HC Berchem / Ben Weyer: „Es ist jetzt in den Köpfen aller Spieler, dass in dieser Saison etwas möglich ist“
Der Jubel war groß am Sonntagabend im Roeserbann. Durch den 34:31-Sieg gegen die favorisierten Red Boys wird der HC Berchem an der Spitze der Handball-Meisterschaft überwintern. Kapitän Ben Weyer blickt auf den Erfolg zurück, spricht über neue Konstanz und verrät, wie sein Team mit der Rolle des Gejagten umgeht.
Tageblatt: Ben Weyer, Berchem hat am Sonntag den Titelfavoriten Red Boys bezwungen. Wie bewerten Sie den Sieg mit einem Tag Abstand?
Ben Weyer: Das war ein sehr wichtiger Sieg für uns, da wir das erste Ligaspiel gegen sie verloren hatten und auch im Pokal gegen die Red Boys ausgeschieden sind. So konnten wir uns selbst beweisen, dass wir auch gegen sie gewinnen können. Bis auf Käerjeng haben wir jetzt gegen jede Mannschaft in dieser Saison mindestens einmal gespielt und gewonnen. Das tut vor allem mental gut. Es ist jetzt in den Köpfen aller Spieler, dass in dieser Saison vielleicht etwas möglich ist, und dass wir daran glauben können.
In den vergangenen Jahren hat es Berchem zu Beginn der Saison oft an Konstanz gefehlt, um am Ende in den Titelkampf eingreifen zu können. Jetzt haben Sie sieben Siege in Folge gefeiert. Insgesamt gingen Sie in neun von zehn Spielen als Sieger vom Platz. Ist alles angerichtet für eine erfolgreiche Saison?
In den letzten Jahren haben wir den Titel oft schon zu Beginn der Saison verspielt, weil wir die nötigen Punkte liegen gelassen haben, um am Ende ganz oben zu stehen. Deshalb haben wir auch nicht viele Meistertitel gewonnen. Letztes Jahr hat uns zum Beispiel eine Niederlage zu Beginn der Saison gegen Düdelingen später frühzeitig aus dem Titelrennen geworfen. Ohne diese Niederlage hätten wir bis zum letzten Spieltag um die Meisterschaft mitspielen können. Diesmal sind wir gut aus den Startlöchern gekommen. Das schließt aber nicht aus, dass wir irgendwann in der Saison eine Schwächephase haben könnten. Die versuchen wir natürlich irgendwie zu vermeiden, um so lange wie möglich oben dranzubleiben. Unsere letzte Niederlage liegt schon etwas zurück, unser Ziel ist es, die nächste so lange wie möglich hinauszuzögern.
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir, seit ich in der Mannschaft bin, schon einmal als Tabellenführer mit einem Vorsprung in die Winterpause gegangen sind.
Berchem war in den vergangenen Jahren immer in der Rolle des Herausforderers oder Geheimfavoriten. Jetzt gehen Sie als Tabellenführer in die Winterpause und sind die Gejagten. Wie gehen Sie mit dieser Rolle um?
Wir sind noch immer nicht die Favoriten. Diese Rolle liegt auf anderen Schultern. Aber egal in welcher Rolle man ist, man will nie verlieren, sondern am Ende ganz oben stehen. Wir sind uns bewusst, dass wir mit unserem Budget nicht die gleichen Möglichkeiten haben wie andere Teams. Aber unsere Resultate sprechen für sich. Wir konzentrieren uns nur auf uns und lassen uns nicht von anderen einschüchtern. Bisher funktioniert das gut. Natürlich ist der Wille da, einen Titel zu gewinnen. Wenn wir die nächste Niederlage so lange wie möglich hinauszögern, können wir am Ende der Saison vielleicht ganz oben stehen. Das wäre ein Traum für den HC Berchem und für jeden einzelnen Spieler.
Spüren Sie durch die Tabellenführung mehr Druck?
Nein, überhaupt nicht. Wir gehen in jedes Spiel, als wäre es ein Finale. Diese Einstellung muss man in einer Meisterschaft haben. Jedes Spiel, jeder Punkt zählt. Wir versuchen, Spiel für Spiel zu nehmen. Am Ende der Saison können wir dann vielleicht über Druck reden. Hoffentlich haben wir dann Druck (lacht).
Über die letzten zwei Jahre wurde in Berchem eine junge Mannschaft aufgebaut. Ist diese Ihrer Meinung nach jetzt erfahren genug, um den Meisterschaftskampf anzunehmen?
Berchem ist da in einer besonderen Situation. Wenn wir bei uns von älteren Spielern sprechen, dann reden wir schon von mir – und ich bin erst 26 Jahre alt. In Berchem sind wir es gewohnt, eine junge Truppe zu haben. Jeder bekommt Verantwortung, wenn er dazu bereit ist – und das ist bei uns in jungen Jahren schon oft der Fall. Im Pokalspiel gegen Differdingen, das wir mit einem Tor verloren haben, standen zum Beispiel größtenteils Jungs von 22, 23 Jahren auf dem Platz. Sie haben Verantwortung übernommen und ihre Sache ohne mit der Wimper zu zucken gut gemacht. Ich bin der Meinung, dass sie genügend Erfahrung haben und ich zweifele nicht daran, dass sie bereit sind. Die Jungs, die auf dem Parkett stehen, übernehmen vorbildlich Verantwortung. Keiner hat Angst vor einem Zweikampf oder einem Gegner.
Am Mittwoch steht noch das Nachholspiel gegen Käerjeng an. Einen Gegner, gegen den Sie in dieser Saison noch nicht gespielt haben, der Ihnen in der Vergangenheit aber immer gut gelegen hat …
Man muss immer schauen, welche Mannschaft jetzt gegenüber steht und welche in den vergangenen Jahren. Käerjeng hat seinen Spielstil geändert. Es ist ein ganz robustes Team mit viel Erfahrung. Wir dürfen nicht anfangen, Blödsinn zu machen und den Handball neu zu erfinden – sonst werden wir knallhart bestraft. Das hat auch Düdelingen am Wochenende schmerzlich lernen müssen. Käerjeng darf man nicht unterschätzen. Aber in dieser Saison ist ohnehin alles offen. Wenn man sich die bisherigen Ergebnisse anschaut, kann jeder gegen jeden gewinnen. Alles deutet auf eine spannende Saison hin.
Bereits vor dem Spiel gegen Käerjeng steht fest, dass Sie als Tabellenführer in die Weihnachtspause gehen werden. Lassen sich die Feiertage so noch besser genießen?
Das ist eine tolle Situation für den HC Berchem. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir, seit ich in der Mannschaft bin, schon einmal als Tabellenführer mit einem Vorsprung in die Winterpause gegangen sind. Ja, so lassen sich die Feiertage noch besser genießen.
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