BGL Ligue / Romain Ruffier: „Heute ist es noch zu früh, um den Racing zu den Meisterkandidaten zu zählen“
Romain Ruffier kehrte nach einem Jahr in Differdingen im Sommer zum RFCU Lëtzebuerg zurück. Erstmals in seiner Karriere war er als Sportdirektor auch in die Transferentscheidungen eingebunden. Wie der Alltag als Torhüter und Funktionär in Personalunion funktioniert, erzählte der 34-Jährige im Interview.
Tageblatt: Es ist Montag. Womit beschäftigt sich der Sportdirektor des Racing?
Romain Ruffier: Ein Montag ist auf jeden Fall angenehmer, wenn es am Wochenende einen Sieg gab. An diesem Tag geht es darum, noch einmal mit dem Trainer die Bilanz zu ziehen. Wir analysieren das Spiel und blicken bereits gemeinsam auf den nächsten Gegner. Jeder bringt sich und seine Meinung in das Gespräch ein. Zu meinem Aufgabenfeld gehören aber noch weitere Dinge, wie der Spielerbogen und die Planungen. Heute sind beispielsweise ein paar Kryotherapie-Termine angesetzt, um deren Organisation ich mich kümmere. Zudem bin ich ja auch Jurist, was den Rest des Tages ausfüllt. Ich hatte immer im Hinterkopf, später mal Sportdirektor zu werden. Man ist noch hautnah am Geschehen dran, hat eine gewisse Nähe zu den Spielern. Zudem gefällt es mir, zu verhandeln. Ich hätte aber nie damit gerechnet, diesen Posten zu diesem Zeitpunkt der Karriere auszufüllen. Ich ging davon aus, meine Karriere in Differdingen zu beenden. Doch als sich mir die Chance bot, habe ich nach reiflicher Überlegung angenommen. Der RFCU Lëtzebuerg ist mir wichtig, zudem arbeite ich für die Präsidentin.
Und was tut der Torwart Romain Ruffier an einem Montag?
Sich erholen (lacht). Obwohl ich schon etwas Sport getrieben habe. Aber heute Abend findet keine Trainingseinheit statt und ich werde Zeit für die Familie haben.
Welche negativen Aspekte hat es, Sportdirektor zu sein?
Die Arbeit im Sommer war intensiv. Es war unheimlich stressig, das Team zu reorganisieren. Für mich bedeutete es nämlich auch, zusätzlichen Erfolgsdruck zu spüren. Habe ich die richtigen Spieler geholt? Waren die Entscheidungen richtig? Ich wollte keine Fehler machen. Ich weiß, was von mir erwartet wird. Bislang läuft alles gut, aber wir sind uns alle bewusst, dass es auch schlechtere Phasen geben wird.
Wie kann man sich die Aufgabenaufteilung mit Coach Yannick Kakoko sowie Fahrudin Kuduzovic, dem Generaldirektor des RFCUL, vorstellen?
Fahrudin Kuduzovic ist derjenige, der den gesamten Verein international nach außen vertritt. Er hat die Damen-Sektion umstrukturiert und kümmert sich um die Sponsorensuche. Mein Aufgabenbereich betrifft alles, was mit der ersten Mannschaft zu tun hat. Bei der Spielersuche lief alles in Absprache mit dem Trainer. Ich wollte ihm nämlich keine Spieler vor die Nase setzen, die nicht zu seiner Philosophie passen. Wir haben beide Vorschläge gemacht und gemeinsam entschieden. Die Entscheidung, wer spielt, trifft er alleine.
Wie kann man das Verhältnis zu Ihrem Trainer beschreiben? Anders ausgedrückt: Sind Sie auf dem Platz auch Sportdirektor?
In einem Spiel bin ich während 90 Minuten ausschließlich Fußballspieler. Wer Sportler ist, hasst es, zu verlieren. Deshalb bin ich im Training inzwischen auch analytischer geworden. Viel mehr als sonst. Ich beobachte die Spieler, ihr Verhalten, ihren Einsatz. Wenn mir auffällt, dass es ein Problem gibt, greife ich ein.
Beim Blick auf die Ergebnisse und die Tabelle gibt es derzeit nicht viele Gründe, etwas an den Konstellationen und Entscheidungen zu verändern. Wie erklären Sie sich den Erfolg des noch ungeschlagenen Racing?
Nein, es gibt keine Gründe, etwas zu verändern. Der Erfolg ist da. Ich weiß, dass es ein Satz für das Phrasenschwein ist, aber wir sind zu einer Familie zusammengewachsen. Das war die Priorität. Wir haben verstanden, dass wir gemeinsam gewinnen und verlieren werden. Im Moment genießen wir es, zusammen auf dem Platz zu stehen. Jeder will für den Klub Vollgas geben. Ich sehe jede Woche Fortschritte bei unserem Spiel. Wir bieten einen attraktiven Fußball. Mich freut es, den Jungs zuzusehen, wenn sie Spaß haben – beim Aufbau, mit Ball am Fuß. Ich bin der erste Fan der Mannschaft. Neben Wiltz und Differdingen, die ich ebenfalls im Herzen trage, hat der Racing eine besondere Bedeutung für mich. Es freut mich unheimlich, zu sehen und zu hören, dass die Leute uns beglückwünschen.
Heißt, dass es auch um Image-Politur geht?
Definitiv. Der Racing braucht Spieler, die kämpfen und attraktiven Fußball zeigen. Wir wollen wieder Konstanz reinbringen.
Nach dem 3:0 gegen Mondorf erwartet Sie in dieser englischen Woche das Topspiel gegen Progrès und danach Petingen. Was steht in den nächsten sechs Tagen für den RFCUL auf dem Spiel?
Nicht mehr und nicht weniger als in den anderen Wochen auch. Dass es ein schwerer September werden würde, stand schon länger fest. Aber unter Druck stehen wir nicht. Das Ziel des Vereins ist es, eine bessere Saison zu spielen als im vergangenen Jahr. Wir wollen Spaß auf dem Fußballplatz haben. Der Progrès ist Mitfavorit auf die Meisterschaft. Aber letztlich macht es keinen Unterschied, denn es stehen nicht mehr als drei Zähler auf dem Spiel.
Was muss man tun, um gegen Niederkorn zu gewinnen?
Keine Fehler begehen. Es ist eine sehr starke Mannschaft. Der Verein hat es geschafft, sein Gerüst über die Jahre nicht nur aufzubauen, sondern zu behalten. Sie gehören mit Differdingen und Hesperingen zu den großen Favoriten. Das Spiel werden Details entscheiden. Wir müssen bereit sein, zu leiden.
Sie haben die Meistermannschaft aus Differdingen nach einem Jahr verlassen, kamen nicht in den Genuss der Champions League. Ist der Racing gewappnet, um in dieser Saison im Meisterkampf mitzumischen?
Ich bin keiner, der in der Vergangenheit lebt. Das Jahr in Differdingen war fantastisch. Aber vor mir liegen neue Aufgaben. Heute ist es noch zu früh, um den Racing zu den Meisterkandidaten zu zählen. Wenn wir uns drei Spieltage vor Saisonschluss noch immer in dieser Position befinden, wird die Antwort eine andere sein. Aber im Moment geht es darum, eine Mannschaft aufzubauen, die in den nächsten zwei, drei Jahren regelmäßig europäisch sein wird. Dazu gehört auch, dass es Phasen geben wird, in denen es nicht so gut läuft. Noch können wir uns nicht mit Differdingen oder Niederkorn vergleichen – sondern müssen erst Automatismen aufbauen, die dort schon vorhanden sind.
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