Handball / „Das Bashing gegen uns tut sehr weh“: Die Zukunftssorgen der Red Boys
Die Red Boys haben eine komplizierte Saison hinter sich. Neben dem Platz ist viel passiert, oder besser ausgedrückt, viel gesagt worden, was die Vereinsverantwortlichen ärgert und für große Ungewissheit sorgt.
Seit dem vergangenen Samstag sind alle Titel im nationalen Handball vergeben. Eine Woche nachdem der HB Esch am 27. April den Sieg im Pokal feiern konnte, brachte der HC Berchem den Meistertitel in der AXA League vorzeitig unter Dach und Fach. Damit wurde gleichzeitig auch gewiss, dass die eigentlich zu Beginn der Saison als Favorit gehandelten Red Boys (bis auf den Supercup) endgültig leer ausgehen werden. „Unsere Saison ist dennoch ganz ordentlich verlaufen“, sagt Red-Boys-Vizepräsident Patrick Reder angesichts der Situation. „Ein Pokalfinale kann man verlieren. Dieses Jahr hatte Esch das Glück, das wir letztes Jahr hatten. In der Meisterschaft hatten wir uns natürlich erhofft, länger um den ersten Platz mitspielen zu können. Wir haben mit unserer Mannschaft dafür aber nicht die nötige Konstanz auf den Platz bekommen. Sie war stark genug, hat das aber nicht gut verwaltet, mit dem ganzen Zirkus drumherum.“ Reder spricht von Hasskommentaren, die seinem Verein im Laufe der ganzen Saison entgegenschlugen und nicht spurlos an der Mannschaft vorbeigegangen sind.
„Das soll keine Ausrede sein, hat aber sicherlich Auswirkungen auf unsere Saison gehabt“, so Reder. „Verschiedene Medien haben bei unseren Spielern von Ausländern berichtet. Auch in den sozialen Medien haben Leute gegen unsere ‚Ausländer’ Vollgas gegeben. Heute sind wir alle Europäer, da gibt es diese Terminologie meiner Ansicht nach überhaupt nicht mehr. Das ging aber so weit, dass unsere französischen Spieler uns gesagt haben: ‚On a l’impression que les étrangers ne sont pas aimés au Luxembourg.’ Baptiste (Audiffred) wird uns unter anderem aus diesem Grund sogar in Richtung Asien verlassen.“
Was den Differdinger Vizepräsidenten besonders ärgert, ist, dass nicht respektiert wird, warum der Kader so aufgestellt ist, wie er es ist. „Das ist nicht so, weil wir das unbedingt wollen“, erklärt Reder. „Wir haben keine andere Wahl, wenn wir weiter oben mitspielen wollen.“ In der Jugend klafft in Differdingen eine Lücke, es fehlt an eigenem Nachwuchs, der in die erste Mannschaft integriert werden kann. „Und wenn welche da sind, kommen Verletzungen oder Studien dazwischen. Haris (Hodzic) geht zum Beispiel nächstes Jahr ins Ausland studieren, damit verlieren wir einen weiteren jungen Spieler des Vereins.“
Verjüngung angestrebt
Die Red Boys haben ihren Jugendbereich in den letzten beiden Jahren bereits „semi-professionalisiert“, damit wieder mehr Kinder in Differdingen den Weg zum Handball finden. „Wir haben in dieser Zeit rund 90 neue Jugendlizenzen bekommen, die sind aber alle im Bereich U8 bis U13. Zudem haben wir bei den U15 eine Entente mit Petingen, um den Handball im Kordall am Leben zu halten. Das Gleiche wollen wir bei den U17 umsetzen. Bis wir davon Spieler in die erste Mannschaft integrieren können, braucht es aber Zeit. Im Moment sind wir nicht so weit“, erklärt Reder. Es sei der Grund dafür, dass zurzeit für die erste Mannschaft Spieler aus dem Ausland verpflichtet werden.
Der Differdinger Vizepräsident betont, dass andere Vereine wie Diekirch und Käerjeng mit ähnlichen Problemen kämpfen wie die Red Boys – und ihr Kader genauso aufgestellt ist. „Das ganze Bashing geht aber hauptsächlich gegen uns. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Wir sind es satt. Das tut uns sehr weh. Die Leute des Vereins machen das alle ehrenamtlich. Wir setzen uns dafür ein, dass der Handball auf einem guten Niveau in Differdingen weiterläuft. Mit welchem Recht werden wir da so behandelt? Ist es das Ziel dieser Leute, den Verein zu zerstören? Ich verstehe den Zweck dahinter nicht. Ich kann nur sagen: Es geht an die Substanz.“
Wir setzen uns dafür ein, dass der Handball auf einem guten Niveau in Differdingen weiterläuft. Mit welchem Recht werden wir da so behandelt?
Auch aus diesem Grund herrscht in Differdingen derzeit große Ungewissheit, was die Planung der kommenden Saison betrifft. „Wir wissen aktuell nicht, ob wir uns die ganze Arbeit noch antun sollen“, sagt Reder. Wie der Differdinger Kader nächstes Jahr aussehen wird, ist auch deswegen noch unklar. Fest steht, dass Audiffred geht. Auch die Verträge mit Filip Bonic und Domagoj Potnar werden nicht verlängert. Igor Anic hat außerdem angekündigt, aufzuhören. Brice Aillaud, Roman Becvar und Matej Mudrinjak haben dagegen noch weiterlaufende Verträge. Auch Elledy Semedo wird bleiben, allerdings nicht mehr als Profispieler.
Der Wunsch nach einem Umbruch und einer Verjüngung ist im Verein da. Eine Option besteht darin, junge einheimische Spieler zu verpflichten, bis die eigene Jugend so weit ist, um sie zu fördern. Das führt Reder aber zurück zum „Bashing“. „Durch dieses ganze Bashing ist es schwierig für uns, junge Spieler nach Differdingen zu lotsen“, sagt er. „Wir sind mit einigen in Kontakt. Sie geben uns das zu verstehen. Und ich kann es ihnen nicht verdenken. Das ist von dem Bashing vielleicht ein Ziel. Das schadet uns jedenfalls enorm.“ Er betont, dass die angestrebte Verjüngung keine finanziellen Gründe hat, sondern rein auf diese Angelegenheit zurückzuführen ist. „Die Ambitionen werden danach nicht mehr die gleichen sein. Wir wollen immer noch in der Titelgruppe spielen, so ehrgeizig sind wir. Aber nicht mehr unter den Bedingungen wie dieses Jahr.“
Darum geht es noch an den zwei letzten Spieltagen
In der Titelgruppe sind vor dem neunten Spieltag die wichtigsten Entscheidungen gefallen. Berchem ist Meister, die Red Boys Vizemeister. Die Reihenfolge der Plätze drei und vier kann noch zwischen Düdelingen und Esch variieren – fest steht aber schon, dass beide Vereine für das europäische Geschäft qualifiziert sind. Denn Käerjeng wird nicht mehr über den fünften Platz hinauskommen, genau wie Diekirch sicher Sechster ist. Spannender geht es noch in der Promotion zu, in der sich noch drei Mannschaften Chancen auf die zwei Plätze im Oberhaus ausrechnen können. Zwei Spieltage vor Schluss liegt Schifflingen an der Tabellenspitze, hat aber nur einen knappen Vorsprung von zwei Punkten auf Rümelingen bzw. drei auf Standard. Da Schifflingen an den beiden letzten Spieltagen noch gegen seine beiden Verfolger antreten muss, könnte der Aufstieg noch in Gefahr geraten. Umso wichtiger wäre es, das Duell mit Rümelingen am Wochenende zu gewinnen, um so den Aufstieg vorzeitig perfekt zu machen. Doch auch für den Gegner wäre der Klassenerhalt mit einem Sieg vorzeitig geschafft. Besiegelt ist dagegen der Abstieg von Mersch. Nach vier Jahren Erstklassigkeit muss der Klub wieder den Gang in die Promotion antreten. In der AXA League der Frauen stehen derweil noch drei Spieltage aus. Eine Entscheidung um den Meistertitel könnte erst am 25. Mai am letzten Spieltag im direkten Duell zwischen Käerjeng und Düdelingen fallen. Dafür dürfen die Käerjengerinnen allerdings bis dahin keine Punkte mehr liegen lassen. Sie treffen am Samstag auf die Red Boys und peilen eine Revanche für die Pokal-Halbfinalniederlage an. Diekirch ist dagegen gegen Esch favorisiert, genau wie Düdelingen gegen Museldall. (jw)
Käerjeng verabschiedet sechs Spieler
Vor dem letzten Heimspiel der Saison hat der HB Käerjeng den Abschied von sechs Spielern bekannt gegeben. Neben Vladimir Temelkov, der seine Karriere bereits im Januar für beendet erklärt hatte, werden auch Tomas Van-Zeller, Milasin Trivic, Alen Blazevic, Miha Pucnik und Yacine Rahim in der kommenden Saison nicht mehr Teil des Kaders sein.
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