Caritas-Skandal / Justiz identifiziert 8.200 Geld-Transaktionen weltweit – Behörden ermitteln weiter in Richtung „Präsidentenbetrug“
8.200 Geldbewegungen, 15 Rechtshilfeersuchen: Die Luxemburger Justiz hat einen Zwischenstand zu den Ermittlungen in der Causa Caritas geliefert. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass eine „kriminelle Organisation“ in den Betrug verwickelt ist.
Die Luxemburger Justiz hat mehr als 8.200 Geldbewegungen in Zusammenhang mit dem Betrug bei der Luxemburger Caritas identifiziert. Damit erhärte sich die Vermutung, dass eine „kriminelle Vereinigung oder Organisation in den Betrug verwickelt ist“. Das schreibt die Staatsanwaltschaft in einer Pressemitteilung am Mittwochnachmittag.
Die Transaktionen seien „in sehr kurzen Abständen auf Hunderte von Konten in einer Vielzahl von Staaten weltweit“ getätigt worden. Bisher habe der zuständige Untersuchungsrichter 15 Rechtshilfeersuchen an ausländische Kollegen gerichtet, schreibt die Justiz. Die Rückmeldungen der ausländischen Behörden seien für den Ausgang der Ermittlungen entscheidend. Die Behörden bevorzugen bei ihren Ermittlungen noch immer die Spur des „Präsidentenbetrugs“.
Derzeit könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob ein Teil der veruntreuten Gelder wiedererlangt werden kann oder nicht, schreibt die Staatsanwaltschaft.
61 Millionen verschwunden
Im Juli war bekannt geworden, dass 61 Millionen Euro von den Konten der Caritas verschwunden waren, unter anderem auf Konten der spanischen Bank BBVA. Die Transaktionen waren dabei innerhalb weniger Monate von Caritas-Konten bei der BGL BNP Paribas und BCEE durchgeführt worden, 28 Millionen Euro von dem Betrag sollen aus eigenen Reserven der Organisation stammen, für 33 weitere Millionen seien extra Kreditlinien aufgenommen worden.
Wie Tageblatt-Recherchen Ende August ergeben hatten, unterlagen die Konten bei der BBVA, auf die das Geld aus Luxemburg floss, bereits „Beschränkungen“. Diese hatte die spanische Bank im Rahmen bestehender Sicherheits- und Compliance-Protokolle verhängt. Und das, „bevor wir überhaupt von den Vorwürfen erfuhren“, wie die Bank gegenüber dem Tageblatt mitteilen ließ.
Die Luxemburger Staatsanwaltschaft hatte Anfang August berichtet, dass die Organisation wahrscheinlich Opfer eines „Präsidentenbetrugs“ geworden war. „Im Allgemeinen besteht der Präsidentschaftsbetrug darin, einen Mitarbeiter, der befugt ist, Zahlungen für eine Einrichtung zu tätigen, in eine Falle zu locken, damit er eine falsche Rechnung bezahlt oder eine nicht autorisierte Geldüberweisung tätigt“, schrieb die Staatsanwaltschaft damals. Diese These wurde mittlerweile auch angezweifelt.
Eine Caritas-Mitarbeiterin – die ehemalige Finanzchefin – steht im Verdacht, die Transaktionen angewiesen zu haben. Die Frau hatte sich am 20. Juli der Luxemburger Polizei gestellt, nachdem sie mit internationalem Haftbefehl gesucht wurde. Sie befindet sich noch immer unter „contrôle judiciaire“, wie die Staatsanwaltschaft vor zwei Wochen dem Tageblatt bestätigte.
CSSF untersucht den Fall
Die Caritas wurde inzwischen umorganisiert. Den karitativen Bereich, also Pflege, Obdachlosenhilfe, Flüchtlingsversorgung, übernahm die Organisation HUT, einige internationale Projekte wurden oder werden von anderen Hilfsorganisationen übernommen. Auch die Finanzaufsicht CSSF untersucht den Fall Caritas. Ein Ziel der Ermittlungen dürfte sein, wie die Caritas-Gelder von Luxemburger Banken ins Ausland überwiesen werden konnten. Laut einem Bericht von Reporter hat die Luxemburger Justiz in diese Richtung ebenfalls Vorermittlungen aufgenommen.
Die Rolle der Banken wird auch in der Politik diskutiert. Der CSV-Abgeordnete Laurent Mosar hat am Montag eine parlamentarische Anfrage gestellt. Er will von seinem Parteikollegen, Finanzminister Gilles Roth, wissen, ob die CSSF ihre Untersuchung bereits abgeschlossen hat – und welche Schlussfolgerungen gezogen werden.
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