Landwirtschaft / Hof Fromburg: Erfahrungen eines Quereinsteigers
Für Städter ist der Fromburger Hof eine Bilderbuchidylle, die so gar nicht zu den jüngsten Protesten der Bauern nebenan passt. Grün, grün, grün – so weit das Auge reicht. Dazwischen neu gepflanzte Obstbäume und entspannte Rinder. Was wie „Bullerbü“ wirkt, ist eine ausgeklügelte Geschäftsidee. In Osweiler stehen „individuell“ und „Diversität“ den seriellen Ansätzen der Lebensmittelindustrie gegenüber.
Jeff Weydert (40) hat ganz klare Vorstellungen davon, wie er leben und wirtschaften will. Er ist ausgebildeter Betriebswirt und hat vor dem Einstieg in den Hof Erfahrungen im Biohandel gesammelt. Auf das Spiel, die Biolandwirtschaft und die konventionelle gegeneinander auszuspielen, lässt er sich nicht ein. „Jeder soll die Landwirtschaft machen, die ihm gefällt“, sagt er. „Ich will eben keine 200 Milchkühe im Stall.“
Sein Herz schlägt für eine andere Landwirtschaft. Der Anblick seiner tiefenentspannten, wiederkäuenden Rinder wirkt wie eine Bestätigung des Gesagten. Als Landwirte sitzen er und seine Kollegen – egal ob konventionell oder nicht – im gleichen Boot. Sie produzieren Lebensmittel und sind ohne Subventionen und Prämien nicht lebensfähig. „Die Zahlen auf den Höfen sind immer katastrophal“, sagt Weydert. „Lebensmittel sieht man halt nicht und daran wird am ehesten gespart.“
Sie sind kein Statussymbol wie ein Haus oder Auto, sondern Waren, die kommen und gehen. Vor sieben Jahren steigt er in den 70 Hektar großen elterlichen Betrieb in Alleinlage ein. Und stellt als dritte Generation von Milchvieh auf Ammenkuhhaltung und solidarischen Obst- und Gemüsebau um – biozertifiziert und mit Direktvermarktung. Die hofeigene Kapelle hat er zum Selbstbedienungs-Shop umgebaut, zwei weitere Läden nach dem gleichen Prinzip betreibt er in Altrier und Echternach.
Die Abhängigkeit der Höfe belegen die Marktpreise
Die Abhängigkeit der Höfe belegt er mit einem eigenen Rechenbeispiel. Wenn er 30 Rinder oder Stiere pro Jahr verkauft, mit durchschnittlich 350 Kilo Schlachtgewicht, erzielt er bei einem Marktpreis von fünf Euro pro Kilo insgesamt 52.500 Euro Umsatz. Die Herstellung der Silage zum Füttern der Tiere oder die Düngung für die Felder, wo die Silage wächst, ist noch nicht eingerechnet. „Davon soll ich dann einen Lohn generieren oder in Maschinen investieren?“ Das geht nicht auf, sagt er.
Der Fromburger Hof ist auf Angusrinder spezialisiert, die nur das hofeigene Gras fressen und deren Gülle und Mist als Dünger dienen. Weydert ist in der glücklichen Lage, viel Land zu besitzen und wenig pachten zu müssen. Trotzdem gibt es dabei einen Haken. Viele seiner Hektare liegen in Hanglage, wo Handarbeit anfällt. Maschinell sind sie nicht zu bearbeiten. Handarbeit ist auch der Obst- und Gemüsebau, den er im solidarischen Modell (Solawi) betreibt.
Von A wie Auberginen bis Z wie Zucchini wächst so ziemlich alles in Tunnelgewächshäusern oder auf dem circa 5.000 Quadratmeter großen Feld. Drei Vollzeitkräfte beschäftigt er auf dem Hof, die mithelfen und flexibel einsetzbar sind. „Die größte Herausforderung ist es, geeignete Leute zu finden“, sagt er. Die Kunden sind entweder Mitglied beim Fromburger Hof und ernten selbst vor Ort oder bekommen eine Kiste. Die Saison geht von Mai bis Dezember.
Solidarische Landwirtschaft hat einen sozialen Aspekt
60 bis 70 Mitglieder hat die Solawi, die von den Erzeugnissen profitieren. Warum macht er solidarische Landwirtschaft? Es gibt mehrere Gründe. In seinen Augen ist der Teil seines Hofes die ideale Ergänzung für die anderen Geschäftszweige. Neben dem Fleisch vermietet er Ferienwohnungen. Das haben schon seine Eltern aufgebaut. Die Touristen profitieren von dem Garten, die Selbstbedienung ist im Mietpreis inbegriffen. Und sie kaufen im Shop, wo aus den eigenen Erzeugnissen hergestellte Gulaschsuppe oder Bolognesesauce steht.
Noch viel wichtiger aber ist die soziale Komponente. „Ich habe Kontakt zu den Mitgliedern und einen Austausch“, sagt er. Er kommt nicht weg vom Hof. Zu viel Arbeit. So kommen die Menschen zu ihm und bringen Input, Zuspruch oder Kritik, und genießen das Hofleben. Die solidarische Landwirtschaft ist nicht wirtschaftlich. „Die, die hierherkommen, fragen mich, wie viel Gemüse in dem Korb ist, den sie kriegen, und nicht, was brauchst du, damit ich mit meinen Kindern den Hof genießen kann?“, sagt er.
Der soziale Aspekt bedeutet, dass die Kleinen der Kundschaft auf dem Trampolin in der Scheune toben, die Meerschweinchen und Kaninchen streicheln können oder schauen, was die Hühner machen. Obwohl das Erlebnis Fromburger Hof gratis ist, steckt hinter der „Bullerbü“-Idylle Arbeit. Ein weiterer Grund ist, dass dieser Geschäftszweig kaum prämienfähig ist. Die Fläche für den Obst- und Gemüseanbau ist zu klein, um ins Gewicht zu fallen. Außerdem rechtfertigt das Standbein seine Vollzeitkräfte.
Entschiedener Befürworter der Direktvermarktung
„Alleine schaffe ich das nicht“, sagt er. Mangelnde Planungssicherheit ist ein Kapitel, das auch andere Landwirte immer wieder ansprechen, wenn es um ihren Beruf geht. „Das Agrargesetz wird jedes Mal zu spät umgesetzt und bremst die Bauern aus“, sagt Weydert. „Kein Betrieb ist so wirtschaftlich, dass Investitionen ohne Subventionen machbar sind.“ Er selbst wartet seit eineinhalb Jahren auf den Bescheid über einen Förderantrag. Die Maschinen, um die es geht, sind aber schon im Einsatz und vorfinanziert.
Das fällt umso mehr ins Gewicht, wenn Millioneninvestitionen anstehen wie ein neuer Stall. Dennoch gibt es positive Ausblicke. Die Subventionen für Biolandwirtschaft sind gestiegen. Die neue Agrarministerin ist selbst Agrarwissenschaftlerin und hat Bezug zu den Landwirten. Wenn Weydert sich vom nächsten „Bauerntisch“ zwischen Ministerin und Landwirten etwas erwartet, dann, dass das Thema Direktvermarktung diskutiert wird. „Es löst viele Probleme“, ist seine Ansicht. „Es macht die Landwirtschaft attraktiver.“ Der nächste Austausch ist für Anfang März geplant.
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