Die Splitter / Notizen aus Paris: Frankreichs Medaillenflut und der 100-Meter-Start einer Marathonläuferin
Frankreichs berauschende Medaillenflut
Léon Marchand hatte praktisch keine Chance. Eine halbe Länge, im Schwimmen eine Ewigkeit, lag Frankreichs Nationalheld vor der letzten Wende zurück, ehe er plötzlich zu „fliegen“ begann. 17.000 ekstatische Zuschauer brüllten sich die Seele aus dem Leib, die Arena schien zu explodieren, als der magische Marchand auf den letzten Metern an Tokio-Olympiasieger und Weltrekordler Kristof Milak unwiderstehlich vorbeirauschte und das nächste Gold für Frankreich aus dem Wasser fischte.
„Das war verrückt“, sagte Marchand hinterher völlig euphorisiert, die Halle sei „on fire“ gewesen. Doch nicht bloß das Becken in La Défense, ganz Paris ist zurzeit „on fire“. Und berauscht von ihren heißblütigen Fans eilen Frankreichs Sportler momentan von Erfolg zu Erfolg. Die Ergebnisse der letzten Olympia-Ausgaben dürften pulverisiert werden. Die 26 Medaillen, darunter acht goldene, an den ersten fünf Wettkampftagen? Herausragend! Zum Vergleich: Bei den letzten Ausgaben der Sommerspiele in Rio und Tokio holte die Grande Nation jeweils insgesamt, also nach 16 Tagen, zehnmal Gold. 2012 waren es elf Siege, 2008 gerade einmal sieben.
Vollkommen verrückt, was derzeit an und in den Wettkampfstätten entlang der Seine los ist. Dabei sind es beileibe nicht nur Olympiasiege, die von den stolzen Franzosen so sehr bejubelt werden, wie man es sonst nur von großen Triumphen im Fußball kennt.
Die Pariser haben ihre Liebe zum olympischen Sport entdeckt, das zeigt sich nicht nur in den Sportstätten. Auch in den vielen Bars der Hauptstadt, in den Brasserien und Cafés flimmert den ganzen Tag Olympia über die Bildschirme. Die Menschen fiebern mit und lassen sich vor allem von den französischen Sportlern begeistern.
Ein Ende der Euphorie ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die Party geht jetzt erst richtig los. Die Entscheidungen in den meisten Teamsportarten wie Basketball oder Handball, Volleyball oder Fußball stehen noch aus. Fackelträger und Volksheld Teddy Riner geht erstmals am Freitag auf die Judo-Matte. Und auch Schwimmer Marchand hat noch nicht fertig. (SID)
Salomonen: Marathonläuferin startet über 100 Meter
Keine Frage, für die Salomonen ist Sharon Firisua eine Olympia-Heldin. 2016 in Rio gab sie ihr Debüt über 5.000 Meter, 2021 in Tokio vertrat sie gar als erste Frau einen pazifischen Inselstaat im olympischen Marathon – und 2024 in Paris soll es nun die große Abschiedsvorstellung geben. Allerdings nicht über ihre Spezialstrecke, die Langdistanz. Sondern über die 100 Meter.
Das Nationale Olympische Komitee nominierte für die erste Runde am Freitag im Stade de France die 30-Jährige, die in der Königsdisziplin noch nie ein professionelles Rennen bestritten hat – und ließ die beste Sprinterin dafür zu Hause. In Ozeanien sorgt dies für reichlich Stirnrunzeln, auch der Verdacht der Vetternwirtschaft steht im Raum. „Ich weiß nicht, was schiefgelaufen ist, es ist unglaublich“, sagte die salomonische 100- und 200-m-Meisterin Jovita Arunia fassungslos. Die 22-Jährige wäre die logische Wahl für die Wildcard gewesen, die kleinere Sportnationen bei Olympia für bestimmte Disziplinen erhalten.
Zumal die Entscheidung, die hinter verschlossenen Türen getroffen wurde, einen Beigeschmack hat. Laut des australischen TV-Senders ABC vermuten Insider, dass Firisua die Wildcard als eine Art „Abschiedsgeschenk“ vom NOK erhalten habe. Nachdem sie eigentlich bereits im vergangenen Winter ihre Karriere beenden wollte, hatte sie die Qualifikation für den olympischen Marathon in Paris verpasst. Und darf nun eben über 100 Meter starten. (SID)
Vom Kreißsaal an den Start
30 Minuten Schlaf – das war alles. Der Franzose Aurélien Quinion hatte die Nacht vor dem Start seines Rennens über 20 Kilometer nicht im Olympischen Dorf, sondern auf der Geburtsstation an der Seite seiner Ehefrau verbracht. Um 2.00 Uhr wurde der 30-Jährige Vater einer kleinen Charline, danach reichte die Zeit noch für einen Powernap. Der Verband hatte dafür gesorgt, dass er diesen Moment miterleben konnte. Der Adrenalinschub hatte jedenfalls gewirkt: Über seinen neunten Platz bei seiner Olympia-Premiere zeigte er sich nach dem Rennen sichtlich zufrieden. Und die kleine Charline wird ihr Leben lang davon erzählen können. (chd)
Man darf die Konkurrenz nicht unterschätzen, aber mich sollten sie auch nicht unterschätzen
Das Regelwerk
Leichtathletik
Wenn Sie heute Morgen im Büro mit Ihrem Fachwissen über die Qualifikationskriterien für Patrizia van der Weken und Bob Bertemes glänzen wollen, dann haben wir hier genau das Richtige: Die drei schnellsten Frauen der 100-m-Vorläufe ziehen ins Halbfinale ein, das am Samstagabend stattfindet. Es gibt insgesamt sechs dieser Vorläufe. Zudem werden die sechs Zeitschnellsten ihr Ticket für das Semifinale erhalten. Das Finale findet am Samstag im Anschluss an die Halbfinals statt. Bei den Kugelstoßern ist es so, dass eine Weite von 21,35 Metern automatisch für das Finale am Samstag reicht. Die andere Option ist, es unter die zwölf Besten zu schaffen. (chd)
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