Luxemburg-Stadt / Pascal Clement, der erste Pirat im hauptstädtischen Gemeinderat
Mit dem Mitgründer des Magica Club Luxemburg zieht zum ersten Mal ein Pirat in den hauptstädtischen Gemeinderat ein. Dem Gewählten Pascal Clement gelang das Kunststück, seine persönliche Stimmausbeute gegenüber 2017 quasi zu versechsfachen. Ein Porträt des Politikers aus Beggen.
Er bezeichnet sich selbst als „Stater Jong“. Irgendwo anders als in der Stadt Luxemburg zu leben, könne er sich nicht vorstellen, sagt Pascal Clement. Sein erstes Lebensjahr verbrachte der 1960 Geborene in der Oberstadt, in der Beck-Straße. Danach zog die Familie nach Limpertsberg, wo sie 23 Jahre lang lebten. Nach einem Zwischenstopp in Bonneweg, wählte er 1989 mit seiner ersten Frau Beggen als sein Viertel, wo er heute noch lebt.
Sein politisches Engagement begann Clement im September 2016, als er sich entschied, bei den folgenden Kommunalwahlen für die Piraten zu kandidieren. Damals habe er vor allem seiner Partei helfen wollen, eine vollständige Liste zu präsentieren. Politische Erfahrung hatte er bis dahin keine gesammelt, allerdings war er sozial sehr aktiv. Als Mitbegründer der Vereinigung „Open Home“, setzte er sich dafür ein, dass Privatleute Flüchtlingen eine Unterkunft anbieten – eine Idee, die er selbst nicht nur propagiert, sondern auch lebt. Er und seine Frau boten zuerst einem afghanischen, und nun seit sechs Jahren einem eritreischen Flüchtling eine Unterkunft zu Hause.
Eine seiner wenigen politischen Engagements bestand aus einer Petition, die er 2018 initiierte, die damals aber nur 700 Unterschriften erreichte: die Forderung nach einem gratis öffentlichen Transport.
Bis 2016 war Clement Angestellter bei einer Bank. Neben seiner Arbeit war er über 25 Jahre lang begeisterter Hobbyzauberer; seine letzte Vorstellung gab er während der Pandemie für seine Nachbarn in seinem Garten. Spezialisiert war er auf Straßenzauberei. Der Aspekt Kunst und Psychologie habe ihn dann immer mehr angezogen, und er spezialisierte sich auf mentale Zauberei. Zusammen mit dem professionellen Zauberkünstler David Goldrake gründete er 1998 den Magica Club Luxemburg, dem von 2002 bis 2008 vorstand.
Seine Tätigkeit als Zauberer habe auch die als Politiker beeinflusst, sagt er. „Vorher war es mir unmöglich, vor mehreren Leuten, geschweige denn ein paar hundert eine Rede zu halten. Durch die Tätigkeit als Zauberer habe ich mir eine gewisse Leichtigkeit im Umgang mit Menschen angeeignet. Kontakte knüpfen, auf die Menschen zugehen, fällt mir heute dank meines Hobbys wesentlich leichter.“
Für politische Zwecke habe er die Zauberei auch schon eingesetzt. „Bei unserem Parteikongress 2018 habe ich die Schere zwischen Arm und Reich mit einem Zauberkunststück verbildlicht. Aber ich werde definitiv nicht als Clown im Gemeinderat sitzen; doch wenn der Moment passt, wer weiß …. Aber es ist kein Selbstzweck.“
Erstes Ziel erreicht
Im Vergleich zu 2017 konnten die Piraten ihr Resultat in der Hauptstadt fast verdoppeln (von 2, 64 auf 4, 82 Prozent). Clement selbst konnte seine persönliche Stimmausbeute gar von 631 Stimmen auf 3.770 steigern. „Das erste unserer politischen Ziele, mit wenigstens einem Vertreter im Gemeinderat vertreten zu sein, haben wir erreicht. Damit öffnen sich uns auch die Türen zu den Kommissionen, die einem sonst verschlossen bleiben, was übrigens nichts mit der viel zitierten Bürgerbeteiligung zu tun hat.“
Als Einzelkämpfer im Gemeinderat weiß er, dass man Allianzen schmieden muss. „Aber ich komme nicht aus dem Nichts, viele der anderen Gemeinderäte kenne ich bereits. Ich kann gut mit jedem, außer mit der ADR, mit der kann ich nichts anfangen – es gibt da rote Linien, die ich nicht überschreiten will. Mit Leuten, die sich politisch so positionieren, dass ich es nicht nachvollziehen kann, will ich mich nicht länger als nötig aufhalten.“
Selbst beschreibt er sich wie folgt: „Mir sind Werte wie Höflichkeit und Respekt wichtig“, aber was die politischen Meinungsverschiedenheiten angeht, weiß er: „Keng Zopp gëtt esou waarm giess, wéi se gekacht gëtt.“
Warum? ist eine Frage, die Sie öfters von mir hören werden
Den Schwerpunkt seiner Arbeit will er auf das „Miteinander“ in der Gesellschaft legen. „Ich werde vorschlagen, dass für jedes Viertel ein Bürgerbeauftragter genannt wird, der sich um die alltäglichen Probleme der Bewohner kümmert. Die Asti hat ein solches Projekt für die Nordviertel der Hauptstadt, im Pfaffenthal gibt es das Atelier Zeralda. Man muss also nicht mehr beweisen, dass es funktioniert, sondern man müsste diese Arbeit professionalisieren.“
Das zweite Kernthema seiner politischen Arbeit werde der öffentliche Raum sein. „Er heißt ‚öffentlich’, weil er der Öffentlichkeit, also jedem gehört. Er wird allerdings viel zu viel von Autos besetzt. Es geht ganz und gar nicht darum, das Auto abzuschaffen, der Raum soll wieder besser genutzt werden.“
Was unterscheidet die Piraten nun grundsätzlich von anderen Parteien? „Wir stehen für mehr Transparenz und mehr Bürgerbeteiligung. Wir treten zwar auch für Datenschutz ein, was manchmal im Widerspruch zur geforderten Transparenz steht, doch wir meinen, es gibt sicher noch viel Luft nach oben.“ Er gibt ein Beispiel: „Es kann z.B. nicht sein, dass das Zentrum für urbane Gerechtigkeit die geforderte Analyse über die Gesetzeskonformität der Fußgängerüberwege nicht von der Gemeinde erhält, und deswegen vor Gericht ziehen muss. Wir sollten froh sein, dass in unserer komplexen Gesellschaft engagierte Bürger sich einiger Themen annehmen. Bei Meinungsverschiedenheiten sollte man sich zusammensetzen und darüber reden, anstatt es bis vor die Gerichte eskalieren zu lassen.“
Im Gemeinderat will er nicht jemand sein, der nur kritisiert. „Ich werde Projekte mittragen, die mir vernünftig erscheinen, doch einem Bettelverbot werde ich nie zustimmen. Armut lässt sich nicht verbieten.“ Vor allem aber werde er öfters Dinge hinterfragen. „Warum? ist eine Frage, die Sie öfters von mir hören werden.“
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