Drogenschmuggel / Drehscheibe Spanien: Immer mehr Haschisch aus Marokko
In der Meerenge von Gibraltar entfaltet sich ein ungleiches Katz-und-Maus-Spiel zwischen Drogenbaronen und der spanischen Polizei. Nahezu täglich kommen Haschisch-Schiffe aus Nordmarokko in Südspanien an.
„Wir sind machtlos“, bekannte dieser Tage ein Fahnder, der an der südspanischen Küste Jagd auf Drogenschmuggler macht. „Die Mafia ist viel besser ausgerüstet als wir.“ Vor Kurzem mussten die Beamten zwei Kollegen beerdigen, die bei der Verfolgung eines Schmugglerbootes umkamen. Die Polizisten waren im Atlantikhafen Barbate in einem kleinen Schlauchboot auf Patrouillenfahrt. Sie hatten in ihrem Mini-Gummiboot keine Chance gegen das sehr viel größere und stärkere Schmugglerschiff, von dem sie in der Hafenausfahrt gerammt und versenkt wurden.
Spaniens Sicherheitsbehörden sprechen inzwischen von einem Krieg der Drogenmafia. Immer größere Mengen an Haschisch werden von Marokko, dem wichtigsten Cannabis-Produzenten Europas, übers Mittelmeer nach Südspanien transportiert. Die Schmuggler reagieren, wenn sie entdeckt werden, zunehmend mit brutaler Gewalt. „Sie wollen ihre Ware nicht verlieren“, erläutert ein Sprecher der Polizeigewerkschaft AUGC. „Wenn sie für die Durchführung ihres Transports jemanden töten müssen, tun sie das.“
Es ist ein ungleiches Katz-und-Maus-Spiel, bei dem die Drogenbarone meistens gewinnen. Ihre Schiffe sind mit Motoren ausgestattet, die ihre Boote auf über 100 km/h beschleunigen. Auch mit mehreren Tonnen Cannabis-Harz an Bord sind sie schneller als die Polizei. Die Schmuggler operieren vor allem in der Nähe der Meerenge von Gibraltar, die Südeuropa von Marokko trennt. Dort ist das Mittelmeer an seiner schmalsten Stelle nur knapp 14 Kilometer breit. Ideale Bedingungen, um Spanien in Europas größten Hafen für Cannabis zu verwandeln.
Drogenautobahn Mittelmeer
Das Mittelmeer wurde in den letzten Jahren zu einer Art Drogenautobahn. Nahezu täglich kommen Haschisch-Schiffe aus Nordmarokko in Südspanien an. Meistens im Schutz der Nacht. Manchmal tauchen sie sogar am Tag auf und laden ihre heiße Ware an den spanischen Stränden der Costa de la Luz oder der Costa del Sol ab. An der Küste werden die Pakete von Helfern in Empfang genommen und in Geländewagen verladen. Dabei lassen sich die Kriminellen auch von den Touristen am Strand nicht stören.
Dass die Schmuggler wenig Angst haben, liegt noch an einem anderen Grund: „Sie haben auch Polizisten auf ihrer Gehaltsliste und kontrollieren jede Bewegung der Sicherheitskräfte“, berichtet der Journalist Nacho Carretero, der die Drogenmafia seit Jahren beobachtet und einer der besten Kenner der Szene ist. „Sie sind ihren Verfolgern immer einen Schritt voraus. Sie haben Informanten, mehr Geld und bessere Technologie.“ Und sie profilieren sich in manchen Orten der strukturschwachen Region als Wohltäter.
Einer dieser Drogenorte im Süden heißt La Línea de la Concepción. „Wir haben hier im Schnitt 30 Prozent Arbeitslosigkeit“, sagt Bürgermeister Juan Franco. In einigen Wohnvierteln seien sogar 60 und bei den jungen Leuten bis zu 80 Prozent ohne Job. Solange man für diese soziale und wirtschaftliche Krise keinen Ausweg finde, werden man auch das Drogengeschäft nicht unter Kontrolle bekommen.
Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska setzt derweil im Kampf gegen den Haschischschmuggel auf Härte. Er will die Drogenfahnder an Spaniens Südküste weiter aufrüsten. Mit mehr Personal und mit größeren und vor allem schnelleren Patrouillenbooten. Er sieht das Gefecht gegen die spanisch-marokkanische Haschischmafia als „Geschichte des polizeilichen Erfolgs“.
Seine Beamten haben rund um die Meerenge von Gibraltar in den vergangenen fünf Jahren nahezu 20.000 Drogenschmuggler erwischt, erklärt er. Und sie hätten dabei rund 1500 Tonnen Haschisch sichergestellt. Nach Einschätzung von Experten ist dies nur ein geringer Teil jener Cannabis-Menge, die in Spanien in dieser Zeit übers Meer kam und von dort zum Teil nach Nordeuropa weitergeschleust wurde. Das weiß natürlich auch Spaniens Innenminister, der beim Besuch seiner Anti-Drogen-Einheit in Südspanien bekannte: „Wir haben noch viel zu tun.“
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