Kunstturnen / Die Arbeit trägt Früchte: FLGym-Junioren erfüllen sich beim Christmas Gym Cup einen großen Traum
Es war ruhig geworden um das Junioren-Team der FLGym. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten die jungen Turner zwei Jahre keinen Wettkampf mehr vor heimischem Publikum bestreiten. Dass die Nachwuchstalente seither jedoch einen weiteren bemerkenswertern Entwicklungssprung vollzogen haben, zeigten sie am Sonntag beim Christmas Gym Cup in Bettemburg. Und der Weg soll noch lange nicht zu Ende sein.
Er brauchte das Podest erst gar nicht mehr zu verlassen: FLGym-Junior Quentin Brandenburger war am Sonntag der Abräumer des Tages beim Christmas Gym Cup in Bettemburg. Gleich siebenmal (!) stand der 17-Jährige auf dem obersten Treppchen des Podestes. Neben dem Sieg im Mehrkampf in der Kategorie der „Jeunes Espoirs“ holte Brandenburger an fünf der sechs Geräte die beste Wertung des Tages und war somit der Hauptgarant dafür, dass das vierköpfige Team der FLGym sich ebenfalls den Pokal in der Mannschaftswertung sicherte, dies gegen eine zum Teil deutlich ältere Konkurrenz. Es war der Höhepunkt eines emotionalen Vormittags für die jungen luxemburgischen Turner. Denn der Wettkampf endete zunächst einmal mit einer großen Enttäuschung – so dachten es jedenfalls die FLGym-Athleten.
Der Christmas Gym Cup, der einzig verbleibende internationale Kunstturn-Wettbewerb in Luxemburg, war für die vier Nachwuchstalente die letzte Chance, doch noch die Norm für die EM im kommenden August in München zu knacken. Brandenburger, der zuletzt vor einem Jahr im türkischen Mersin auf kontinentaler Ebene antrat und dort den Einzug ins Finale schaffte, wo er schlussendlich den 15. Rang belegte, betraf dies nicht mehr. Spätestens seine starken Leistungen in den vergangenen Wochen bei zwei internationalen Wettkämpfen in Belgien und Tschechien hätten ihm das EM-Ticket beschert. Doch hegten die jungen FLGym-Turner einen großen Traum: Gemeinsam, als komplette Mannschaft zu den „European Championships“ reisen, das war das große Ziel des Tages.
Der Druck lastete dabei besonders auf den Schultern von Joy Palermo, für den es in Bettemburg um alles oder nichts ging. Am Ende sah es dann auch zuerst so aus, als hätte der junge Turner des Nordstad Turnveräin die EM um Haaresbreite verpasst. Tränen der Enttäuschung konnte er nicht mehr verbergen. Doch ein Detail hatte das Quartett dabei nicht auf dem Schirm, denn bei diesem einzigen luxemburgischen Wettbewerb, der in der Liste der Qualifikationswettkämpfe stand, sollte nur die Bewertung eines nationalen Kampfrichters in die Wertung mit einfließen, um eine bestmögliche Transparenz zu gewähren. Die Noten eines Richters mussten gestrichen werden, wessen, wurde bereits im Vorfeld des Wettkampfes festgelegt. Und genau dieser hatte die strengste Bewertung abgegeben und durch die folgende Anpassung war die EM-Norm dann plötzlich doch geschafft.
Freudentränen
Zuvor freute sich Palermo noch für seinen ältesten Teamkollegen, als dieser seine Flut an Medaillen in Empfang nahm. Danach packten die Verantwortlichen des Verbandes dann die gute Nachricht aus und bei Palermo flossen schlussendlich die Freudentränen. Er wird nicht als Einziger des Quartetts zurückbleiben und die EM vor dem Fernseher verfolgen müssen. „Ich bin immer noch sprachlos, finde wirklich keine Worte“, versuchte der noch immer sichtlich bewegte Turner diese Achterbahn der Gefühle zu beschreiben. „Ich hatte mich wirklich schlecht gefühlt, als ich dachte, ich hätte mich nicht qualifiziert. Ich muss mich wirklich bei meinen Teamkollegen bedanken, ohne sie hätte ich das nicht geschafft“, sagte Joy Palermo, der betonte, dass das Nationalteam für ihn wie eine zweite Familie sei.
Es ist die Belohnung für die harte Arbeit der vergangenen Jahre, die langsam anfängt, ihre Früchte zu tragen. Inzwischen stehen nicht weniger als 30 Trainingsstunden pro Woche auf dem Programm. Als Nationaltrainer Jacques Renson, ebenfalls Technischer Direktor des Verbandes, im November 2015 zur FLGym stieß, stand er noch vor einem großen Scherbenhaufen. Sascha Palgen war in den letzten Zügen seiner aktiven Karriere, eine Wachablösung nicht in Sicht. Die Nachwuchsarbeit musste neu gestartet werden, Arbeit, die vor allem Geduld erforderte, denn so eine Lücke schließt sich nicht von heute auf morgen. Dass er jedoch eine motivierte Truppe junger Turner gefunden hatte, dessen war sich der Belgier bewusst und so hieß das große Ziel bereits vor drei Jahren, die Junioren-EM 2022 als Mannschaft zu bestreiten.
Nun ist man bei der FLGym genau hier angekommen. „Ich habe immer gesagt, dass wir einmal mit den großen Ländern konkurrieren können“, erklärte Renson. „Heute haben die Jungs dies bewiesen. Ich bin froh, dass sie voll bei diesem Mannschaftsprojekt, das ich vor einigen Jahren lanciert habe, mitziehen.“ Am Sonntag freute er sich besonders darüber, dass seine Schützlinge ihre Trainingsleistungen auch bei einem Wettbewerb umsetzen konnten: „Das Wichtigste ist, dass ich sehe, dass es inzwischen eine gewisse Stabiliät zwischen Training und Wettkampf gibt.“ Renson sieht sein Team auf einem richtig guten Weg und hat sich auch für München große Ziele gesetzt: „Zur EM werden wir sicher mit einigen Ambitionen reisen“, betonte der Nationaltrainer, der hofft, dass das COSL dem Quartett die Chance ermöglicht, einen Monat zuvor auch beim „European Youth Summer Olympic Festival“ im slowakischen Banská Bystrica antreten zu dürfen. „Dieser Wettkampf wäre genau auf uns zugeschnitten.“
Um eine Medaille kämpfen
Auch Quentin Brandenburger teilt die Ambitionen seines Trainers: „Es ist mein letztes Jahr bei den Junioren, deshalb fahre ich auch zur EM, um eine Medaille zu gewinnen“, erklärte der entschlossene Athlet, der schon Finalerfahrung besitzt. Der 17-Jährige ist der Älteste des Junioren-Quartetts und zeigte sich in Bettemburg sozusagen als Kapitän der Mannschaft. Lautstark feuerte er seine Teamkollegen an, klatschte sie ab, freute sich mit ihnen und fand auch tröstende Worte. Fast wichtiger als seine Medaillen war für Brandenburger, der in den letzten Jahren oft alleine im Junioren-Circuit unterwegs war, ebenfalls die Tatsache, dass sich das ganze Team das EM-Ticket gesichert hat. Persönlich freute er sich selbst über seine Übung am Barren: „Beim Podiumstraining am Tag zuvor lief hier alles schief. Hier zeigte ich zudem einen neuen Aufgang, das erste Element des Wettkampfs, darauf lag der ganze Stress, doch dies lief dann perfekt.“ Die Erleichterung war ihm nach einer fehlerfreien Übung sichtlich anzusehen und fortan lief es dann auch wie geschmiert.
Ein perfektes Heimspiel war es auch für Mathis Kayser, der es beim Wettkampf seines Heimatvereins Réveil Bettemburg etwas überraschend auf Podium schaffte. Im Mehrkampf holte er die Bronzemedaille. „Diese hohe Punktzahl und die vier geschafften Gerätenormen hätte ich mir niemals erwartet.“ Kayser war einer der Athleten, die noch zu jung für die EM im letzten Jahr waren, und daher von Dezember 2019 bis zu diesem Herbst keinen Wettkampf bestritten: „Das Schwierigste war erst einmal, dieses Wettkampf-Feeling zurückzufinden.“ Etwas, das der stets gut gelaunte Ronan Foley in Mersin sammeln konnte, für den Turner der Aurore Oetringen war es 2020 das erste große kontinentale Turnier und auch er freut sich nun umso mehr, diese Erfahrung mit seinen Teamkollegen teilen zu dürfen: „Es ist unbeschreiblich cool, ich bin so stolz auf das gesamte Team“, kann der junge Turner die EM in München kaum noch erwarten.
Ich muss mich wirklich bei meinen Teamkollegen bedanken, ohne sie hätte ich das nicht geschafftüber seine EM-Qualifikation
Bis zum Sommer heißt es jetzt erst einmal fleißig weitertrainieren, schwierigere Elemente in die Übungen einzubauen. Die Motivation im Lager der FLGym-Junioren ist seit Sonntag jedenfalls größer denn je.
Resultate
Damen, Mehrkampf:
Open (31 Teilnehmerinnen): 1. Floor Slooff (BATO Haarlem/NL) 48,800, 2. Céleste Mordenti (FLGym) 48,500 … 19. Nuria Silva 38,800 … 23. Nora Kappler 37,300 (beide Réveil Bettemburg) … 28. Flore Schreiner (Nordstad Turnveräin) 33,650 … Lena Thuy (Réveil Bettemburg) 28,750
Jeunes Espoirs (32): 1. Tara Hanaseth (BATO Haarlem) 43,200 … 12. Maeva Ventura (FLGym) 40,600 … 18. Frida Bistrup 37,000 … 23. Kiara Brenner 32,200 (beide Réveil Bettemburg)
Gerätewertung: Sprung: 1. Zenna van der Lubbe (Topsport Noord Heerenveen) 13,450, 2. Mordenti 13,200; Stufenbarren: Slooff 11,150 … 3. Mordenti 10,750; Schwebebalken: 1. Mordenti 13,050; Boden: 1. Slooff 12,250 … 8. Mordenti 11,500
Women Gym Cup (11): 1. Gymnos Charleroi 177,650 … 9. Réveil Bettemburg 145,300
Herren, Mehrkampf:
Open (6): 1. Artur Sahakyan (KTV Ruhr West/D) 70,016, 2. Elwin Lok 67,299, 3. Wessel Loman 66,299 (beide Turnacademie Regio Zwolle/NL)
Jeunes Espoirs (18): 1. Quentin Brandenburger (FLGym) 76,434, 2. Berkay Sen (KTV Ruhr West) 73,383, 3. Mathis Kayser (FLGym) 71,132 … 6. Ronan Foley 67,600 … 12. Joy Palermo (beide FLGym) 56,317, 13. Ben Mangen (Aurore Oetringen) 56,033
Gerätewertung: Boden: 1. Brandenburger 13,100, 2. Palermo 12,633; Pauschenpferd: 1. Lok 12,100 … 3. Brandenburger 11,400; Ringe: 1. Brandenburger 12,967 … 4. Kayser 11,733; Sprung: 1. Brandenburger 13,400, 2. Kayser 12,900; Barren: 1. Brandenburger 13,067, 2. Kayser 12,333; Reck: 1. Brandenburger 12,500 … 7. Kayser 11,633
Men Gym Cup (6): 1. Flgym 217,750
*alle Resultate finden Sie unter: www.lereveil.lu
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