Editorial / Von fehlender Wertschätzung des Vereinslebens in Esch
Das Ehrenamt ist in der Krise, und mit ihm das Vereinswesen. Unsere Welt hat sich in den letzten Jahren dermaßen beschleunigt, dass viele Menschen den Eindruck haben, ihnen fehle die Zeit für ein ehrenamtliches Engagement. Die Pandemie mitsamt ihren Lockdowns hat diese Tendenz noch verstärkt.
Immer weniger Leute scheinen bereit zu sein, sich unentgeltlich für die Gesellschaft einzusetzen. Tun sie es doch, werden sie oft mit den Problemen des Vereinswesens konfrontiert. Zum Beispiel mit Eltern, die den Klub als eine Art Betreuungseinrichtung für ihre Kinder sehen, die bestenfalls auch noch einen Teil der Erziehung übernimmt. Da fällt es dann schon schwer, den Jugendlichen, aber auch allen anderen, immer wieder klarzumachen, dass freiwillige Helfer keine Vereinsmeier, sondern echte Vorbilder sind.
Die fehlende Wertschätzung drückt sich gleich auf mehreren Ebenen aus. In Esch zeigt sie sich beispielsweise bei so ziemlich allen Aktivitäten der frEsch Asbl, die für das Erbe des Kulturjahrs zuständig ist. Diese Organisation, von der Stadt Esch via Konvention mit Millionen von Euros finanziert, macht seit jeher einen riesengroßen Bogen um die Escher Vereine. Das war schon bei Esch2022 der Fall und setzte sich beim Francofolies-Festival oder den Kulturnächten fort.
Bei der letzten Veranstaltung vor zehn Tagen schoss man den Vogel ab. Das Konzept „Lëtz’Dance“ war stark an das „Feierôwend“ des Escher Vereins FerroForum angelehnt, wenn nicht sogar kopiert. Zudem verfolgt die Postdoktorandin Laura Steil an der Universität Luxemburg seit 2020 das historische Forschungsprojekt „Feieren: Fester, Musek an Danz am Minett“ und organisiert das „Feierôwend“ zusammen mit dem FerroForum. frEsch aber befand es nicht für nötig, sie über ihre Pläne zu informieren, geschweige denn, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Es ist nicht so, dass es noch eines Beweises bedurfte, dass die Speerspitze der Escher Kulturpolitik aus in Frankreich eingekauften Gesamtkonzepten besteht, die mehr oder weniger komplett an den lokalen Akteuren vorbeigehen. Das gilt nicht nur für das FerroForum, sondern im kleineren Maßstab auch für die Escher Vereinswelt. So war in der letzten Gemeinderatssitzung die Rede, dass das Catering bei der Kulturnacht nicht etwa von einem Escher Verein übernommen wurde, sondern vom Fußballclub aus Strassen. Dazu passt, dass frEsch während des Kulturjahrs lieber den Boxclub aus Villerupt kontaktierte als den lokalen BC Esch.
Beispiele, die die Missachtung der lokalen Vereinswelt durch eine millionenschwere Organisation dokumentieren. Das Ganze geschieht übrigens mit Duldung der Lokalpolitiker. Präsident des Verwaltungsrats von frEsch ist kein anderer als Kulturschöffe Pim Knaff. Er trägt die politische Verantwortung für den Wasserkopf frEsch, der so undurchsichtig funktioniert, dass sogar Mitglieder des Verwaltungsrats lange keine Bilanzeinsicht erhielten, geschweige denn Oppositionspolitiker.
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