Editorial / Olympische Spiele: Das Rampenlicht für den Sport
Notfallpläne, erhöhte Polizeipräsenz und höchste Alarmbereitschaft wegen Sicherheitsbedenken vor der Eröffnungszeremonie, unzufriedene Einheimische, ein drohender Verkehrskollaps, eine 1,4 Milliarden Euro teure Seine-Säuberung als medienwirksame politische Werbetrommel für Bürgermeisterin Anne Hidalgo, oder der Verdacht auf Vetternwirtschaft beim Organisationskomitee: Die XXXIII. Olympischen Spiele haben seit Monaten ihren Schatten vorausgeworfen. Selbst die 978 Studenten, die ihre Wohnung zeitweilig für die Belegschaft der Polizei und Armee aufgeben mussten, sind inzwischen in Übergangszimmern untergekommen.
Nach exakt 100 Jahren sind die Sommerspiele zurück in Paris. Die Organisatoren wollen im Gegensatz zum Prunk und Gigantismus vorheriger Ausgaben für ein klimafreundlicheres, volksnäheres und vor allem nachhaltigeres Olympia stehen. Bis auf den groben Schnitzer, den man sich bei den Planungen eines schließlich ungenutzten Schwimmbads erlaubte – da die Zuschauerränge komplett vergessen worden waren –, ist Paris 2024 bei der Errichtung der Infrastruktur einen neuen Weg gegangen: Ob Reitsport in Versailles oder Beachvolleyball vor dem Eiffelturm, die Sportstätten sind speziell für diesen kurzen Zweck aufgebaut worden und werden nach dem Ende der Paralympics wieder von den Stadtplänen verschwinden. Was die Einwohner der französischen Hauptstadt in den vergangenen Wochen teils den letzten Nerv kostete, ist im Endeffekt aber die bestmögliche Option gewesen: Statt unzähliger Neubauten wurde bestehende Infrastruktur wieder auf Hochglanz gebracht. Ganz im Sinne der Zeit. Und wer will, soll auch noch in Zukunft von der Seine-Säuberung profitieren können.
Bislang ist aber nicht abzusehen, ob die Sommerspiele tatsächlich so leicht zugänglich sind, wie sie vonseiten der Organisatoren um Chef Tony Estanguet beworben worden sind. Zwischen teils exorbitanten Ticketpreisen oder den doppelten Kosten für den Transport ist ein Zugang zu den Spielen nicht für jede Geldbörse möglich. Auch die Annahme, Paris 2024 einen grünen Stempel aufzudrücken, rückt bereits vor dem Start in weite Ferne. Aus Angst, der Schlaf der Athleten könne wegen der Hitze beeinträchtigt werden, haben zahlreiche Nationen – allen voran die USA – tragbare Klimaanlagen einfliegen lassen, auf die im olympischen Dorf doch bewusst verzichtet worden war.
Wie bei allen großen Events wird es auch in Paris Pannen, Probleme, Budgetsprengungen und verpasste Zielvorgaben geben. Bei aller außersportlichen Kritik geht es in den nächsten 14 Tagen aber vor allem darum, die Leistungen der Menschen zu würdigen, die ihr ganzes Leben nach einer Olympia-Teilnahme ausgerichtet haben. Angefangen bei den 13 Luxemburgern, die mit Patrizia van der Weken und Jeanne Lehair zwei ganz große Hoffnungen in den Reihen haben. Ihnen, dem kompletten Team Lëtzebuerg und den Topstars der Welt sollte zumindest in dieser Zeit das Rampenlicht gelten. Mögen das auch die Ratten nahe der Seine so sehen und für zwei Wochen in ihren Löchern bleiben …
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