Leserforum / Das Pferd vor den Escher Toren
Intrigen, Macht, Skandale. Schlagwörter, die man sonst eher aus Filmkritiken kennt, spiegeln nun die Escher Politik wider. In der Hauptrolle blüht der liberale Kulturschöffe Pim Knaff. Trotz Verurteilung wegen schweren Steuerbetrugs will Knaff weiterhin Steuergelder verwalten und ausgeben. Die Nebenrollen werden gespielt von Christian Weis und Meris Sehovic. In einer glänzenden Darbietung stellen sie sich hinter Knaff, denn ohne ihn können sie keine Spielplätze mehr bauen. Besonders stolz sind sie auf ihren eigenen Spielplatz im Rathaus. Innerhalb kürzester Zeit ist es ihnen gelungen, die demokratischen Werte wie Integrität, Anstand und Moral zu verbannen. Sogleich wurden neue Spielplatzregeln eingeführt: Einer für alle und alle für einen!
In ihrer Machtsucht werden die Protagonisten von wahnsinnigen Gedanken heimgesucht: Jemand will sie des Spielplatzes berauben. Ihre Koalition sei in Gefahr, das Schaukeln sei gleich zu Ende.
Währenddessen beobachten Außenstehende das absurde Treiben im Rathaus kopfschüttelnd und zunehmend verdrossen. Sie haben ein Rathaus gewählt und ein Laientheater bekommen. Werden sie in fünf Jahren überhaupt noch zur Wahlurne gehen? Dieser Vertrauensverlust in die Politik ist eine Gefahr für unsere Gesellschaft, die auf Vertrauen fußt. Denn im Gesellschaftsvertrag geht es darum, die eigenen Interessen für das Gemeinwohl zu opfern. Wenn nun aber von der Gesellschaft verurteilte Menschen ihr Wohl über alles andere stellen und unbeirrt weiterregieren, dann werden die demokratische und die gesellschaftliche Ordnung an sich infrage gestellt.
In ihrem Delirium beruft sich die Escher Koalition auf die Gewaltentrennung. Pim Knaff sei zwar verurteilt worden, aber er habe seine Strafe dafür bezahlt. Es sei nicht Aufgabe der Opposition, ihn weiter zu bestrafen und seinen Rücktritt zu fordern. Mehr noch, Daliah Scholl vergleicht die Forderung gar mit mittelalterlicher Lynchpolitik, während sie gleichzeitig einen Immunitätszauber über Knaff beschwört. Dieses weitere, durchaus gefährliche Spiel zielt darauf ab, politische Ämter zu isolieren und auf eine private Angelegenheit zu reduzieren. So einfach ist es allerdings nicht. Öffentliche Mandatsträger müssen nicht nur eidlich das Gesetz respektieren, sie müssen zudem laut Gesellschaftsvertrag eine Vorbildfunktion erfüllen. Wahlen sind schließlich keine demokratische Formalität. Die Bürger:innen geben ihre Stimme und damit ihre Handlungsmacht ab. Diese Machtübergabe basiert auf dem vorhin genannten Vertrauen, ein Vertrauen, das nicht allein durch die Gewaltentrennung aufrechterhalten wird, sondern das letzten Endes menschlich ist. Diese Menschlichkeit wird nun unter Paragrafen begraben.
Wenige Male im Jahr müssen Knaff, Weis und Sehovic ihren Spielplatz verlassen und im Gemeinderat erscheinen. Hier hat Bürgermeister Weis die Abstimmung über die Motion der Linken zum freiwilligen Rücktritt Knaffs verhindert – es quälten ihn ironischerweise juristische Bedenken. Als die Opposition den Saal daraufhin verließ, warf er ihr vor, ihre Pflichten als Mandatsträger:innen zu verletzen. Mit dieser völlig absurden Aussage bestätigte Weis, dass er seine eigene Pflicht, das Vertrauen in die Politik zu wahren, bis heute völlig verkennt.
In der Sage von Damokles befestigte der König ein Schwert an einem Pferdehaar, das jederzeit herabstürzen könnte. Damokles sollte damit lernen, dass Glück, Reichtum und Macht nicht von Dauer sind und er verließ den Thron. Die Mitglieder der Escher Koalition wollen dieses Schwert nicht sehen und sie setzen damit einen gefährlichen Präzedenzfall: Wenn sie jetzt nicht bereit sind, Integrität, Anstand und Moral über die Interessen Einzelner zu setzen, dann stehen die Tore für Betrug und Korruption sperrangelweit offen.
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