Schwimmen / Ralph Daleiden nach Transportproblemen: „Es sind die Olympischen Spiele, da müsste das einfach besser klappen“
Für Ralph Daleiden waren die Olympischen Spiele nach 49 Einsatzsekunden beendet. Er wurde 30. unter 79 Konkurrenten über die 100 m Freistil. Der jüngste Athlet des Teams Lëtzebuerg wäre zwar gerne noch einen Ticken früher aus dem Becken gestiegen, ist nach einem nervenaufreibenden Saisonfinish letztlich aber im Reinen mit sich selbst.
Als vor vier Tagen erst südkoreanische Schwimmer das Olympische Dorf medienwirksam wegen Transportproblemen verlassen hatten, konnte man eigentlich schon eine leise Vorahnung davon bekommen, wie kompliziert sich das Pendeln zwischen Saint-Denis und der Défense Arena in Nanterre gestalten könnte. Auch Ralph Daleiden und Trainer Christophe Audot saßen – oder besser gesagt standen – bei einigen Fahrten zum Training oder zurück ins Zimmer bei hohen Temperaturen länger als erhofft im überfüllten und heißen Linienbus. „Uns wurde erklärt, dass die Busse im Viertelstundentakt abfahren würden. An einem Tag standen die Schwimmer alle um 9.00 Uhr bereit, um zum Training zu fahren, doch gleich vier Busse sind ausgefallen. Zudem gibt es in diesen Bussen kaum Sitzplätze. Ich stand dann oft 45 Minuten im Bus, was für die Vorbereitung nicht besonders gut war“, schilderte der 21-Jährige seine erste Olympia-Erfahrung.
Das Dorf aus diesen Gründen zu verlassen, sei zu keinem Zeitpunkt eine Überlegung wert gewesen, meinte Nationaltrainer Christophe Audot nach dem Rennen seines Schützlings. Der olympische Gedanke „unter gleichen Bedingungen für alle“ hätte eigentlich für identische Voraussetzungen sorgen müssen. Wobei die Öffnungszeiten des Trainingsbeckens ebenfalls für Unmut bei den Betroffenen gesorgt hatte, wie Daleiden erklärte. „Gestern (am Montag) wollten wir beispielsweise ein bisschen früher trainieren, damit ich zeitig schlafen gehen konnte. Da wurde uns dann gesagt, dass niemand vor Ort sei, um uns ins Schwimmbad reinzulassen. Wir mussten in der Hitze ausharren und noch mal 15 Minuten im Bus warten, bevor jemand aufgeschlossen hat. So was regt mich sehr schnell auf. Es sind die Olympischen Spiele, da müsste das einfach besser klappen. Verschiedenes war schlecht organisiert.“
Als eine Art Entschuldigung wollte der Freistil-Spezialist die Rahmenbedingungen aber nicht durchgehen lassen. Im sechsten der zehn Vorläufe schlug er nach 49,12 Sekunden an. Damit wurde er Zweiter seines Rennens und landete in der Endabrechnung auf Platz 30 unter 79 Konkurrenten. Nachdem er mit der 35. Meldezeit angereist war, bedeutete dies zumindest in der Rangliste eine kleine Steigerung. Doch sein großes Ziel, die B-Norm (48,34 Sek.) des Wettbewerbs zu schwimmen, verpasste er. Weshalb die persönliche Bilanz dann auch nuancierter ausfiel: „Ich habe mich vor dem Start wirklich gut gefühlt und war auch nicht so aufgeregt wie zuletzt bei der Weltmeisterschaft. Umso trauriger ist es, dass dann nur eine 49er-Zeit dabei rausspringt. Mit dem, was ich in den vergangenen Tagen gesehen habe, und aufgrund des Einschwimmens am Morgen dachte ich schon, dass es eine 48er werden würde.“
Enttäuscht und zufrieden zugleich
Der reflektierte Athlet hatte eine Vorahnung, woran man die Zeiten in Paris generell festmachen kann: „Die Zeiten sind alle insgesamt langsamer, wenn man sie mit anderen Olympischen Spielen vergleicht. Das könnte daran liegen, dass das Becken nicht so tief ist.“ In Paris sind es nur 2,15 Meter, was stärkere Wellen zur Folge hat. Auf einen Weltrekord wartete man nach den vier ersten Wettkampftagen immer noch. „Das gab es in den vergangenen Jahren nie“, schilderte Audot. Der Sportler fügt hinzu: „Als wir aus der Wende kamen, haben wir alle eine riesige Welle abbekommen. Es haben sich schon viele Athleten darüber aufgeregt. Besonders beim Sprint macht das schon einen Unterschied. Man wird dann gerade zu dem Zeitpunkt gebremst, an dem man eigentlich Schnelligkeit für das Finish aufnehmen will.“
Das ging mir schon auf die Nerven
Der nationale Rekordhalter, der im Dezember in Minnesota nach 48,63 Sekunden angeschlagen hatte, versteckte nicht, dass er gerne etwas schneller unterwegs gewesen wäre. „Trotzdem kann ich zufrieden sein. Es ist nicht so, als ob mein Rennen schlecht gewesen wäre. Mein Fokus lag auf der Leistung, nicht auf dem Drumherum. Ich kann nicht zu streng mit mir selbst sein. Ich war allein hier in Paris, hatte keinen Trainingspartner im Wasser. Ich dachte jeden Tag nur an das Schwimmen. Aber es liefen viele Dinge nicht optimal, wie eben beispielsweise beim Transport. Ich denke schon, dass das mir irgendwie auf die Nerven ging und dann auch alles zusammenkam beim Rennen. Letztlich ist eine 49,12 bei einer ersten Olympia-Teilnahme ja auch nicht schlecht. Ich bin gut geschwommen und gleichzeitig auch trotzdem ein bisschen enttäuscht.“
Inwiefern alle diese Faktoren die Leistung des Schwimmers beeinflusst haben, sei „unmöglich, zu quantifizieren. Es sind viele kleinere Dinge, die zusammenkamen. Der Transport spielte eine Rolle. Die Tage hier sind lang. Aber die Bedingungen sind für alle gleich. Das sollen alles keine Entschuldigungen sein“, sagte Audot. „Generell sind die geschwommenen Zeiten langsam.“ Deshalb hat der Coach einen großen Wunsch: „Ich hoffe, dass das Olympische Komitee etwas unternimmt, was die Qualifikationsstandards angeht – im Sinne des Sports. Zumindest für uns spielten die hohen Qualifikationsstandards für diese Olympischen Spiele eine Rolle. Niemand kommt unversehrt aus so einem Wettlauf gegen die Zeit heraus. Diejenigen, die schon qualifiziert waren, hatten sicherlich eine andere Vorbereitung.“ Er lobte Daleiden für seine Einstellung der letzten Monate. „Die heutige Leistung von Ralph ist in der Zielzone. Er hat sich exemplarisch verhalten. Ich hätte mir eine 48er-Zeit für ihn gewünscht, er hätte es sich verdient gehabt. Ich habe das Gefühl, dass er und noch ein paar andere Jungs diesen Schritt zum absoluten Spitzenniveau machen können. Dieser Auftritt wird ihn und alle, die ihren Platz hier verdient gehabt hätten, für Los Angeles vorbereiten.“
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