Italien / Postfaschistische Regierungschefin Meloni will sich mehr in der EU einbringen
Giorgia Meloni kann mit dem Ergebnis ihrer Partei bei den Europawahlen zufrieden sein. Die postfaschistischen Fratelli d’Italia erlangten nahezu 29 Prozent der Wählerstimmen. Ihre Koalitionspartner Forza Italia und Lega konnten jeweils nicht einmal ein Drittel dieses Ergebnisses aufweisen – wer also in der Regierung und somit auch gegenüber den europäischen und transatlantischen Partnern die Ansagen macht, ist klar geregelt.
Giorgia Meloni hat sich noch vor dem endgültigen Resultat der Europawahlen als strahlende Siegerin in Italien präsentiert. Bereits die ersten Hochrechnungen sahen die postfaschistischen Fratelli d’Italia (FdI) mit etwa 28 Prozent Stimmanteilen an der Spitze, weit abgeschlagen waren ihre Koalitionspartner – die Forza Italia des früheren Premiers Silvio Berlusconi und die Lega Matteo Salvinis – am Horizont des Wahlhimmels auszumachen. Der einzige Wermutstropfen, den Meloni schlucken muss, ist das Wiedererstarken des Partito democratico (PD) – die Sozialdemokraten und Elly Schlein erzielten achtungsgebietende 24,1 Prozent der Stimmen und können künftig 21 Abgeordnete nach Straßburg schicken.
Drei Sitze mehr im Europäischen Parlament entfallen auf die FdI, die mit 28,8 Prozent ihr Ergebnis deutlich verbessern konnte. Giorgia Meloni sieht in dem Ergebnis eine Bestätigung ihrer Politik: Auf nationale Stärke pochen und dennoch Europa nicht den Rücken kehren. Wie die Regierungschefin schon in ersten Äußerungen nach Schließen der Wahllokale betonte, wolle Italien sein Gewicht nun noch stärker in die europäische Politik einbringen. Meloni fügt sich dabei nahtlos in den Rechtsruck ein, den Europa nach diesem Wahlwochenende zu verzeichnen hat. Und erweist sich innerhalb Italiens als die geschicktere Politikerin: Sowohl die Römerin als auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bewiesen mit ihrem Kuschelkurs wohl den richtigen politischen Instinkt. Wer noch vor etlichen Monaten glaubte, die Machtübernahme der Postfaschisten würde Italien in die Isolation drängen, muss sich nun eines anderen belehren lassen: Meloni kann weltfraulich und auch auf Augenhöhe mit der bürgerlichen Ursula von der CDU.
Ganz anders Matteo Salvini. Der Lega-Chef hatte nicht nur seit Jahren in der Migrationspolitik (ergebnislos) rüde Töne angeschlagen, sondern keilte auch gegen europäische Spitzenpolitiker. Der geschmacklose Höhepunkt war die Bezeichnung des französischen Präsidenten Macron als „Bombenleger“. Salvini erwies sich mit seinen Sprüchen nicht nur als nicht salonfähig, er kantete auch in den eigenen Reihen an. Lega-Urgestein Umberto Bossi sprach sogar von „Verrat an den eigenen Idealen“ und erklärte demonstrativ, Forza Italia zu wählen. Die kam immerhin auf 9,6 Prozent der Wählerstimmen und überflügelte die Lega (9 Prozent) damit. Selbst in den geglaubten Hochburgen konnte die Salvini-Partei nicht überzeugen: Im Norden Italiens räumten die FdI ab und die Inseln gewann die einstige Berlusconi-Partei. Der Süden des Landes ging an die Sozialdemokraten, die schon mal der rechtskonservativen Koalition in Rom den Kampf ansagten.
In Bedeutungslosigkeit verschwunden
Völlig verschwunden aus dem politischen Spektrum des Landes ist die christdemokratische Mitte. Gespalten in einzelne Parteien und Gruppierungen, erhielten sie so wenige Stimmen, dass es nicht einmal zu je einem Sitz in Europas Parlament reicht. Einstige Hoffnungsträger wie Matteo Renzi oder Carlo Calenda sind in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Auf dem Weg dahin befindet sich auch die Bewegung 5 Sterne unter Führung Giuseppe Contes. Zwar konnte M5S acht Sitze in Straßburg erringen, doch von den einstigen Wahlergebnissen, die deutlich über 30 Prozent lagen, ist die vom früheren Satiriker Beppe Grillo gegründete Bewegung weit entfernt.
Insgesamt blickt man am Tag nach der Wahl auf ein Ergebnis, wie es in den vergangenen Wochen bereits zu ahnen war – Meloni siegt souverän, wenn auch nicht erdrutschartig. Und auch in den in vielen Gemeinden abgehaltenen Kommunalwahlen hat sich nichts Dramatisches ergeben: In den traditionellen Hochburgen der Parteien konnten sich die Spitzenkandidaten durchsetzen. So steht zu erwarten, dass sich im und für das Land nach diesem Urnengang wenig ändern wird.
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