Bei Olympia / Wie die Wissenschaft ihren Teil zu den Leistungen der Luxemburger beiträgt
Kältebecken, Schlafkammer oder spezialisiertes Trainingsmaterial: Die Einrichtungen des „High Performance Training & Recovery Center (HPTRC)“ in den Katakomben der Coque dienen nur einem Zweck – die besten Athleten des Landes noch besser zu machen. Welchen Anteil am sportlichen Erfolg das hier tätige Team an Experten des Luxembourg Institute for High Performance in Sports (LIHPS) um Direktor Alwin de Prins hat, erklärte er gemeinsam mit dem Sportwissenschaftler und „Head of Performance“ Frédéric Margue.
Welcher Luxemburger Athlet hat durch die Möglichkeiten des Luxembourg Institute for High Performance in Sports (LIHPS) die größten Fortschritte gemacht?
Eine konkrete Antwort auf diese Frage gibt es nicht. „Wir sind ein wichtiger Baustein des Systems, ein Puzzlestück. Aber man kann unmöglich genau sagen, welcher Teil der Leistung eines Sportlers durch uns beeinflusst wurde“, gab LIHPS-Direktor Alwin de Prins zu verstehen. „Es fällt also schwer, jemanden hervorzuheben. Zudem würden wir uns nicht erlauben, uns einen Teil des Erfolgs anzueignen. Das Verdienst gebührt in erster Linie der Arbeit des Athleten und der Trainer.“ Bis auf Dressurreiter Nicolas Wagner haben alle Olympiateilnehmer des COSL an einem Punkt ihrer Vorbereitung auf die Serviceleistungen und das Wissen der Experten des LIHPS zurückgegriffen. Beim Pferdesport befinde man sich in einer derart spezialisierten Disziplin, dass höchstens bei Fragen wie Details zum Krafttraining Hilfestellung geleistet werden könnte, meinte Frédéric Margue.
Der Sportwissenschaftler ist seit 2016 in der Coque und seit 2019 beim LIHPS für die gezielte Leistungsoptimierung der Elite zuständig. „Head Of Performance“ ist er seit September 2023. „Patrizia Van der Weken gehört zu denjenigen, die sich am meisten weiterentwickelt haben“, fügte der Experte hinzu. Innerhalb von zwei Jahren schraubte sie ihren eigenen Landesrekord mehrfach herunter: Im Juni 2022 stellte sie damals eine Bestzeit von 11,29 Sekunden auf – in diesem Jahr lief sie im Halbfinale der Europameisterschaft in Rom erstmals eine Zeit von 11,00 Sekunden. Bei ihr hat das LIHPS unter anderem hochspezialisiertes Trainingsmaterial zur Verfügung gestellt: „Wir haben ein tragbares Widerstandstrainings- und Testgerät gekauft, mit dem sie viel gearbeitet hat“, berichtete De Prins. Mit diesem Gerät kann man im Alltag trainingsdiagnostisch arbeiten, indem zum Beispiel die Geschwindigkeit, die Kraft und die Leistung kontinuierlich gemessen werden.
Auf welche Studien basiert sich das LIHPS?
Sowohl der Konkurrenzgedanke als auch mangelnde Zahlen haben zur Folge, dass es derzeit nur wenige Studien im Bereich des Elitesports gibt. Margue erklärte: „Ein Spitzensportler kann sich nicht erlauben, an Studien teilzunehmen und damit möglicherweise die Fortschritte der eigenen Karriere aufs Spiel zu setzen. Es gibt also wenig wissenschaftliche Evidenzen aus dem Elitebereich.“ Stattdessen stehen die Luxemburger Experten in ständigem Austausch mit ausländischen Kollegen – freundschaftlich und kollegial. Die Niederlande, das französische Insep oder aber Dänemark und Norwegen seien in diesem Bereich höchst aktiv. Doch auch hier – wenn der Konkurrenzkampf übernimmt und es für die absolute Weltspitze nur noch um winzige Stellschrauben geht – schließen sich manchmal die Türen. „Jedes Land mit Ambitionen hat inzwischen High-Performance-Strukturen und es werden auch überall ähnliche Dienste angeboten. Wenn man nicht mitzieht, verliert man schnell den internationalen Anschluss. Dass sich mehr als ein Dutzend Luxemburger für Paris qualifiziert haben, bedeutet, dass wir nicht nur nicht hinter andere Nationen zurückgefallen sind, sondern unsere internationale Position in den letzten Jahren sogar verbessert haben“, fasste De Prins zusammen.
Wir brauchen die beste Expertise für die unterschiedlichsten Sportarten. Es ist auch logisch, dass ein Biomechaniker, der über großes Fachwissen im Kugelstoßen verfügt, nicht unbedingt die gleiche Expertise im Basketball hatLIHPS-Direktor
Was bietet das LIHPS den Sportlern an?
Alwin De Prins nannte das Komplettpaket ein „Netzwerk von etwa zehn Serviceleistungen rund um den Athleten.“ Kraft- und Konditionstraining, Biomechanik, Sportmedizin, Sportphysiotherapie, Sportpsychologie, Ernährungsexpertise, Verletzungsprävention, Beratung zur dualen Karriere oder Leistungsanalyse – das Arbeitsfeld ist riesig. Zu seinem Team gehören Sportwissenschaftler, Biomechaniker, Experten für Verletzungsprävention oder des „Return to sport“-Programms. „Wir brauchen die beste Expertise für die unterschiedlichsten Sportarten. Es ist auch logisch, dass ein Biomechaniker, der über großes Fachwissen im Kugelstoßen verfügt, nicht unbedingt die gleiche Expertise im Basketball hat.“ Wie sich ein Sportler mithilfe der gezielten Trainingssteuerung und der LIHPS-Methoden verbessert, ist aber, wie bereits erwähnt, nicht genau messbar. „Wir kommen auch erst zum Schluss der sportlichen Entwicklung zum Einsatz.“
Wer profitiert vom Wissen des LIHPS?
Obschon nur die allerbesten Luxemburger Sportler in den Genuss der LIHPS-Dienste kommen, profitieren auch noch andere von den Arbeitsmethoden: „Wir hoffen, dass die unterschiedlichen Trainer dadurch auch neue Impulse und Ideen für ihre Trainingsgestaltung bekommen und dann die ganze Trainingsgruppe etwas davon hat. Aber nicht alles ist sofort übertragbar“, sagte Margue. Andersrum befinden sich auch die Experten in einem ständigen Lernprozess. Für De Prins ist daher auch die Trainerausbildung des Inaps ein wichtiges Rädchen, das greifen muss: „Je besser die Trainer an der Basis ausgebildet sind, umso fruchtbarer ist der Austausch mit ihnen. Nicht jeder versteht komplexe Testergebnisse auf Anhieb, aber es ist wichtig, sie erklären und diskutieren zu können.“
Wer steuert die Trainingsgestaltung?
Sowohl Sportler als auch Trainer wenden sich mit ihren speziellen Bedürfnissen an die Mitarbeiter des LIHPS. Das beginnt mit einer Bestandsaufnahme: „Wir streben an, gemeinsam das Projekt umzusetzen, das der Sportler mit dem COSL definiert hat“, erklärte De Prins. „Einer erfahrenen Sportlerin wie Ni Xia Lian erklären wir sicherlich nicht, wie sie ihren Sport zu treiben hat. In ihrem Fall können wir beispielsweise beim Krafttraining Anpassungen vorschlagen. Es gibt immer Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Aber bei ihr würde man sicher nichts umkrempeln“, fügte Margue hinzu.
Was ist die Rolle des „Head of Performance“ bei den Olympischen Spielen?
Gemeinsam mit seinen Kollegen wird Frédéric Margue schon vor der Eröffnungsfeier eine Bestandsaufnahme der Bedingungen vor Ort durchführen. Seine Aufgaben liegen während der Spiele demnach auch im logistischen Bereich. „Es muss gewährleistet sein, dass die Athleten optimal trainieren können und danach alles für die Erholung bereitsteht. Das geht von Kaltwasserbecken bis hin zu Elektrostimulation.“
Wie bewertet ein Ex-Spitzensportler die heutigen Rahmenbedingungen?
Alwin de Prins qualifizierte sich 2000, 2004 und 2008 dreimal in Folge für die Olympischen Spiele. Dass es damals nicht die gleiche Betreuung gab, liegt auf der Hand: „Ich wäre sicherlich andere Zeiten geschwommen, hätte ich die heutigen Bedingungen gehabt“, sagte der Bruststrecken-Spezialist. „Die Betreuung war im Vergleich zu heute viel weniger strukturiert und professionell. Für Technikanalysen bin ich beispielsweise nach Estland geflogen …“ Heute reicht dafür ein Besuch der Katakomben der Coque.
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