Olympia / Die Belohnung harter Arbeit: In Paris waren auch Luxemburger Schiedsrichter gefordert
Nicht nur die 13 Athleten des Team Lëtzebuerg waren in den letzten beiden Wochen in den diversen Arenen und Stadien in Paris gefordert, auch fünf luxemburgische Unparteiische konnten sich mit ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen einen großen Traum erfüllen. Es ist auch für sie die Belohnung harter Arbeit, für die sie in den meisten Fällen fast ihre gesamte Freizeit investieren. Mit drei von ihnen hat sich das Tageblatt über ihre Rolle in Paris unterhalten.
Gilles Andring (Kunstturnen)
Gilles Andring ist im luxemburgischen Turnsport viel gefragt: Beim Verband FLGym ist er Kassierer und zudem einer der Verantwortlichen für den Bereich des Elitesports. Daneben ist er auch als internationaler Kampfrichter unterwegs und kam nicht zuletzt durch die Teilnahme der neuen luxemburgischen Turnergeneration um Quentin Brandenburger in den letzten Jahren auch bei größeren Wettkämpfen häufiger zum Einsatz. Die Olympischen Spiele in Paris sind dann auch die ersten für den Luxemburger, der ein Brevet der Kategorie zwei besitzt, was die zweithöchste im internationalen Kunstturnen ist.
Große Unterschiede im Vergleich zu einer EM oder WM sah Andring in Paris dann auch nicht: „Vom Ablauf her sind die Wettkämpfe ähnlich, alle sind auf einem sehr hohen Standard ogranisiert.“ Eines ist ihm aber trotzdem aufgefallen, wie der Luxemburger weiter erklärt: „Bei Olympia sind viel mehr Emotionen mit dabei, man spürt schon, dass der Stellenwert für die Athleten ein ganz anderer ist. Das Niveau war auch in der Breite höher, es waren nur sehr wenige Fehler dabei.“ Gilles Andring hatte bis zum letzten Dienstag auf jeden Fall viel zu tun, denn eingesetzt wurde er in der Qualifikation, den Mannschafts-, Mehrkampf- sowie den Gerätefinalen. Insgesamt 44 Kampfrichter reisten für die Männerwettbewerbe nach Paris, zwei davon waren von Beginn an für die Qualifikation als Reserve vorgesehen, rutschten dann aber mit in die Auslosung rein. Ob und wo jemand zum Einsatz kommt, wird nämlich tatsächlich erst kurz vor den Wettkämpfen ausgelost. „Ich bin jedes Mal gezogen worden“, freut sich Andring, der in Paris zweimal am Pauschenpferd und am Sprung gefordert war. „Irgendwie habe ich das Pauschenpferd in letzter Zeit wirklich sehr oft bekommen“, gibt er lachend zu. Ein Lieblingsgerät hat er nicht, auch wenn Andring betont, dass er die Form, wie am Sprung bewertet wird, eigentlich nicht so mag. Zuständig war er für den „Execution Score“, die Ausführung der Übung. „Interessanter wäre für mich der Ausgangswert, bei Olympia dürfen das aber nur Kampfrichter der Kategorie eins machen, da war ich nicht einmal im Rennen. Das ist dann für die Zukunft.“
Lang war vor allem der Tag der Qualifikation für die Kampfrichter, der von elf bis 23 Uhr ging. Die Konzentration bis zum Schluss hochzuhalten war die größte Herausforderung. „Man hat ja auch sechs andere Kollegen am Tisch sitzen, die mitbewerten, da hat dann auch nicht immer jeder die gleiche Meinung“, beschreibt Gilles Andring. „Wenn die Noten auseinandergehen, wird man auch etwas nervös, wenn bei dir selbst die eine oder andere vielleicht nicht so war wie bei den Kollegen. Der Spannungspegel war auch bei uns ganz hoch, weil man keinen Fehler machen möchte, da es für die Sportler gerade hier um sehr viel geht.“
Carole Hepp (Volleyball)
Carole Hepp ist Volleyball-Schiedsrichterin und pfeift nicht nur in der luxemburgischen, sondern auch in der französischen Meisterschaft, wo sie in der höchsten Liga bei den Damen und Herren unterwegs ist. Der Grund ist ganz einfach, wie sie erklärt: „Ich möchte einfach regelmäßig auf einem sehr hohen Niveau pfeifen können. Bei Schiedsrichtern ist es nämlich so wie bei Spielern, auch wir brauchen Training, um zu lernen und uns zu verbessern.“ Es sind genau diese Erfahrungswerte, die ihr auch bei ihrer internationalen Schiedsrichterkarriere helfen, denn Hilfsmittel, wie zum Beispiel der Videobeweis, gibt es in Luxemburg nicht. „Wenn man solche Sachen kennt und regelmäßig damit arbeitet, ist es auch kein großer Stressfaktor mehr“, erklärt die Luxemburgerin. Auf internationalem Parkett ist sie nämlich ebenfalls oft unterwegs. In der letzten Saison leitete sie etwa drei Europapokalspiele, auch in der im Großherzogtum bekannten Silver und Golden League war sie schon gefordert, genauso wie bei EM-Qualifikationsspielen der Seniors oder bei Finalrunden der Jugend.
Carole Hepp lebt wie kaum sonst jemand für ihr großes Hobby. Bereits im sehr jungen Alter, mit gerade einmal 17 Jahren, begann sie mit dem Schiedsrichterwesen, was direkt eine große Leidenschaft wurde: „Ich war wirklich sofort verkauft“, erinnert sie sich mit einem Lachen. Ihren 30. Geburtstag feierte Hepp so etwa bei einem internationalen Schiedsrichterkurs. Insgesamt geht für ihre Karriere als Unparteiische sehr viel Freizeit drauf. In Frankreich kann es schon mal sein, dass sie zu Spielen bis nach Nice geschickt wird.
Doch es sind gerade ihre Einsätze im Nachbarland, die für Carole Hepp den Traum von Olympischen Spielen möglich machen sollten. In Paris ist sie nämlich nicht als Schiedsrichter im Einsatz, da deren Anzahl bei Olympia stark begrenzt ist und es für jemanden aus Luxemburg damit fast unmöglich ist, reinzukommen. Jedoch wurden alle Schiedsrichter, die in der französischen Meisterschaft pfeifen, vor den Sommerspielen angeschrieben und gefragt, ob sie eine andere Rolle bei Olympia wahrnehmen möchten. Hepp meldete sich und wurde schlussendlich als „Marqueur“ genommen. Ihre Aufgabe ist somit das Erstellen des Spielbogens, was bei den Olympischen Spielen elektronisch gemacht wird. „Notiert werden Punkte, Wechsel, Auszeiten, mögliche Karten wegen Zeitspiels oder des Benehmens. Auch die Video-Challenges, wenn man nämlich zweimal falsch liegt, hat man keine mehr.“
Für Carole Hepp eine einmalige Chance, die sie in den letzten Wochen voll und ganz genossen hat. Ihr Talent und vor allem ihre ruhige Art fielen auf, nicht zuletzt beim Spiel Frankreich gegen Slowenien, das über fünf Sätze ging. „Da gab es viel Interaktion auf dem Spielbogen, was nicht so einfach war. Nach der Partie wurde ich von der Jury angesprochen, die meinten, ich solle eine Weiterbildung zum FIVB-Scorer machen.“ Dank dieser Leistung wurde sie nominiert, um als „Marqueur“ am Samstag beim Herrenfinale dabei zu sein.
Claudine Conter (Radsport)
Claudine Conter ist mit dem Radsport aufgewachsen. 1992 hat sie mit ihrer Schwester das nationale Examen zum Kommissar gemacht, gemeinsam haben sie dann auch sieben Jahre später das internationale Examen absolviert. „Wenn man es in Luxemburg erst mal in diese Reihen geschafft hat und die Möglichkeit erhält, als UCI-Kommissar weiterzumachen, sagt man nicht nein“, erklärt sie mit einem Lachen. Radsport war zwar immer schon ein Hobby, als Fahrerin war Claudine Conter allerdings nie aktiv. Ihre gesamte Familie ist im luxemburgischen Radsport jedoch ein Begriff, denn auch ihr Vater war jahrelang bei der FSCL im Einsatz. „Jedoch alles auf passiver Basis“, erklärt sie lachend. „Wir gehören dazu wie die Fahrer. Es ist wie eine große Familie, auch international. Das ist zwar größer, aber immer noch der gleiche Spirit.“
In all diesen Jahren hat die Kommissarin bereits so einiges erlebt. 2007 war sie bei der Tour der France der Herren im Einsatz, im letzten Jahr in der WorldTour der Damen sogar Präsidentin der Tour de France, Tour de Suisse, von Liège-Bastogne-Liège und Paris-Roubaix. Dies sind nur ein paar Beispiele einer beeindruckenden Karriere, die Claudine Conter aufweisen kann. Zwar sind Frauen in diesem Bereich noch immer in der Unterzahl, doch es werden mehr, wie sie bestätigt. Und dafür wird dann auch ein großer Teil der Urlaubstage investiert. „Ich habe jedoch das Glück, dass mein Mann ebenfalls als Kommissar in Luxemburg tätig ist. Deshalb verbringen wir gemeinsam einen großen Teil unserer Freizeit bei Rennen. Da ist es ein Glück, wenn man die gleiche Leidenschaft hat. Wir verbinden das dann auch oft mit ein paar privaten Tagen vor Ort“, erklärt Conter.
Für ihren Einsatz in Paris wurde sie dann auch von der UCI berufen. „Ich war schon ein wenig überrascht. Man hofft, wenn man erst mal in diesem Kreis drin ist, dass man irgendwann mal für Olympia nominiert wird. Ich war richtig froh, als ich diese Mail bekam.“ Das war schon im September und seither war die Vorfreude auf ihre Einsätze groß. „Es ist mit das Höchste, was man erreichen kann. Meine Disziplinen sind Straße und Cross, bis vor Kurzem waren es immer Straße und Piste bei Olympia. Bis zu den letzten Ausgaben war das immer zusammen, sodass das vorher nicht möglich gewesen wäre.“ Claudine Conter war dann auch beim Zeitfahren und den Straßenrennen gefordert, wo sie darauf achtete, dass die Regeln eingehalten wurden. Eine einmalige Atmosphäre, denn am Straßenrand gab es in der französischen Hauptstadt am letzten Samstag und Sonntag kaum noch einen freien Platz.
Insgesamt fünf
Neben Andring, Conter und Hepp sind noch zwei weitere luxemburgische Unparteiische bei den Olympischen Spielen dabei: Pol Pierret im Tischtennis und Julien Viscogliosi im Tennis.
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