Kommentar / Der kleine neidische Bruder biedert sich an – Chinas Staatschef Xi Jinping zu Besuch in Moskau
Russland will den Schulterschluss mit China zelebrieren. Der Besuch von Präsident Xi in Moskau gilt allerdings vor allem wirtschaftlichen Interessen.
Noch kurz bevor der Kreml seine Invasion in der Ukraine begann, schworen sich Moskau und Peking eine „Freundschaft ohne Grenzen“. Der Krieg tobte bereits einige Monate, da wurde die Distanz zwischen dem flächengrößten Land der Erde mit dem bevölkerungsreichsten noch kleiner: Über dem Amur, oder dem Heilongjiang (dem Drachenstrom), wie die Chinesen den Grenzfluss nennen, wurde nach Jahrzehnten der Planung und Arbeit eine Brücke eröffnet. Nun wollen die ungleichen Partner die „strategische Interaktion“ noch erweitern. Es ist ein Zeichen, dass Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, kaum mit 100 Prozent vom Nationalen Volkskongress im Amt als Präsident bestätigt, seine erste Auslandsreise nach Moskau unternimmt. Russlands Präsident Wladimir Putin empfängt ihn fast schon demütig. Neidisch seien die Russen auf die Chinesen, sagt er im Kreml und legt damit wohl unfreiwillig die russische Position dar.
Beide Länder brauchen einander, sie seien wie Brüder, betonen sie stets. Im Chinesischen aber ist der Begriff Bruder ein hierarchischer. Es gibt den „gege“, den großen Bruder, und den „didi“, den kleinen Bruder. Moskau wollte lange der „gege“ sein und hat sich längst zum „didi“ degradiert.
China weiß um Russlands Abhängigkeit vom wirtschaftlich starken Nachbarn. Zwar treffen sich Moskau und Peking in ihrer historischen Kränkung durch den Westen und pflegen den Schulterschluss gegen die USA. Russlands schwache Position aber nutzt Peking genüsslich für sich aus. Es bezieht günstig Öl und Gas, das Russland wegen der Sanktionen nicht mehr in Europa loswird. Es liefert Autos, Chips und kommerzielle Drohnen nach Russland, die auch beim Militär eingesetzt werden können. Es gefällt sich in der Rolle als wichtiger Player in der Sicherheitsarchitektur der Welt, auch wenn sein halbherziger Friedensplan für die „akute Krise“ in der Ukraine, wie Putin den Krieg beim Händeschütteln mit Xi bezeichnete, wenig glaubwürdig sein mag. Der Kreml sieht das Treffen in Moskau als Zeichen der Stärke gegen den Westen und verkennt dabei, wie sehr er sich Peking anbiedert.
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