Leserforum / „Mir wëlle bleiwen, wat mir gi sinn“
Ein Stück Mond in luxemburgischer Hand. Tageblatt, 26. Juli 2024.
Nämlich Neureiche, noch leicht umwoben vom Stallgeruch unserer Urgroßeltern. Verstehen Sie mich nicht falsch. Der Stallgeruch ist das Positive in diesem Satz.
Seit 2017 hat Luxemburg ein Gesetz, das es Privatunternehmen erlaubt, Weltraumressourcen zu besitzen. Die Mission des Rovers „Tenacious“ der Firma ispace Europe ist kommerzieller Art. Wir mochten Mondgestein an die NASA verkaufen für 5.000 Dollar. Mit einer Investition von 3,7 Millionen Euro scheint das noch kein sehr gutes Geschäft zu sein, aber das ist ja nur der bescheidene Anfang einer späteren fabulösen Nutzung von Weltraumressourcen. Wirtschaftsminister Delles fühlt sich genötigt, unseren Enthusiasmus zu dämpfen, indem er uns verrät, dass der Luxemburger Staat nicht darauf aus ist, den Mond zu besitzen, wobei man sich natürlich fragt, wie Lex Delles das bewirkt hätte, hätte er es gewollt. Nichtsdestoweniger geht es ihm um eine Führungsposition Luxemburgs in Sachen Spacemining.
Es scheint täglich wahrscheinlicher, dass wir das Klimaproblem nicht mehr im Griff haben, jedenfalls nicht in diesem Moment. Wirtschaft war immer der Nerv des Weltgeschehens und des technischen Fortschritts. Dass wir die Wirtschaft später notgedrungen vielleicht ins nähere und weitere Weltall verlegen müssen, scheint mir nicht absonderlich. Es ist nur lustig zu sehen, wie das mentale Schema unverändert weiterlebt. Wir verlagern unser bisher bedrohlichstes Problem, den Klimawandel, ohne philosophisches Umdenken in die nächste Sphäre. Unser Denken kreist weiter um den immediaten Profit, nicht um die Wissenschaft, sowie den geistigen und sozialen Fortschritt. Wir glaubten lange an die unendlichen Ressourcen unseres kleinen Planeten. Jetzt denken wir an die unendlichen Ressourcen des Weltalls für unseren kleinen Planeten und die luxemburgischen Banken. Zugegeben, das Weltall ist groß, aber noch nicht bewiesen unendlich. Nicht, dass ich fürchte, Menschen würden in naher Zukunft ein Klimaproblem im Weltall hervorrufen, obschon es heute eine schier unbeschreibliche Satellitenverschmutzung rundum den Globus gibt, also im Vorort des Weltalls. Der ewige unermüdliche Drang nach neuen Errungenschaften ist das Bewundernswerte am Menschen. Oder sollte ich doch eher sagen einiger, sehr weniger Menschen. Alles, was unser fantastisch komfortables Leben ausmacht, wurde von begnadeten Zauberlehrlingen erfunden. Alles, was es eventuell zerstören kann, auch.
Es gibt noch keinen Krieg auf dem Mond. Wenn wir aber dessen Zukunft jetzt schon nur mehr in Sachen Kapitalprofit sehen, müssten wir ispace Europe heute unbedingt Rüstungsaufträge für die kommenden „Starwars“ aufgeben, wenn wir unser Spacemining in den nächsten Jahrhunderten gegen verschiedene andere Interessenten schützen wollen. Juristen, fürchte ich, werden nicht mehr genügen, um den Artikel 2 gegen eine Großmacht zu verteidigen, auch nach Unterschrift der schriftlichen Genehmigung durch den zuständigen Wirtschaftsminister Luxemburgs.
Vicky Krieps sagte einmal in einem Interview, die Luxemburger würden zwischen Minderwertigkeits- und Superioritätskomplexen schwanken.
Diese Schwankungen sind in der Medizin bekannt, bei diagnostizierter Abwesenheit einer geografisch und zahlenmäßig gelassenen Bescheidenheit, einer gegebenen Bevölkerung.
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