Editorial / Die Totengräber: Clements und Goergens Egotrip ins Verderben
Sven Clement und Marc Goergen heißen die beiden Piraten, die die Partei auf nationaler Ebene jahrelang angeführt und letzten Endes auch den dritten Sitz im Parlament beschert haben. Nun stellen sich die beiden als Totengräber ihrer Partei heraus – auch weil parteiintern keine resilienten Strukturen aufgebaut wurden, die die eigene Macht beschnitten hätten.
Da wäre auf der einen Seite Sven Clement, der sich jahrelang als Saubermann der Politik im Allgemeinen dargestellt hat. Die Forderungen nach Transparenz, Lobbyregister, evidenzbasierter Covid-Politik: Clement war das politische Mastermind hinter dem Chambereinzug, hat den gestandenen Parteien regelmäßig vorgeführt, wie Oppositionspolitik geht, und ist bis heute der politische Puls der Piraten. Daran änderte auch der Führungswechsel an der Spitze der Partei, als Marc Goergen die Aufgabe des Koordinators übernahm, nichts.
Der Marc Goergen, der zumindest auf nationalpolitischer Ebene mehr den Eindruck eines Lehrlings als eines Gleichgestellten von Sven Clement vermittelte. An die Eloquenz, Schlagfertigkeit und das Charisma eines Sven Clement reicht der Politiker aus dem Luxemburger Süden bis heute nicht heran. Wohl nicht zuletzt deswegen fährt Goergen eine deutlich populistischere Schiene und ist nicht nur bei seiner vorherigen Partei, der DP, bereits mit einem eher rabiateren Auftreten aufgefallen. Noch heute bescheinigen ehemalige Piraten-Mitglieder dem Petinger Politiker, dass dieser die Partei – aus ihrer Sicht – zum Schlechteren verändert habe. Zahlreiche Parteiaustritte dokumentieren zumindest, dass sich mit der Wahl von Marc Goergen 2019 ein Wechsel des Führungsstils bemerkbar machte.
Mit dem abrupten Führungsstil-Wechsel veränderte sich aber auch die Stimmung in der Partei. Gekoppelt an Parteistrukturen, die weder Kontrolle noch klare Entscheidungsprozesse festlegen, war der nun entbrannte Streit eigentlich nur eine Frage der Zeit. Zu sehr waren die Piraten, und allen voran Marc Goergen und Sven Clement, darauf bedacht, ihre Macht parteiintern und in der Chamber abzusichern.
Damit haben sie die Partei in eine Abwärtsspirale gestürzt, aus der sie nur schwer wieder herauskommen wird. Fakt ist: Zwar hat es mit Ben Polidori bei den vergangenen Chamberwahlen ein weiterer Pirat in die Chamber geschafft. Auch bei den Gemeindewahlen konnten so einige kommunale Mandate errungen werden. Dennoch ist der personelle Unterbau der Partei eher schwach – und hat mit dem Abgang von Ben Polidori noch einmal einen herben Rückschlag erlitten.
Ob sich die Piraten davon noch einmal erholen können, scheint fraglich. Marc Goergen meinte noch vor der Pressekonferenz von Sven Clement, dass die „Partei vor dem Aus steht“. Die öffentliche Stellungnahme seines parteiinternen Rivalen hat die Wogen nicht geglättet, im Gegenteil: Wie die beiden Abgeordneten in Zukunft in der Chamber zusammenarbeiten wollen, ist derzeit nicht auszudenken. Unabhängig davon, ob sich ein Modus vivendi findet: Nicht nur Piraten-Wähler haben mit den derzeitigen Eskapaden verloren. Auch die Luxemburger Politik würde mit dem Kentern der Piraten (pardon, eine Metapher soll erlaubt sein) einen dynamisierenden Akteur der vergangenen Jahre verlieren.
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