/ Macron räumt auf
François Bayrou ist der Mann, der Emmanuel Macron den entscheidenden Kick zur Präsidentschaft gegeben hat. Bayrou griff Macron zunächst scharf an als den Kandidaten, der die Marionette des großen Geldes sei. Dann schloss er sich ihm an, als Macron sich in einem Tief befand. Der Rest ist bekannt.
Justizminister zu sein war immer der große Wunsch von Francois Bayrou. Emmanuel Macron gab ihm die Chance und trug ihm auf, ein großes Gesetz zur „Moralisierung der Politik zu entwerfen“. Allerdings: In dem Augenblick, in dem Bayrou sein Gesetz vorlegte, gerieten die Europaministerin, die Armeeministerin und auch Bayrou in das Schlaglicht der Presse und der Justiz.
Dazu ein Rückblick: Die Abgeordneten des rechtsradikalen Front national im Europaparlament befinden sich in Ermittlungsverfahren der europäischen Anti-Korruptionsbehörde OLAF. Ihnen wird vorgeworfen, Parlamentsassistenten in Wirklichkeit zu Parteizwecken eingesetzt zu haben. Das Europaparlament verlangt mehr als 300.000 Euro von Marine Le Pen zurück. Insgesamt sollen sich die Forderungen gegen die Abgeordneten auf gut fünf Millionen Euro belaufen. Die Abgeordnetendiäten von Marine Le Pen wurden um die Hälfte gekürzt. Eine Abgeordnete des Front national startet daraufhin einen Entlastungsangriff. Sie berichtete der französischen Justiz davon, dass Abgeordnete unter anderem der französischen Zentrumspartei („Mouvement pour la démocratie“, MoDem) Assistenten in ihrem nationalen Wahlkreis zur Arbeit für MoDem eingesetzt hätten. Die französische Justiz eröffnete daraufhin ein Vorermittlungsverfahren gegen die drei MoDem-Minister.
Die betroffene Armeeministerin Sylvie Goulard erklärte am vergangenen Dienstag ihren Rücktritt. Die betroffene Europaministerin Marielle de Sarnez tritt aus der Regierung zurück und wird Vorsitzende der MoDem-Fraktion – aus 42 Abgeordneten bestehend – in der Nationalversammlung. Beide Frauen wurden in der Pariser Politik zu ihrem Schritt beglückwünscht, als Entscheidung „großer Charaktere“.
Besonderen Situation
François Bayrou befand sich in einer besonderen Situation. Seine Bewegung, MoDem, war politisch nicht mehr existent in Frankreich. Die Unterstützung des amtierenden Staatspräsidenten ließ er sich teuer bezahlen. Die Macronisten gaben ihm 52 Wahlkreise, die sie selber hätten gewinnen können.
Bayrou als Justizminister war in dem Augenblick nicht mehr haltbar, als die Affäre öffentlich wurde. Als Justizminister ist er weisungsfähig für die Untersuchungsbehörden. Außerdem stellt er mitten in der öffentlichen Diskussion das Moralisierugsgesetz vor. Hinzu kam am Dienstag der Rücktritt der Armeeministerin und das sichere Gerücht, das sich am Mittwoch bestätigte, dass auch die Europaministerin ihr Amt verlassen würde. Bayrou geriet dermaßen unter Druck, dass er nicht mehr haltbar war.
Befreiung von einer Last
Der Rücktritt des Justizministers befreit Staatspräsident Macron von einer Last. Zu der sich der Minister entwickelt hatte. Bayrou hatte versucht, Druck auf Journalisten eines Fernsehsenders auszuüben, und er hatte sich mit Äußerungen aus der Regierungsdisziplin herausbewegt. Er wurde letztlich Opfer der beiden weiblichen MoDem-Minister, die klare Verhältnisse schufen. Unklar ist, ob Macron Bayrou entlassen hat, ob er ihn zum Rücktritt gedrängt hat oder ob Bayrou die Entscheidung selbst getroffen hat.
Die parlamentarische Mehrheit des Staatspräsidenten ist nicht gefährdet. Die absolute Mehrheit liegt bei 279 Stimmen. Die Macronisten verfügen alleine über 306 Stimmen und können sich auf „Progressisten“ von links und von rechts verlassen.
Die Affären werfen einmal mehr ein Schlaglicht auf die Verhaltensweise der Pariser Presse. Während des Präsidentschaftswahlkampfes war die seltsame Art der MoDem-Finanzierung bereits bekannt. Allerdings: Erst als Bayrou Justizminister wurde, griff die Pariser Presse den Fall auf und machte ein Feuilleton daraus. Dass der rechtsradikale Front national sich in derselben Situation befindet, dass Marine Le Pen dabei ist, in Vergessenheit zu geraten, war nie ein Feuilleton wie nun der Fall Bayrou.
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