Die Splitter / Notizen aus Paris: Ein „Victory Selfie“, eine Absage an Flugtaxis und der Gegenschlag Chinas
„Victory Selfie“ und edle Boxen
Simone Biles lächelte viermal in die kleine Kameralinse, Léon Marchand sogar noch öfter – die Superstars der Sommerspiele haben sich längst daran gewöhnt, dass zu einer Siegerehrung in Paris mehr gehört als das Überreichen der Medaillen und das Abspielen der Hymne. Auch das Smartphone hat es auf das olympische Treppchen geschafft: Mit dem sogenannten „Victory Selfie“ darf ein Großsponsor des Internationalen Olympischen Komitees sein neuestes Luxushandy promoten.
„Das ist die Richtung, in die wir gehen wollen“, sagte Anne-Sophie Voumard, Geschäftsführerin für Fernsehen und Marketing beim IOC, am Mittwoch: „Wir wollen wirklich einzigartig in dem Sinne bleiben, dass es keine Werbesichtbarkeit auf dem Spielfeld gibt. Aber wir wollen unseren Partnern die Möglichkeit geben, ihre Produkte so organisch wie möglich in die Durchführung der Spiele zu integrieren.“ Also Werbung ohne Werbebande, sondern durch Product-Placement – und irgendwie auch zum Nutzen der Sportler. „Die Athleten dürfen keine persönlichen Gegenstände oder Telefone mit auf das Spielfeld nehmen“, erklärte Voumard, „durch unsere Partnerschaft mit Samsung können wir diesen einzigartigen Moment aber für sie festhalten.“
Die Financial Times schreibt von einer „nie dagewesenen Kommerzialisierung“ des größten Sportereignisses der Welt. Das gülden schimmernde Klapp-Smartphone des südkoreanischen Technologieriesen, das mit Ausnahme der nordkoreanischen Sportler (Stichwort: UN-Sanktionen) jeder Teilnehmer an den Olympischen Spielen und Paralympics in Paris erhält, ist nur ein Teil der neuen Ausrichtung.
Wer ganz genau hinschaut, dem ist aufgefallen, dass die Kästchen, in denen die Medaillen zu den Siegerehrungen transportiert werden, das ikonische Design von Louis Vuitton aufweisen. Auch das ist – natürlich – kein Zufall. Das Logo und die Koffer des Luxuswarenunternehmens waren auch während der Eröffnungsfeier zu sehen, u.a. in einem langen Videosegment. Auch Coca-Cola, ein treuer Top-Sponsor des IOC, platzierte bei der Show auf der Seine am 26. Juli goldene Flaschen im Umfeld einiger Sportler.
Marketingeinnahmen stellen die zweitgrößte Geldquelle des IOC dar, nach eigenen Angaben entfielen im Zeitraum 2017 bis 2020/21 darauf 30 Prozent der Gesamteinnahmen von 7,6 Milliarden Dollar, also etwa 2,28 Milliarden. Derzeit schart der Ringe-Konzern mehr als 80 Sponsoren verschiedener Größe um sich, die erste Kategorie der Geldgeber bekommt gewissermaßen ihren VIP-Raum. Ein neues Smartphone-Modell vor einem „Rekordpublikum“ von TV- und Streaming-Nutzern präsentieren zu dürfen, wie das IOC fast täglich zufrieden resümiert, ist nicht die schlechteste Plattform. Das IOC will natürlich durch diese Strategie auch neue Märkte erschließen, Spielraum beim Gewinnen großer Unternehmen gibt es noch. „Wir würden gerne einen ersten neuen Top-Sponsor aus Indien begrüßen“, sagte Voumard. „Ich bin sicher, dass dies sehr bald geschehen wird.“ (SID)
Absage: Keine „Flugtaxis“
In einem fliegenden Taxi über Paris hinweg – das ist während der Olympischen Spiele nun doch nicht möglich. Die futuristischen Volocopter-Drohnen haben trotz zuvor anderslautender Aussagen keine Zulassung für den Zeitraum des Weltevents erhalten. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, wurde eine nötige Zertifizierung für den Motor nicht erteilt. Ursprünglich hatten Testflüge während der Spiele stattfinden sollen. Das Konzept hatte Gegenwind erhalten. Der Pariser Stadtrat hatte sich einstimmig dagegen ausgesprochen. „Es ist Greenwashing in seiner reinsten Form, ein Transportmittel, das für die Ultrareichen geschaffen wurde, die es eilig haben, weil es nur Platz für einen Fahrgast gibt“, hatte Paris’ stellvertretender Bürgermeister Dan Lert der AFP im Juni gesagt.
China schlägt zurück
China hat im erbitterten Streit der Anti-Doping-Agenturen während der Olympischen Spiele zurückgeschlagen und schwere Anschuldigungen gegen die USA erhoben. Die chinesische Agentur (Chinada) warf ihren amerikanischen Kollegen von der Usada gestern vor, Missbräuche zu verheimlichen und forderte weitere Tests bei US-Athleten. Es gebe „Grund zu der Annahme, dass es in der Leichtathletik in den Vereinigten Staaten ein systemisches Dopingproblem gibt“, gab Chinada zu Protokoll. Die Chinesen reagieren damit auf die zurückliegenden Schlagzeilen über 23 Schwimmer aus China, die vor Olympia 2021 in Tokio positiv getestet, aber nicht bestraft wurden. Die positiven Testergebnisse wurden auf Lebensmittelkontaminationen zurückgeführt.
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„Revolution“
Der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) hat die Anstrengungen und Planung von Paris im Vorfeld der Paralympics gelobt. Die Wettbewerbe, die vom 28. August bis zum 8. September in der französischen Hauptstadt ausgetragen werden, hätten eine „Revolution“ mit Blick auf die Inklusion ausgelöst, sagte der Brasilianer Andrew Parsons. Nicht nur für die 185.000 in der Stadt lebenden Menschen mit körperlichen Einschränkungen sei Paris „zugänglicher“ geworden, sondern auch für Geschäftsreisende und Touristen. Um die Metropole inklusiver zu gestalten, hatten die Verantwortlichen 125 Millionen Euro investiert. Unter anderem wurden öffentliche Gebäude und der öffentliche Nahverkehr zugänglicher gemacht, für Menschen mit Sehbehinderung wurden 10.400 akustische Module an kritischen Kreuzungen angebracht. „Die Verbesserungen, die Paris in den vergangenen sieben Jahren gemacht hat, sind fantastisch“, lobte Parsons, sie sollten aber auch nur „ein Startpunkt einer Reise sein“. Herausforderungen bestünden nach wie vor bei der Metro. (SID)
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