Nachhaltigkeit / Grünstes Olympia? Was Paris plant und woran es hakt
Events mit Gästen aus aller Welt haben nicht die beste Klimabilanz. Paris hat sich für die beginnenden Olympischen Spiele ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Doch nicht alle ziehen mit.
Flüge quer durch die Welt, große Diesel-Generatoren an den Sportstätten und Klimaanlagen für einen kühlen Kopf vor dem Wettkampf: Ein Mammutereignis wie Olympia hat Schätzungen zufolge eine ähnliche Klimabilanz wie die Einwohner einer mittleren deutschen Großstadt in einem ganzen Jahr. Den Organisatoren in Paris ist das Problem bewusst. Sie wollen „die grünsten Spiele jemals“ ausrichten und Emissionen im Vergleich zu vorherigen Spielen – wie London 2012 oder Rio 2016 – halbieren. Aber kann das funktionieren? Schon vor dem Auftakt gab es Zweifel und Hindernisse.
In London und Rio wurden den Angaben zufolge etwa 3,5 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente ausgestoßen – also CO₂ und andere Klimagase, deren Wirkung in CO₂ umgerechnet wird. Paris soll nun mit der Hälfte auskommen, also maximal 1,75 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten. Paris setzt daher größtenteils auf Veranstaltungsorte, die schon bestehen oder temporär aufgebaut werden. Anderswo wurden große Sportstätten für Olympia oft neu gebaut, was die Klimabilanz deutlich verschlechterte. Manche Stätten in Paris sollen nach den Spielen zu einem nachhaltigen Wohn- und Büroviertel umgestaltet werden.
Alle Sportstätten sollen ans Energienetz angeschlossen sein, um nicht auf energiefressende Generatoren angewiesen zu sein. Sie sollen außerdem alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein können, viele auch mit dem Rad. Die offizielle – und verkleinerte – Fahrzeugflotte setzt auf Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge. Bei 70 Prozent der genutzten IT will man in Paris auf Leasing setzen. Auch das Catering soll ergrünen: Verglichen mit London sollen doppelt so viel pflanzliche Lebensmittel auf dem Speiseplan stehen, dafür mit deutlich weniger Verpackung.
Was Experten davon halten
Stefan Gössling von der schwedischen Linnaeus-Universität hat sich wissenschaftlich mit der – oft durchwachsenen – Klimabilanz von Sportveranstaltungen auseinandergesetzt. Er begrüßt die Pläne für Paris, sieht allerdings Lücken. „Das Wichtigste ist natürlich die Anreise“, sagt er. Athleten und Zuschauer kämen aus aller Welt und würden sehr viel Flugverkehr verursachen. Wie man diese Emissionen reduzieren wolle, bleibe ungeklärt. Auch die französische Klima-Denkfabrik „The Shifters“ hat Zweifel, dass die Ziele für Paris erreicht werden können – auch, weil die Reisen in die Wettkampfstätte die meisten Emissionen verursachen werden und dagegen keine Maßnahmen ergriffen würden. Die Organisation hat selbst durchgerechnet, wie viele Emissionen durch die Spiele wohl entstehen werden – und kommt auf rund 2,11 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente, was deutlich über dem offiziellen Ziel läge. Rund die Hälfte der Emissionen machen in dieser Berechnung die internationalen Reisen aus.
Woran es sonst noch hakt
Allen guten Vorsätzen der Gastgeber zum Trotz: Am Ende müssen auch die Teams aus aller Welt mitmachen. Den ursprünglichen Plan der Organisatoren, in den speziell entworfenen Athleten-Unterkünften ohne Klimaanlagen auszukommen, torpedierten die Teams. Gleich mehrere kündigten an, eigene Klimaanlagen mitbringen zu wollen. Das Organisationsteam zeigte sich zuletzt optimistisch, sein Emissionsziel einzuhalten. Auch wenn die Denkfabrik „The Shifters“ in ihrer Berechnung auf mehr als 0,3 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente mehr kommt, die durch die Spiele entstehen könnten, läge Paris damit deutlich unter der CO₂-Bilanz von Olympia in London und Rio. (dpa)
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