Editorial / Wie mit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten umzugehen ist
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat sich für den elektoralen Showdown entschieden. Er will sich, wenn auch nicht direkt, mit Jordan Bardella, Marine Le Pen und Co. an der Wahlurne messen, wo die Rechte nicht nur in Europa in den letzten Jahren Erfolge erzielt hat. Sie ist längst auf dem Marsch durch die demokratischen Institutionen und dabei, diese auszuhöhlen. Die Rechte ist auf dem Weg, die kulturelle Hegemonie der Gesellschaft zu erobern, oder wie es der italienische Marxist Antonio Gramsci schrieb, „vor der Machtübernahme die Führung“ zu übernehmen.
Doch wie ist darüber hinaus mit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten umzugehen? Wie sollen es Parteien der Mitte und der Linken handhaben? Wie die Medien? Und wie der Staat? Sich empören, mit ihnen diskutieren oder ignorieren, eine Brandmauer errichten oder Brandreden halten, sie einbinden oder isolieren, oder gar verbieten – die Bandbreite der Ansätze ist groß.
Es hängt vom Grad der antidemokratischen Gesinnung ab, mit der man es zu tun hat. Mit Rassisten ist sicherlich schwer zu diskutieren, obwohl ihr Weltbild schnell zu widerlegen und gegen sie zu argumentieren ein leichtes Spiel ist. Vernunft und Wissenschaft sind wichtige Hilfsmittel, um die Klischees und Mythen zu zerpflücken, die nicht nur von offenkundigen Rassisten zum Ausdruck gebracht werden. Der britische Humangenetiker und Publizist Adam Rutherford leistete in dieser Hinsicht mit seinem Buch „How to Argue with a Racist“ einen wichtigen Beitrag. „Racism is real because we enact it“, schreibt er. „Neither race nor racism has foundations in science.“
Mit Neonazis zu reden ist eine unangenehme, fast schmerzhafte Erfahrung und mit ihnen zu diskutieren ein Ding der Unmöglichkeit. Gegen Faschisten helfen keine „Faschistizide“ wie etwa zum Schutz von Pflanzen „Herbizide“ oder „Pestizide“. Der Unkraut-Jargon wäre auch der falsche Weg, weil er die unsägliche, vulgäre Domäne dieser Menschen ist. Und Verharmlosung hilft auch nicht, weil Nazismus nicht Fußpilz ist und Teebaumöl nicht gegen Nazis hilft, obwohl komödiantische Highlights wie Lubitschs „To Be or Not to Be“ oder Tarantinos „Inglourious Basterds“ eine kathartische Wirkung haben.
Wenn von Rechtsextremisten gegen demokratische Kriterien und Prinzipien verstoßen wird, helfen die Instrumente des Rechtsstaates und als ultimatives Mittel der wehrhaften Demokratie das Parteiverbot, über das derzeit in Deutschland diskutiert wird. Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie hält ein Verbot der „in Teilen“, wie es so seltsam heißt, rechtsextremen AfD um Björn Höcke für „wenig hilfreich“, weil so die „Rechtsverschiebung der gesamten Gesellschaft“ nicht korrigiert werden könne.
Dem widerspricht der Pädagoge Manfred Pappenberger, der ein AfD-Verbot für unerlässlich hält: „Die Gefahr beginnt nicht erst, wenn die AfD absolute Mehrheiten erreicht.“ Wenn eine Partei beginnt, verfassungsfeindliche Ziele umzusetzen, könnte es zu spät sein. Giorgia Meloni treibt in Italien noch ein geschicktes Spiel im Bereich des demokratisch Zulässigen, wie es demnächst mögliche rechte Wahlsieger in Frankreich (Rassemblement National) oder Österreich (FPÖ) halten, lässt einiges befürchten.
Rechtspopulistische Parteien wie die ADR sind in der politischen Arena der Demokratie zu stellen, ob im Parlament oder Medientalk. Hier hilft weder Meiden noch Hofieren, sondern die klare argumentative Auseinandersetzung, allerdings nicht nur in ihren Lieblingsdossiers, sondern in allen Disziplinen. Demokratie ist ein Mehrkampf, manchmal zwar leidenschaftlich, aber immer auch sachlich. Letzteres ist die goldene Regel: sachlich zu bleiben, wenn auch die Faust in der Hosentasche geballt ist.
- Teufelspakt: EVP einig mit Rechtsextremen - 19. November 2024.
- Der schlafende Riese – Zwischen Aufbruch und neuen Abhängigkeiten - 18. November 2024.
- Unter Strom: Höchstspannungsleitung an deutsch-luxemburgischer Grenze nimmt Konturen an - 12. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos