Leserforum / Hort der Stabilität in Europa
In seinem diesjährigen Neujahrsinterview freute sich unser Premierminister Luc Frieden, unser Land würde in Europa einen Hort der Stabilität darstellen. Die Zufriedenheit von unserm Premierminister ist in dieser Hinsicht nur allzu verständlich. In seinem letztjährigen Interview hat er Luxemburg mit einer anonymen Gesellschaft verglichen, wo er als Generaldirektor figurieren würde. In solch einer Gesellschaft, wo das Primat der Wirtschaft und die Betriebsgewinne zählen, ist ein Hort der Stabilität wichtig. Armut, Prekarität und Wohnungsnot werden als Nebenwirkungen und Kollateralschäden betrachtet.
Unsere Regierung tut alles, um diesen Stabilitätshafen abzusichern und auszubauen. Die Gewerkschaften sollen geschwächt werden, damit diese bei der Regierungspolitik nicht dazwischenfunken. Ihre Vorrechte bei Kollektivvertragsverhandlungen sollen eingeschränkt werden. Es soll über verschiedene Aspekte direkt mit den Belegschaften in den Betrieben verhandelt werden. Demonstrationen in der Öffentlichkeit sind ein probates Mittel der Gewerkschaften und von zivilgesellschaftlichen Organisationen, um auf soziale und andere Missstände aufmerksam zu machen. Da dies von der Regierung als störend empfunden wird, soll das Demonstrationsrecht neu reglementiert und eingeschränkt werden. Dies soll mittels zwei Gesetzesprojekten über das Demonstrationsrecht und den Platzverweis erfolgen. Dies alles in einem Land, wo die Gewerkschaften nur über ein eingeschränktes Streikrecht verfügen und wo unter einer Vorgängerregierung das Ausrufen des Ausnahmezustandes erleichtert wurde.
All dies scheint noch nicht zu genügen. Denn es existieren weiterhin Bestrebungen, den obligatorischen Militärdienst, als Schule der Nation, wiedereinzuführen. Man muss anerkennen, dass die aktuelle Regierung subtiler agiert als eine konservative Vorgängerregierung in den 1930er Jahren. Damals sollten die gesellschaftlichen Freiheiten mittels eines Maulkorbgesetzes abgebaut werden. Heute sollen der Aufbau eines repressiven Überwachungsstaates und der Abbau von sozialen und gesellschaftlichen Rechten und Freiheiten in Etappen erfolgen. Ob diese Strategie der Regierung aufgehen wird, wird von der Reaktion der fortschrittlichen Kräfte hierzulande abhängig sein.
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