Editorial / Armutsrisiko und Politikverdrossenheit: Nährboden für den Rechtspopulismus
Wenn auch nicht im Fußball, so gibt es doch eine Disziplin, in der Luxemburg „Europameister“ ist: Laut einem Artikel, den die „Chambre des salariés“ im Juni veröffentlichte, liegt das Armutsrisiko der arbeitenden Bevölkerung hierzulande mittlerweile bei 14,7 Prozent. Beim Zweitplatzierten der Liste – Bulgarien – sind es „nur“ zehn Prozent. Wir reden hier von Menschen, die trotz einer Arbeit eventuell nicht genug verdienen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Parallel zu diesem wachsenden sozialen Missstand beobachten wir, genau wie in anderen Ländern, das Emporkommen von populistischen Politikern, die sich einen feuchten Dreck um Tatsachen und Anstand kümmern.
Der Escher Schöffe Pim Knaff ist hierfür nur ein Beispiel. Was jedoch noch trauriger stimmt als Knaffs Benehmen, ist die Reaktion der anderen Parteien. Vor allem die Grünen scheinen ihre Seele nun verkauft zu haben. In den 1980er-Jahren waren sie angetreten, um neben der Umweltpolitik auch demokratische Werte wieder in den Vordergrund zu rücken. Gerechtigkeit und Solidarität stehen noch immer an erster Stelle der Grundprinzipien in ihren Statuten. Fragt sich nur, Solidarität mit wem? Mit verurteilten Straftätern, im Interesse ihrer Partei? Politikverdrossenheit wurde von „déi gréng“ oft angeprangert, doch sie schüren sie selbst. „Und dann wundern Sie sich, wenn die Menschen uns wählen“, wurde ein ADR-Mitglied in Sachen Knaff zitiert.
Soziale Probleme gepaart mit einem tiefen Misstrauen gegenüber den traditionellen Parteien hat in Frankreich den Nationalisten zu einem rasanten Aufstieg verholfen. Angesichts des Wahlresultats vom Wochenende kann man natürlich sagen, „Uff“, Jordan Bardella wird nicht Premierminister, aber aufgeschoben ist noch nicht aufgehoben. Die Neue Volksfront hat es zwar geschafft, den Rassemblement national geeint in die Schranken zu weisen, doch wie lange währt diese Einheit? Die NFP ist ein Zweckbündnis, das mit dem Hauptziel antrat, die Nationalisten auf ihrem Marsch an die Macht zu stoppen. Jetzt muss das Bündnis liefern, was aber umso schwieriger wird, da die NFP mit den Macronisten zusammenarbeiten muss.
Der Stimmenzuwachs der Rechtsextremen von 3,6 Prozent im Jahr 2012 auf 33 Prozent kann sich nicht allein dadurch erklären lassen, dass ein Drittel der Franzosen nun ausländerfeindlich sind. Vor allem während der Präsidentschaft Macrons erhielten die Rechten massiven Zulauf. Seine neoliberale und antisoziale Politik haben wohl das Ihrige dazu beigetragen.
Chefredakteur Armand Back schrieb gestern an dieser Stelle: „(…) sinngemäß beschwören beide (Frieden und Bettel) ein Szenario herauf, das es so noch nicht gegeben hat: Dass der RN stärker würde, falls Linke Frankreich mit ihren Ideen regierten.“ Es wird aber wohl nicht die Herrschaft linker Ideen sein, die den RN beflügeln könnte, sondern eher die Möglichkeit, dass die linken Parteien außer ihrer Einheit gegen rechts nichts bieten.
Unsere Demokraten täten gut daran, das französische Beispiel nicht als ein ausländisches Phänomen abzutun, sondern als abschreckendes Beispiel zu sehen.
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