Leichtathletik / „Ich war richtig k.o.“: Patrizia Van der Weken blickt auf das WM-Finale zurück
Patrizia Van der Weken hat mit ihrem siebten Platz im 60-Meter-Sprint auf der Weltbühne der Leichtathletik ein kleines Stück Geschichte geschrieben. Wie sie ihre Finalteilnahme bei der Hallen-WM erlebte, beschreibt sie im Gespräch mit dem Tageblatt.
Richtig Zeit, ihren Sprint in die Top sieben der Welt zu feiern, hatte Patrizia Van der Weken noch nicht. Nachdem sie am Samstag in Glasgow drei Rennen an einem Tag gelaufen war, war sie abends einfach nur noch froh, ins Bett zu fallen. „Ich war richtig k.o.“, blickt sie mit einem Tag Abstand auf ihren siebten Platz über 60 Meter im WM-Finale zurück. Bereits vor dem Finale hatte festgestanden, dass es ein historischer Abend werden würde. Denn noch nie vor Van der Weken hatte ein Sportler oder eine Sportlerin aus dem Großherzogtum bei einer Leichtathletik-WM so gut abgeschnitten. „Ich glaube, ich hatte noch gar keine Zeit, alles richtig zu realisieren“, sagt sie. „Es war ein immens stressiger Tag mit sehr vielen Emotionen. Ich wollte danach nur noch schlafen.“
Groß feiern will Van der Weken ihren Erfolg sowieso nicht. Die ehrgeizige 24-Jährige ist bereits mit ihren Gedanken in der Freiluftsaison. „Die Hallen-WM war für mich nur eine Etappe vor dem Sommer. Es ist nicht das große Hauptziel dieses Jahr, deswegen soll auch das Feiern in Maßen bleiben.“
Den Grundstein für ihren historischen Finaleinzug bei der Weltmeisterschaft hatte die Luxemburgerin am Samstagmorgen gelegt. Sie beendete ihren Vorlauf hinter der US-Amerikanerin Aleia Hobbs auf dem zweiten Platz und sicherte sich souverän ihr Halbfinalticket. In 7,12 Sekunden hatte die Luxemburgerin dabei nicht nur ihre persönlich drittbeste Zeit, sondern auch die fünftschnellste Vorlaufzeit überhaupt auf die Bahn gezaubert. „Ich habe mich gut gefühlt und mit dem zweiten Platz ist mir gleich ein Coup gelungen.“ In kurzer Zeit ging es danach darum, sich so schnell und so gut wie möglich vor dem Halbfinale, das wenige Stunden später stattfand, zu erholen. „Ich war beim Physio, habe kurz geschlafen und etwas gegessen, danach ging es schon zurück in die Halle.“
Fokus auf den Sommer
Van der Weken fühlte sich weiter gut und lief anschließend im ersten der drei Halbfinals in 7,13 Sekunden auf den dritten Platz – danach musste sie aber zunächst zittern. Denn nur die zwei Ersten qualifizierten sich direkt fürs Finale. Auf dem „Hot Seat“ musste die Luxemburgerin anschließend auf die Ergebnisse der beiden weiteren Halbfinals warten. Neben den jeweils zwei Ersten zogen nämlich am Ende auch noch die zwei schnellsten noch nicht qualifizierten Athletinnen ins Finale ein. „Das waren die längsten 25 Minuten meines Lebens“, blickt Van der Weken auf den Moment zurück. „Da ich gar keine Kontrolle über die Situation hatte, war es sehr stressig. Gott sei Dank ist es gut ausgegangen. Ich habe mich danach riesig gefreut, musste mich dann aber schnell wieder fokussieren.“
„Es war ein immens stressiger Tag mit sehr vielen Emotionen. Ich wollte danach nur noch schlafen.
Das Finale fand nämlich bereits eine knappe Stunde später am späten Samstagabend statt. „Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Ich wollte dieses Rennen so gut es geht laufen. Mein Ziel war es nicht, nur Zuschauerin zu sein, sondern eine aktive Rolle einzunehmen.“ Van der Weken sprintete schließlich in 7,15 Sekunden auf den siebten Platz, Weltmeisterin wurde Julien Alfred (Sankt Lucia) in 6,98 Sekunden. „Im Endeffekt bin ich ganz zufrieden, wie ich gelaufen bin. Ich hätte vielleicht noch ein bisschen schneller sein können, aber der Tank war in dem Moment fast leer. Es war ein langer Tag. Es war sowohl physisch als auch mental nicht einfach, das alles zu bewältigen.“ Zuvor war Van der Weken noch nie drei Rennen an einem Tag gelaufen. „Das war ein guter Test für die EM im Sommer“, richtet sie den Blick bereits nach vorne.
In der kommenden Woche wird Van der Weken ihr Training etwas herunterfahren, um sich von den Strapazen zu erholen. Ende des Monats geht es dann ins Trainingslager, um die Vorbereitungen auf den Sommer aufzunehmen, in dem sowohl die Olympischen Spiele in Paris als auch die EM in Rom anstehen.
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