voller Achtung der Grundrechte“ durchzuführen.
Albanien- statt Ruanda-Modell?
Der französische Innenminister Bruno Retailleau sagte vor dem Ratstreffen, dass die derzeitige Richtlinie viele Rückführungen erschwere. Es sollte wieder die Möglichkeit gegeben werden, „irreguläre Aufenthalte“ zu bestrafen. Retailleau will bei den Rückführungen „keine Lösungen ausschließen“, sagte er. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser meinte ihrerseits, dass die überarbeitete Richtlinie ebenfalls die Möglichkeit von Zurückweisungen an der Grenze enthalten soll. Ihr österreichischer Amtskollege Gerhard Karner, der das Papier mitinitiiert hat und „kompromissloser und konsequenter“ abschieben will, hatte weitere Ideen. So will er die Schubhaft von abgelehnten Asylsuchenden erleichtern und ihnen die Sozialleistungen „deutlich früher kürzen“.
Laut Radio 100,7 versicherte Léon Gloden, dass die luxemburgische Regierung weiterhin gegen das sogenannte „Ruanda-Modell“ ist. Dieses von der ehemaligen britischen Tory-Regierung mit Ruanda vereinbarte Modell sah vor, Asylsuchende von Großbritannien nach Ruanda zu deportieren, wo das Asylverfahren abgewickelt werden sollte. Die gegenwärtige Regierung von Premier Keir Starmer hat sich jedoch von diesem Modell distanziert. Dem hingegen hat sich die Europäische Volkspartei (EVP), die europäische Parteienfamilie des CSV-Innenministers, das Ruanda-Modell zu eigen gemacht und in ihrem Programm für die diesjährigen Europawahlen dafür geworben. „Wer in der EU einen Asylantrag stellt, könnte auch in einen sicheren Drittstaat überstellt werden und dort das Asylverfahren durchlaufen“, heißt es im „EPP 2024 Manifesto“.
Mitdiskutieren will Gloden jedoch über das zwischen Italien und Albanien vereinbarte Modell, wonach Flüchtlinge erst gar nicht in die EU gelangen, sondern gleich vom Mittelmeer aus nach Albanien – oder einen anderen Drittstaat – gebracht werden sollen, wo sie dann ihre Asylprozedur durchlaufen würden. Da sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen kommende Woche ebenfalls mit dem Thema Asyl und Migration beschäftigen werden, dürfte die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni dort besonderes Gehör finden.
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