Handwerk / Uhrenmanufaktur „Duke“: Die tickende Luxusnische
Idealismus oder Leidenschaft? Für ein so waghalsiges Unternehmen, in Luxemburg Luxusuhren produzieren zu wollen, braucht es wahrscheinlich beides. Bei „Duke“ kommt noch ein weltweites Patent hinzu und eine ausgesuchte Klientel. Mitinhaber Alessio Muller (28) ist Uhrmachermeister und setzt trotz aller Bedenken diese Idee um. Der diesjährige Innovationspreis der „Chambre des métiers“ war nur noch das Tüpfelchen auf dem I für seine Erfolgsstory.
Schon als Kind begleitet Alessio Muller seinen Vater bei dessen Unternehmungen. Der ist auf der ganzen Welt unterwegs und organisiert Events für bekannte Marken, die ihre Produkte gerne mit Sterneküche, Haute Couture, Luxusschmuck oder Luxusuhren garnieren. Namen wie Hermes, Chanel, Balmain, Armani oder Patek Philippe kommen Senior Denis (58) so locker über die Lippen wie anderen H&M, Zara oder C&A.
Der uniforme Einheitsbrei des Kleiderangebots, der sich mit hunderten von Filialen spätestens seit der Jahrtausendwende in den Städten breit macht, gilt auch für Uhren. Woanders produziert, reimportiert und mit großen Gewinnmargen verkauft. „Kaum ein Uhrenhersteller produziert noch In-House und lässt von anderen herstellen“, sagt Alessio Muller.
Sätze wie diese rütteln am Image der Alpenrepublik Schweiz. Genau da setzt seine Firma an. Der Vater hat noch die doppelte Staatsangehörigkeit, bezeichnet sich selbst als „Franco-Luxemburger“. Der Sohn ist in Luxemburg geboren, zur Schule gegangen, hat eine Vita im Land. Das ist ihm wichtig. Für das Ziel, eine Ausbildung bei den Besten der Besten zu machen, verlässt er kurzzeitig das Land.
Weltweit bekannter Lehrmeister
Einer der größten zeitgenössischen Uhrmachermeister. Vianney Halter (61), Träger des „Grand Prix de l’horlogerie de Genève“, nimmt ihn als Lehrling. Der junge Luxemburger überzeugt ihn mit der verrückt klingenden Idee, eine Uhrenmarke in Luxemburg aufbauen und noch viel wichtiger, selbst dort produzieren zu wollen. Vier Jahre pendelt der Juniorchef zwischen Sainte-Croix im Waadtländer Jura und Luxemburg hin und her.
Zurück in der Heimat tüftelt er weitere vier Jahre an einer eigenen Uhr, der „Duke First Edition“. 2020, mitten in der Pandemie, reicht das Geld, um zusammen mit seinem Vater die Manufaktur zu gründen. Auf Investoren kann er verzichten. In dem Jahr entstehen die ersten acht Uhren in seinem Atelier. Mehr schafft er nicht pro Jahr, mehr ist aber auch nicht gewollt.
Die Firmengründer bewegen sich im Luxussegment. Zu Luxus gehört Exklusivität und das sind die Uhren aus Luxemburg. Die Uhren sind unverwechselbar, weil Muller junior vom Uhrwerk über Design bis zur Verpackung alles selbst entwickelt. Es gibt nur eine sehr limitierte Stückzahl weltweit, sie sind maßgeschneidert und sehr teuer. 100.000 Euro kostet eine „Duke First Edition“, 150.000 Euro die Edition „By Vianney Halter“.
Enthusiasmus für Handwerk
Der Enthusiasmus für das Handwerk ist deutlich zu spüren. „Nur Uhren zu verkaufen, hätte mich nie interessiert“, sagt Muller junior. 16 Exemplare von beiden Editionen zusammen gibt es momentan weltweit. Obwohl es in Luxemburg laut neuesten Zahlen rund 45.000 Millionäre gibt, gehen die Uhren in den Nahen Osten, nach Asien, in die USA und nach Südamerika. Die Milliardäre dort haben die Handynummer des Uhrmachermeisters, das Produkt wird – wo auch immer – persönlich überbracht.
Gerade mal fünf Komponenten für das Uhrwerk kommen von Zulieferern. Alles andere entsteht in rund 600 Stunden Handarbeit. Persönlicher geht es nicht. Genau das suchen Milliardäre und passionierte Uhrensammler. Die, die sie nicht im Safe aufbewahren, sondern die Uhr tragen, laden sie über die Bewegungen des Arms auf. Duke-Uhren brauchen nicht aufgezogen zu werden, um zu laufen.
Bei anderen Uhren würde man die permanent drehende Scheibe, die die Uhr auflädt, sehen. „Duke“ hat als Finesse des Designs eine gläserne Version des Antriebs entwickelt. Der „invisible Rotor“ ist das erste Patent in der Uhrmacherei in Luxemburg überhaupt. „Das gab es vorher noch nie“, sagt Muller junior. Es führt dazu, dass Vater und Sohn auf eine der drei weltgrößten Uhrenmessen, der „Dubai Watch Week“ im gleichnamigen Emirat, eingeladen werden.
Eine Technik, die fasziniert
Normalerweise beträgt die Wartezeit für neue Marken, um sich dort zu präsentieren, zehn Jahre. „Duke“ wollen die Veranstalter schon nach drei Jahren des Bestehens kennenlernen. Die mechanischen Uhrenmodelle wirken wuchtig, verzichten auf Diamanten, Brillanten oder anderen Schnickschnack. Es ist die sichtbare und nicht sichtbare Technik, die in der Uhr steckt, die Sammler weltweit fasziniert.
Das ist zum Beispiel das „Tourbillon“, ein hochkomplexer Mechanismus, der schwerkraftbedingte Zeitabweichungen ausgleicht. Bei einer „Duke“-Uhr wird er von zwei Saphirbrücken gehalten, die gläsern sind. „Das ist eine völlig neue Art, das Tourbillon in einer Uhr zu präsentieren“, sagt Muller junior. Das stellt er selbst her. Selbstverständlich. Das machen vielleicht noch 20 Marken weltweit wie Richard Mill, Audemars Piguet oder Jaeger-LeCoultre, die Creme de la Creme Schweizer Uhrmacherkunst.
In Luxemburg haben Vater und Sohn, die die Faszination für Handwerk auf hohem Niveau eint, eine klare Arbeitsteilung. Der Senior hat die Kontakte und bereitet den Auftritt von „Duke“ in der Welt vor. Muller junior präsentiert die Kreationen und ist als Produktentwickler der technikbegeisterte Tüftler, der Neues entwickeln will. Am Uhrwerk für die 17. Uhr arbeitet er seit zwei Jahren. „Uhrmacherei ist meine Leidenschaft“, sagt er. Wenn etwas den Namen „Made in Luxemburg“ verdient, dann „Duke“. Auch der Firmenname ist ein Link zum Großherzogtum.
Innovationspreis der „Chambre des métiers“
Die Uhrenmanufaktur „Duke“ hat 2024 am Rennen um den Innovationspreis der „Chambre des métiers“ teilgenommen und in der Kategorie „Design“ gewonnen. Es war eine von fünf Kategorien, in der Projekte ausgezeichnet wurden, rund 40 Projekte wurden insgesamt eingereicht.
- Näherinnen hauchen Werbeplanen von Amnesty International Luxembourg neues Leben ein - 10. November 2024.
- Verlust oder Chance? Wenn jeder Tag ein Sonntag ist, helfen Pensionscoaches - 2. November 2024.
- „Habe eine Welt kennengelernt, die ich so nicht kannte“ – Porträt einer Betroffenen - 29. Oktober 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos