Parteien / Sven Clément und der Piraten-Streit: „Ich bereue, es in dieser Form gemacht zu haben“
Nach dem Wechsel von Marie-Marthe Muller werfen die Hauptstadt-Piraten der LSAP und ihrer Ex-Kollegin vor, „keinen Anstand“ zu haben. Ex-Piratenchef Sven Clement kommentiert das kritisch. Er äußert sich auch zu den neuerlichen Attacken seines Parteifreunds Marc Goergen – und seiner eigenen Pressekonferenz im vergangenen Juli.
„Es ist im Moment eine ganz schwierige Situation für die Piratenpartei.“ Das sagte Sven Clement, Piraten-Abgeordneter in der Chamber und ehemaliger Parteichef am Freitagmorgen im Radiosender RTL. Der aktuelle Anlass: Schon wieder ist eine Piraten-Politikerin zur LSAP übergelaufen. Die Luxemburger Gemeinderätin Marie-Marthe Muller hatte am Donnerstag ihren Parteiwechsel verkündet. Clement sagte: „Ich finde es schade für jeden, der geht.“ Insbesondere, wenn jemand ein Mandat annehme und das dann zu einer anderen Partei mitnehme. Clement äußert im Hinblick auf die Situation der Piraten aber auch Verständnis für die Abtrünnigen: „Ich kann die Beweggründe ganz oft nachvollziehen.“
Die Hauptstadt-Piraten hatten darauf am Donnerstagabend mit einer hitzigen Pressemitteilung reagiert: „Kein Mut, kein Anstand und auch nicht der gute politische Ton“, lauteten die Vorwürfe an Muller und die LSAP. Ex-Piratenpräsident Clement sagte am Freitagmorgen dazu: „Ich hätte das Communiqué in der Form nicht geschrieben. Ich habe sogar noch die Anmerkung gemacht, dass man wenigstens die Schreibfehler herausnehmen sollte.“ Das sei aber nicht geschehen. Clement sagt, es habe „Mehrheiten“ gegeben, die die Mitteilung so veröffentlichen wollten.
„Regierung bietet genug Angriffspunkte“
Clement bedauert den andauernden Parteizwist. „Es tut mir leid und weh, dass wir es durch die internen Streitigkeiten nicht fertig bekommen, den Fokus auf ein politisches Projekt zu legen.“ Die derzeitige Regierung böte genügend Angriffspunkte. Die Partei müsse sich auf ihre Werte besinnen – und diese dann auch in ihrem Umgangston intern leben.
Erst am Dienstag hatte sein Abgeordneten-Kollege und Mitpirat Marc Goergen ihm den Rücktritt nahegelegt. Clement verlangt jetzt ein verbales Abrüsten auf allen Seiten in seiner Partei. Mit seinem eigenen Presseauftritt Mitte Juli, bei dem er Goergen unter anderem vorwarf, Frisörbesuche und McDonalds-Essen mit der Partei-Kreditkarte bezahlt zu haben, ist Clement nicht mehr glücklich. „Ich bereue, es in dieser Form gemacht zu haben.“
Bis Montag müssen die Piraten fehlende Belege vor dem Hintergrund der Malt-Affäre einreichen. Diese sollen dann vom Rechnungshof überprüft werden. Derzeit fehlten nur noch einige letzte Belege von Marc Goergen, erklärte Clement. „Sobald wir die haben, geht das and den Rechnungshof und der kann dann seine Analyse machen“, sagt Clement. „Und ich hoffe, dass sie das schnell machen“. Clement geht „absolut“ nicht davon aus, dass bei dieser Untersuchung „Belastendes“ herauskommt. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hätten Daten des ONA gehabt. „Ein ganzer Rutsch von Findings basiert darauf, dass sie Belege nicht hatten, die wir ohne Probleme nachliefern könnten.“
Malt-Affäre löste tiefe Parteikrise aus
Die Piraten hatten sich 2016 auf eine Ausschreibung für ein Projekt des OLAI („Office luxembourgeois de l’accueil et de l’intégration“/heute ONA) beworben: Eine App, die es ermöglichen sollte, Arabisch auf Luxemburgisch zu übersetzen, um somit den 2015 aus Syrien geflüchteten Ankömmlingen in Luxemburg die Integration zu erleichtern – die „Malt“-App. Die Umsetzung des Projekts erfolgte schlussendlich durch eine Firma von Jerry Weyer und Sven Clement, beides Piraten-Mitglieder. Das ONA fordert heute eine Zahlung von 92.316,14 Euro zurück, weil einige Leistungen nicht wie verbucht erbracht worden sein sollen. Dem vorausgegangen war ein Audit von KPMG, das der „Commission d’exécution budgétaire“ in der Chamber vorgelegt wurde.
Im Zuge der Affäre war der dritte Piraten-Abgeordnete im Parlament– Ben Polidori – aus der Partei ausgetreten. Polidori begründete diesen Schritt mit einem „instabilen und konfliktreichen Arbeitsumfeld auf der Entscheidungsebene der Partei“. Polidori hatte am vergangenen Donnerstag verkündet, sich der LSAP-Fraktion anzuschließen.
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