Editorial / Weniger ist mehr: Die European Championships als Alternative zu Olympia und Fußball-WM
2022 ist gerade mal fünf Tage alt, doch mehrere Mega-Events im Sport werfen bereits ihre Schatten voraus. Angefangen mit den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar, bis hin zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, die am 21. November beginnt und den neuen Titelträger eine Woche vor Weihnachten kürt. Ob die Vorfreude auf diese Großereignisse beim einzelnen Sportfan groß ist, dürfte jedoch mehr als fraglich sein. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie ließ das Interesse an den Olympischen Sommerspielen vor einem halben Jahr in Tokio bereits deutlich sinken. Und auch auf die zweiten Spiele innerhalb von gerade einmal 180 Tagen wird Covid-19 weiter großen Einfluss haben. Hinzu kommt die Kritik, die diese Winterspiele seit ihrer Vergabe durchgehend begleitet: Die umstrittene Menschenrechtslage in China, aufgrund derer sich bereits Nationen wie die USA für einen diplomatischen Boykott entschlossen haben, oder auch der ökologische Aspekt. Denn die Winterspiele 2022 finden gerade an einem Ort statt, an dem es kaum natürlichen Schnee gibt. Experten sprachen etwa im Deutschlandfunk von 185 Millionen Litern Wasser, die allein für den künstlichen Schnee der Wettbewerbe im Ski alpin benötigt werden. Ein künstlich angelegtes Wintersportgebiet in einem Naturschutzgebiet – Nachhaltigkeit dürfte etwas anders aussehen.
Auch die Fußball-WM in Katar ist seit ihrer Vergabe höchst umstritten. Im Februar 2021 ergaben Recherchen des Guardian, dass im ersten Jahrzehnt seit der Vergabe der WM an das Wüstenemirat nicht weniger als 6.500 Gastarbeiter aus fünf asiatischen Ländern beim Bau der Stadien ums Leben gekommen sind. Zahlen, die noch deutlich höher sein dürften, immerhin sind nicht alle Nationen in diesen Statistiken vertreten. Gigantismus und Kommerz: Wörter, die man von diesen beiden Sport-Events nur noch schwer trennen kann und die Freude auf diese Wettkämpfe mehr als trüben.
Dass man Verbände wie die FIFA oder das IOC aber schon längst nicht mehr überall mit offenen Armen begrüßt, zeigt allein die Tatsache, dass sich in den vergangenen Jahren immer wieder per Volksentscheid gegen die Austragung eines Ereignisses wie die Olympischen Spiele entschieden wurde. Hamburg, Calgary und Sion sind nur einige Beispiele. So hätten die kommenden Winterspiele auch durchaus in München stattfinden können. Doch bereits 2013 entschieden sich die Einwohner sämtlicher Landkreise in Bayern, die involviert gewesen wären, mehrheitlich gegen eine Olympia-Bewerbung. München 2022 war somit bereits vom Tisch, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte. Dennoch wird die bayrische Landeshauptstadt in diesem Jahr nicht auf ein Multisport-Event verzichten müssen.
Denn München ist im August Austragungsort der zweiten Auflage der European Championships, einer echten Alternative für jeden Sportfan. Gleich neun Verbände werden hier ihre Europameisterschaften zum gleichen Zeitpunkt organisieren. Eine sogenannte Multi-EM mit 176 Medaillenentscheidungen binnen gerade einmal elf Tagen. Anders als bei den Europa-Spielen hat das IOC seine Hände hier nicht im Spiel. Die Premiere vor vier Jahren in Glasgow und Berlin wurde beim Publikum vor Ort und den Fernsehzuschauern jedenfalls mit Begeisterung aufgenommen. Im Mittelpunkt sollen nämlich der Sport und die Sportler stehen.
Des Themas Nachhaltigkeit hat man sich in München ebenfalls angenommen, so werden die Wettbewerbe vor allem in den bereits bestehenden Sportanlagen im Olympiapark ausgetragen. Weniger ist doch manchmal einfach mehr.
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Und trotzdem sitzen wir wieder mit Bier und Snacks vor dem Bildschirm, während Sklaven verkommen und die Milliardäre noch mehr Multi- werden und die Politiker, die wir gewählt haben, mitfeiern.