Editorial / Georges Mischo und die Kunst der politischen Kommunikation
Minister haben es oftmals nicht leicht. Jede Aussage wird bewertet, jedes Wort droht, auf die Goldwaage gelegt zu werden, und das von vielen Menschen, die unterschiedliche Interessen vertreten. So wird die politische Kommunikation schon mal zum Drahtseilakt, ja zu einer wahren Kunst, die einige besser, andere weniger gut beherrschen. Arbeits- und Sportminister Georges Mischo (CSV) gehört eher zur letzteren Kategorie. Dabei ist vor allem als Arbeitsminister viel Fingerspitzengefühl gefragt. Zwischen Patronat und Gewerkschaften gibt es naturgemäß mehr als genug Reibungspunkte. Vor zwei Wochen schaffte der CSV-Politiker in einem RTL-Interview das Kunststück, mit einer Aussage sowohl bei Gewerkschaften als auch beim Patronat für Kopfschütteln zu sorgen. Mischo warf die Frage auf, ob der Kollektivurlaub im Baugewerbe noch zeitgemäß sei und findet, man müsse diese Frage einmal mit den Sozialpartnern diskutieren. Dabei gibt es kein Diskussionsbedarf, denn sowohl die Gewerkschaften als auch das Patronat sind mit der aktuellen Regelung des Kollektivurlaubs zufrieden. Wieso will der Arbeitsminister eine Flexibilisierung des Kollektivurlaubs, was mit einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Angestellten einhergehen würde, wenn dies weder im Koalitionsabkommen vorgesehen ist und weder von den Gewerkschaften noch von den Bauunternehmern gefordert wird?
Die Aussage von Mischo zum Kollektivurlaub war unnötig und unbedacht. Zudem war es nicht das erste Mal, dass der CSV-Politiker unglücklich kommuniziert. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit sorgte der Arbeitsminister mit Aussagen zum Streik bei Ampacet für Aufregung. Nachdem das Unternehmen einseitig den Kollektivvertrag gekündigt hatte und es daraufhin zum Streik gekommen war, meinte Mischo, die Wahrheit würde immer irgendwo in der Mitte liegen. Eine Aussage fürs Phrasenschwein, die man ihm noch nachsah, weil er neu im Amt war. Wenige Monate später fiel Mischo dann in seiner Funktion als Sportminister auf, indem er in einem Interview die Sportberichterstattung in den luxemburgischen Medien als oberflächlich und lapidar bezeichnete. Später versuchte er dann mehr schlecht als recht zurückzurudern. Sogar sein Chef Luc Frieden widersprach ihm in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage.
Wer sich als Minister öffentlich äußert, weiß, dass genau hingehört wird und jede Aussage Konsequenzen haben kann. Ein Interview ist eben kein Stammtischgespräch. Die Kunst der politischen Kommunikation kann nicht jeder gleich gut beherrschen, ein Mindestmaß sollte doch von jedem Regierungsmitglied verlangt werden können. Mit der Modernisierung der Arbeitszeiten, sowie Änderungen im Kollektivvertragswesen, hat Mischo gleich zwei Dossiers auf dem Tisch liegen, die das Leben von sehr vielen Menschen direkt beeinflussen. Es wäre so langsam an der Zeit, bei diesen Themen konkrete Vorschläge zu unterbreiten, sprich Gesetzesprojekte einzureichen. So könnte zumindest über konkrete Vorhaben debattiert werden, anstatt über leichtfertig getätigte Äußerungen.
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