Leichtathletik / François Grailet: Mit WM-Boost aus dem Teufelskreis
Luxemburgs Hürdenspezialist François Grailet hat sich erstmals in seiner Karriere für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften qualifiziert. Nachdem der 29-Jährige vor zwei Jahren die Qualifikation um nur eine Hundertstelsekunde verpasst hatte, hofft er, dass die WM-Premiere ihm jetzt einen Boost verleihen wird.
Eigentlich hatte François Grailet gar nicht mehr mit der WM-Teilnahme gerechnet. Der 29-Jährige hatte sich nach den Hallen-Landesmeisterschaften am 18. Februar bereits in eine kleine Auszeit verabschiedet, bevor er die Vorbereitungen auf die Sommersaison aufnehmen wollte. Die Pause dauerte allerdings nur drei Tage. Dann kam die überraschende Nachricht. Am vergangenen Donnerstag erhielt Grailet einen Anruf vom Verband und erfuhr, dass er über 60 Meter Hürden für die Weltmeisterschaften in Glasgow nominiert ist. „Es war ein kleiner Schock“, blickt er auf den Moment zurück. Der Schock war schnell verflogen und verwandelte sich in pure Freude. „Ich bin sehr glücklich. Es war immer ein Traum von mir, an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen. Darauf habe ich die letzten Jahre hingearbeitet.“
Bereits vor zwei Jahren hatte vieles auf eine WM-Qualifikation hingedeutet, doch das Abenteuer endete für Grailet damals mit einer herben Enttäuschung. Nur um eine Hundertstelsekunde verpasste er die Teilnahme. „Die Norm über 60 Meter Hürden lag damals bei 7.72 Sekunden und ich war 7.73 gelaufen. Das war eine riesengroße Enttäuschung. Ich war in dem Jahr meine beste Saison gelaufen und bin trotzdem ‚gescheitert‘. Acht Monate davor hätte ich mir damals zwar noch nicht erträumen können, überhaupt solche Zeiten zu laufen, trotzdem hat mir ein Hundertstel für die WM gefehlt. Das hat mich seitdem in meiner Karriere verfolgt.“
In der Halle kam er danach nicht mehr an die Zeit heran. Auch mit dem Winter 2023/24 ist Grailet bis vor der WM-Qualifikation nicht zufrieden gewesen. „In der Hallensaison bin ich hinter meinen eigenen Erwartungen geblieben. Ich habe kein Chrono geschafft, das der Vorbereitung, die ich gemacht hatte, gerecht wird. Das hatte sicherlich auch mit einem psychologischen Faktor zu tun. Wenn ich ein paar schlechte Rennen nacheinander habe, gerate ich in einen Teufelskreis, aus dem ich nur schwer wieder herauskomme. Das war in dieser Indoor-Saison der Fall“, blickt Grailet zurück. Er hofft, dass die Weltmeisterschaft ihm jetzt einen Boost verleihen wird. „Die WM-Selektion gibt mir einen großen positiven Schub. Die Moral wird in Glasgow ganz sicher stimmen.“
Saisonbestleistung als Ziel
Für die WM qualifizierte sich Grailet vor allem durch seinen Landesrekord von 13.79 Sekunden über 110 Meter Hürden, den er im vergangenen Sommer in der Freiluftsaison aufgestellt hatte. „Dadurch wurde er in die Liste der qualifizierten Athleten aufgenommen“, teilte der Leichtathletik-Verband vor einer Woche mit. Grailet selbst sagt über seine Qualifikation: „Es war eine Überraschung. Ich denke, das liegt an dem etwas dysfunktionalen Ranking-Modus, der es Athleten ermöglicht, die zum Zeitpunkt der Qualifikation nicht in Hyperform sind, trotzdem zu den Weltmeisterschaften zu fahren. Aber ich denke, ich habe meinen Platz verdient, genau wie alle anderen Athleten, die an der WM teilnehmen werden.“
Nach der kurzen Auszeit nach den nationalen Meisterschaften, in der sich Grailet eigentlich „mental und körperlich“ erholen wollte, ist er früher als geplant wieder ins Training eingestiegen. „Wir haben sofort nach dem Anruf am vergangenen Donnerstag meine Vorbereitung geplant, um in bestmöglicher Form zur WM zu reisen“, so Grailet. „Alles basiert noch auf der Vorbereitung, die ich im September gemacht habe. Wir haben kurzfristig nichts geändert. Ich werde nächsten Monat 30 und ich kenne meinen Körper. Ich weiß, wie ich mich vorbereiten muss. Daran halte ich fest. Ich gehe den Wettkampf wie jeden andere an und versuche, das Maximum herauszuholen.“
Es war immer ein Traum von mir, an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen
In Glasgow hofft der CSL-Athlet am Samstag eine Saisonbestleistung aufstellen zu können. Er weiß allerdings auch, dass er bei der WM auf starke Konkurrenz treffen wird. „Das internationale Niveau ist sehr hoch und ich bin nicht in der Topform wie noch vor zwei Jahren. Deshalb bleibe ich locker und versuche einfach mein Bestes zu geben und ein schnelles Rennen zu laufen. Ich werde das Ganze mit viel Freude angehen.“ Grailet würde sich wünschen, eine Runde weiter ins Halbfinale zu kommen. „Ich glaube aber, dass das sehr kompliziert wird“, sagt er. „Mit beiden Füßen auf dem Boden, würde ich sagen, dass eine Zeit knapp unter 7.90 möglich ist. Wenn alles normal läuft, kann ich in Glasgow meine Saisonbestleistung verbessern.“
Nach den Hallen-Weltmeisterschaften wird Grailet dann die Wintersaison endgültig beenden und seine Pause genießen können. Doch der Blick ist jetzt schon in die Zukunft gerichtet. „Mein Hauptziel in diesem Jahr ist die Freiluft-EM im Sommer.“
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