Tennis / „Habe am Anfang zu viel Respekt gezeigt“: Marie Weckerle über ihre Fortschritte auf der Profitour
Die luxemburgische Tennisspielerin Marie Weckerle hat in der ersten Hälfte des Jahres 2024 einen beeindruckenden Sprung in der Weltrangliste gemacht. Von Rang 1.041 ist sie in die Top 600 geklettert. Die schnellen Fortschritte kamen auch für sie selbst etwas überraschend, jetzt will die 21-Jährige noch weiter nach vorne.
Tageblatt: Zu Beginn des Jahres standen Sie in der Weltrangliste auf dem 1.041. Platz. Durch unter anderem zwei Finaleinzüge und zwei weitere Halbfinals bei ITF-Turnieren haben Sie seitdem einen großen Schritt nach vorne gemacht. Wie bewerten Sie die erste Hälfte Ihres Jahres 2024?
Marie Weckerle: Mein Saisonstart war extrem gut. Ich habe alle ein bisschen überrascht. Im März hatte ich die Ziele, die wir uns für das Jahr gesetzt hatten, im Ranking eigentlich schon getoppt. Ich habe dann bewiesen, dass es nicht nur eine Glückssache von zwei guten Turnieren war, sondern habe mich weiter über die Monate konstant nach oben gespielt. Wenn mir jemand Anfang des Jahres gesagt hätte, dass ich jetzt bei Turnieren der 50er-Kategorie Matches im Hauptfeld gewinne, hätte ich das sofort unterschrieben. So versuche ich jetzt weiterzumachen. Wenn es gut läuft, hat man natürlich von Turnier zu Turnier auch höhere Erwartungen. Aber ich versuche, auf dem Boden zu bleiben, Match für Match zu nehmen und mich weiterzuentwickeln. Ich bin noch nicht am Ende, ich will noch mehr.
Ist die Entwicklung schneller vorangeschritten, als Sie es selbst erwartet hatten?
Es ging wirklich alles sehr schnell. Es ist erst mein zweites Jahr auf der Profi-Tour. Im ersten Jahr hat es von der Konstanz her noch nicht gereicht. Auch im Kopf glaubte ich noch nicht so richtig daran. Ich habe dann quasi ein paar Etappen übersprungen. Das ist auch für mich erstaunend.
Wie schwer war es, sich am Anfang an das Niveau auf der Profitour zu gewöhnen?
Ich finde das Niveau extrem hoch, jeder spielt um seine Existenz. Am Anfang habe ich zu viel Respekt vor den anderen gezeigt. Aber mittlerweile merke ich auf dem Platz, dass ich selbst das Niveau habe und mich auch noch weiter nach vorne spielen kann. Es fallen mir selbst auf dem Platz immer wieder Dinge auf, die ich verbessern kann. Deshalb glaube ich auch, dass es noch viel Luft nach oben gibt und meine Entwicklung noch nicht zu Ende ist.
Sie standen im Februar und März bei zwei ITF-Turnieren im Finale. Was hat gefehlt, um diese zu gewinnen?
Für mich waren es die ersten Finalteilnahmen im Einzel überhaupt und ich habe gegen besser platzierte Spielerinnen gespielt. Ich glaube, ich habe mich davon zu sehr beeindrucken lassen, anstatt einfach auf den Platz zu gehen und um jeden Punkt zu kämpfen. Ich habe das Gefühl, dass ich das mittlerweile schon besser im Griff habe. Es ist wichtig, die Nerven über das ganze Match zu behalten. Daneben muss aber auch vor allem mein Aufschlag noch besser werden.
Arbeiten Sie konkret an dem mentalen Bereich?
Ich arbeite beim LIHPS mit einem Mentaltrainer zusammen, um in meinen Matches einfach im Moment zu bleiben. Ich bin jetzt 21 Jahre alt, andere Spielerinnen in meinem Alter oder noch jüngere haben da schon viel mehr Erfahrung. Ich bin aufgrund meiner Vergangenheit mit Verletzungen sozusagen immer noch ein „Baby“ auf der Tour. Da muss man sich erst reinfinden. Mandy (Minella) hilft mir mit ihrer Erfahrung in diesem Bereich auch sehr.
Drei Doppeltitel haben Sie schon bei ITF-Turnieren gewonnen, lautet das nächste Ziel nun auch einen Einzelsieg zu holen?
Natürlich will man immer den Titel gewinnen. Im Moment versuche ich, eine gute Mischung an Turnieren auszuwählen. Ich spiele die etwas niedrigeren 15er-Turniere, in die ich ganz klar mit dem Ziel gehe, den Titel zu gewinnen. Aber ich spiele auch höher eingestufte Turniere der 50er-Kategorie. Ich bin der Meinung, dass man, um sich weiterzuentwickeln, auch gegen Spielerinnen spielen muss, die das Ranking haben, wo man selbst hin will. Wer weiß – vielleicht klappt es ja auch bei einem solchen Turnier mit dem Sieg. Aber ich will mir nicht zu viel Druck machen. Ich möchte einfach weiter Erfahrung sammeln und mich Stück für Stück nach oben spielen.
In zwei Wochen spielen Sie mit Luxemburg beim Billie Jean King Cup in Moldawien. Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Wir werden einige Tage vorher anreisen, um vor Ort als Team zusammenzuwachsen und zu trainieren – vor allem im Doppel. Das ist extrem wichtig. Beim Billie Jean King Cup werden viele Duelle im Doppel entschieden. Da müssen wir uns aufeinander einstellen.
Die FLT-Gegner sind zwar noch nicht bekannt, gibt es dennoch bereits ausgesprochene Zielsetzungen?
Die Ambitionen sind immer groß, wir würden natürlich gerne aufsteigen. Aber ich glaube, das wird schwierig. Wir haben ein ziemlich junges Team, in dem nicht alle auf der Tour spielen. Ich denke, sie müssen sich da erst hineinfinden. Ich versuche, sie dabei so gut wie möglich zu unterstützen. Anne (Kremer) und Claudine (Schaul) helfen ihnen natürlich auch sehr. Und dann muss man auch sehen, gegen wen wir spielen. Es sind starke Nationen dabei, die sehr gute Spielerinnen auf Position eins haben. Ich persönlich will versuchen, gegen sie gute Matches zu spielen und das Beste herauszuholen.
Sie sind die einzige Spielerin im luxemburgischen Team mit einem WTA-Ranking und damit auch die Nummer eins. Wie gehen Sie damit um?
Ich muss zugeben, dass mich das ein bisschen nervös macht. Letztes Jahr war es zwar auch so, aber da war Eleonora (Molinaro) noch dabei. Diesmal bin ich alleine die Lokomotive des Teams, das ist neu für mich. Aber ich freue mich auch darauf. Vor ein paar Jahren war ich noch der „Rookie“, der von den anderen gelernt hat, jetzt versuche ich, mich nicht zu sehr unter Druck zu setzen und die anderen zu unterstützen.
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