Olympia 2024 / Die Qualifikationschancen der Luxemburger: „Zehn bis zwölf sind absolut realistisch“
Die Olympischen Spiele 2024 sind nur noch 212 Tage entfernt und das Thema Qualifikation wird für die luxemburgischen Sportler immer ernster. Seit 2008 schickt das Großherzogtum durchschnittlich elf Athleten zum größten Multisportereignis der Welt. Dieser Trend scheint sich auch für Paris 2024 zu bestätigen. „Zehn bis zwölf Teilnehmer sind absolut realistisch“, sagt Raymond Conzemius, Technischer Direktor des COSL. Das Tageblatt hat eine Übersicht über die Qualifikationschancen der Luxemburger zusammengestellt.
Leichtathletik
Nachdem die Leichtathletik 2021 in Tokio mit Bob Bertemes und Charel Grethen durch zwei Athleten vertreten war, könnte sich diese Zahl für die Spiele in Paris verdoppeln. Patrizia Van der Weken ist bereits qualifiziert. „Mit Vera Hoffmann, Bob Bertemes und Charel Grethen haben drei weitere Athleten realistische Chancen auf eine Qualifikation“, erklärt Raymond Conzemius. „Sowohl Bob als auch Charel sind von ihren Leistungen her in der Lage, sich über die Norm zu qualifizieren.“ Vor allem für Grethen ist diese ein wichtiger Faktor, denn auf seiner Paradestrecke, den 1.500 Metern, ist das Niveau enorm gestiegen, sodass eine Qualifikation über die Rangliste deutlich schwieriger geworden ist. „Bei Vera hingegen ist die Qualifikation über die Zeit weniger wahrscheinlich. Wenn sie aber eine gute Wintersaison hinlegt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Qualifikation über die Weltrangliste relativ hoch.“
Badminton
Vor einem Jahr war Olympia im Badminton eigentlich noch kein Thema beim COSL, doch dann machte Nachwuchsspielerin Kim Schmidt besonders bei den Europaspielen in Krakau mit guten Leistungen auf sich aufmerksam und in der Weltrangliste einen Riesensprung nach vorne. „Kim muss sich für Paris noch weiter nach oben arbeiten“, sagt Conzemius. „Man muss sehen, was sie erreicht. Aber man muss ihr auch die Chance geben, sich zu entwickeln, und nicht unbedingt erwarten, dass sie sich qualifiziert. Sie ist vor allem durch ihre gute Leistung in Krakau in eine Position gerutscht, mit der man eigentlich nicht gerechnet hat.“ Schmidt versucht ihr Ranking bei internationalen Turnieren nun weiter zu verbessern und zu testen, was möglich ist. Sollte eine Qualifikation für Paris herausspringen, wäre das ein außergewöhnlicher Erfolg für die erst 20-Jährige.
Schwimmen
Mit Rémi Fabiani und Ralph Daleiden sind zwei Luxemburger Schwimmer in einer aussichtsreichen Position, um sich für Paris zu qualifizieren. „Bei Ralph und Rémi haben wir im vergangenen Jahr einen großen Sprung nach vorne gesehen. Beide sind in einer Position, in der sie bald auch den nächsten Sprung machen können. Wir reden hier vom Zehntel-Bereich“, erklärt Conzemius. Fabianis Bestzeit über 50 m Freistil liegt aktuell bei 22:09 Sekunden, er ist damit nur 13/100 von der A-Norm entfernt. Daleidens Bestzeit über 100 m Freistil steht indes bei 48:63, womit ihm knappe 29/100 zur A-Norm fehlen. Daleiden bereitet sich in den USA auf die Qualifikation vor, Fabiani tut dies im luxemburgischen Umfeld. „Bei beiden ist die Motivation groß und das Potenzial da, die Qualifikationsnorm zu schaffen.“
Mit Julien Henx versucht ein dritter Luxemburger ein Ticket zu lösen, doch über 50 m Freistil ist er mit 8/10 noch weit von der Norm entfernt, was eine Qualifikation unwahrscheinlicher macht.
Fechten
„Flavio Giannotte hat gezeigt, dass er das Potenzial hat“, sagt Conzemius. Der luxemburgische Fechter liegt derzeit auf Platz 46 der Weltrangliste. Das Qualifikationssystem im Fechten ist komplex. Um sich über die Weltrangliste zu qualifizieren, müsste Giannotte wohl einen Platz unter den Top 15 belegen. Eine weitere Möglichkeit bietet allerdings ein Qualifikationsturnier im April in Luxemburg, bei dem aber nur der Sieger ein Olympiaticket erhält. „Wenn es auf das Turnier in Luxemburg ankommt, ist Flavio sicher in der Lage, es zu gewinnen. Er hat uns in der Vergangenheit schon oft positiv überrascht“, so Conzemius. „Es muss nicht klappen, aber das Niveau hat Flavio auf jeden Fall. Er ist auf einem guten Weg.“
Triathlon
Im Triathlon wird Luxemburg aller Voraussicht nach zumindest mit einer Athletin vertreten sein. Jeanne Lehair liegt derzeit auf Platz acht der Rangliste und müsste in den kommenden Monaten noch aus den Top 55 fallen, um ihr Ticket zu verlieren – was rein rechnerisch fast unmöglich ist. Mit Eva Daniëls macht sich eine weitere Luxemburgerin Hoffnungen auf eine Teilnahme, doch die 22-Jährige wurde durch einen Trainingsunfall zurückgeworfen. „Das Niveau, um sich zu qualifizieren, hat Eva. Das ist klar. Aber die gesundheitliche Situation hat ihr zuletzt nicht in die Karten gespielt. Man muss abwarten, wie sich das entwickelt, und ihr Zeit geben.“
Bei den Herren hat derzeit Gregor Payet die besten Karten. „Er muss aber in der letzten Qualifikationsphase bis Juni noch ein paar gute Ergebnisse einfahren. Dass er das Zeug dazu hat, hat er schon gezeigt.“ Für Stefan Zachäus verlief die erste Qualifikationsphase nicht optimal, zuletzt zeigten die Ergebnisse aber wieder nach oben. „Bei Bob Haller deuten die Ergebnisse leider nicht auf eine mögliche Olympiaqualifikation hin.“
Es besteht neben dem Einzel noch die Möglichkeit, in Paris eine Mixed-Staffel an den Start zu schicken. Alles hängt von einem Qualifikationswettkampf im März ab. Die Staffel benötigt allerdings eine auf die kürzere Distanz angepasste Vorbereitung im Training – die individuellen Qualifikationspläne müssten in diesem Fall hinten angestellt werden, was nicht unbedingt in die Situation jedes Athleten passt. Die richtige Strategie und Besetzung muss hier gefunden werden.
Bogenschießen
„Jeff Henckels will es noch einmal wissen“, erzählt Conzemius. Der Bogenschütze hat seit 2004 dreimal an den Olympischen Spielen teilgenommen, allerdings nach jeder Teilnahme einmal ausgesetzt. Das will er nach Tokio 2021 nicht. Henckels wird bei der Arbeit in Teilzeit gehen, um sich in den nächsten Monaten auf das Bogenschießen zu konzentrieren und die Qualifikation in Angriff zu nehmen. „Da wir wissen, was er kann, können wir zumindest auf eine Qualifikation hoffen. Es wird auf die Details ankommen.“
Tischtennis
Alles deutet darauf hin, dass Ni Xia Lian im Juli im Alter von dann 61 Jahren zum sechsten Mal die Olympischen Spiele in Angriff nehmen wird. „Wenn sie ihr Ranking hält, ist die Qualifikation so gut wie sicher“, sagt Conzemius. Neben Ni hofft auch Sarah De Nutte auf ein Ticket, muss sich aber in der Weltrangliste noch verbessern. „Um ihr Ranking zu verbessern, muss sie an den richtigen Wettkämpfen teilnehmen. Dafür muss wiederum das Ranking stimmen. Es gibt eine ausgeklügelte Strategie, wie sie das schaffen kann“, sagt Conzemius. „Sarah steht auf Rang 126, momentan muss man aber in den Top 90 sein, um sich zu qualifizieren. Das ist von ihrem sportlichen Niveau her machbar. Sie muss aber entscheidende Spiele gewinnen.“
Eine Qualifikation des Mixed-Doppels Luka Mladenovic/Ni Xia Lian ist ebenfalls möglich, wäre aber eher eine kleine „Überraschung“. Bei der Damen-Nationalmannschaft hängt alles vom Abschneiden bei der Mannschafts-WM im Februar in Busan ab. „Das Achtelfinale muss erreicht werden. Das ist möglich, wenn alles passt. Aber wir wissen auch, wie schwer das ist. Jeder muss seine entscheidenden Spiele gewinnen“, so Conzemius. „Es wäre eine Überraschung, wohl wissend, dass sie das Potenzial haben.“
Reitsport
Zum ersten Mal könnten zwei Reiter Luxemburg bei den Olympischen Spielen vertreten. „Im Moment sieht es so aus, als wäre Victor Bettendorf im Springreiten mit seinem Pferd Mr. Tac für Paris qualifiziert“, sagt Conzemius. Auch in der Dressur wird Luxemburg „ziemlich sicher“ einen Quotenplatz erhalten. Sowohl Nicolas Wagner als auch Fie Christine Skarsoe kommen dafür infrage. „Normalerweise bekommt derjenige den Platz, der ihn auch geholt hat. Im Reiten muss natürlich neben dem Reiter auch das Pferd gesund sein.“
Radsport
Im Radsport sind zwei Quotenplätze (je einer für Männer und Frauen) für die Spiele 2024 bereits sicher. Das COSL entscheidet auf Empfehlung der FSCL, wer diese erhält.
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