„The Apprentice“ / Die Trump Origin Story, oder: Wie das Böse in die Welt kam
Dass der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump es gut verstanden hat, sich medial zu inszenieren, ist weithin bekannt. Er hat aus sich selbst ein popkulturelles Phänomen gemacht, ein Phänomen, dem sich der iranisch-dänische Regisseur Ali Abbasi mit seinem neuen Film „The Apprentice“ überaus schwarzhumorig widmet und versucht, Trump als die Karikatur zu entlarven, die er ist.
Der im Iran geborene Filmemacher Ali Abbasi betrachtete bereits in seinen Filmen „Border“ (2018), eine Fantasyerzählung über zwei Ausgegrenzte in Schweden, und „Holy Spider“ (2022), über einen fanatischen Frauenmörder im Iran, welch schmutzige Formen das Böse annehmen kann. Wenn zurzeit im Kino „Joker – Folie à deux“ die Ursprünge des bösen Gegenspielers von Batman beleuchten möchte, so ist „The Apprentice“ in vielerlei Hinsicht eine ähnliche „Origin Story“ eines Superschurken.
Darin verfolgen wir die Anfangsjahre des späteren US-Präsidenten Donald Trump, wie er sich im New York der Siebzigerjahre als Immobilienhai einen Namen in der Welt des Großkapitals macht und dabei die Karriereleiter rücksichtslos emporklettert. Dafür geht Trump (Sebastian Stan) zunächst bei dem Rechtsanwalt Roy Cohn (Jeremy Strong) in die Lehre, dessen Unterweisungen prägend sein sollten für die Karriere Trumps. Aus der Rückschau werden so viele seiner abstrusen Amtshandlungen als US-Präsident Trump verständlicher. Denn Trump, so sagt uns „The Apprentice“, ist der Aufsteiger ohne Hemmungen in einer Welt des krankhaften Hedonismus.
Ali Abbasis erster englischsprachiger Film versucht den Aufstieg eines popkulturellen Phänomens und eines menschlichen Monsters im Stile des Mocumentary – als eine Fiktion im Modus der Nichtfiktion – aufzuarbeiten, für den die gleichnamige Reality-TV-Serie und das Buch „The Art of the Deal“ die hauptsächlichen Bezugsquellen sind – jene Quellen, die Trump maßgeblich zum Medienstar machten. Dass nun der Titel der einstigen Serie für Trumps Aufstieg ebenso geltend gemacht wird, ist ein offenkundiges Kratzen an dem von Trump so oft propagierten Image des Selfmademans.
Bezüge zur Mafia
„The Apprentice“ ist eine Mythendekonstruktion und erzählt überaus schwarzhumorig von der Beziehung zwischen dem jungen Trump und dem schwulen jüdischen Cohn, die eine rein geschäftliche ist, aber seitens von Cohn auch homoerotisch aufgeladen ist. Stan gibt seinen Trump mit einer Mischung aus vorerst zögerlichem Misstrauen, ehrfürchtigem Staunen und unbändiger Faszination. Der Anwalt und Mentor wird Trump das ebenso simple wie simplistische Regelwerk für seine Karriere darlegen. Eindrücklich schildert der Film, wie da versucht wird, die Komplexität der modernen Welt auf drei Gebrauchsformeln zu bringen: 1) Die Welt ist ein Chaos. Angreifen. Angreifen. Angreifen. 2) Alles ist zu verneinen, niemals etwas zugeben und 3) Gestehe nie eine Niederlage ein, sogar wenn du geschlagen bist.
Auffallend sind auch die vielen Bezüge zur Mafia, die der Film spielerisch herstellt. Da sitzt man mit Tony Salerno gemeinsam am Tisch und plaudert. Nicht nur unter diesem Bezug erinnert der Film an die virtuosen Arbeiten Martin Scorseses, sondern auch mit Blick auf die pathologische Dimension der Gier. „Casino“ (1995) und „Wolf of Wallstreet“ (2013) sind einem im Hinterkopf präsent: Da wie hier gibt es keine Liebe, nur Geschäftsverträge, es gibt keine größere Form der Kunst, als Geld anzuhäufen, und Frauen sind reine Statusobjekte, die auf derbste und misogynste Weise auf reine Körperlichkeit reduziert werden. Es ist eine Welt der grotesken verkürzten Analogien, die bis zu einer Verknappung der Sprache führt. In diesen Verkümmerungserscheinungen versucht Ali Abbasi Trump als die Karikatur zu sehen, die er ist. Kaum verwunderlich also, dass Donald Trump gleich nach der Premiere des Films bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes ankündigte, gegen „The Apprentice“ gerichtlich vorzugehen, um seine Ausstrahlung zu unterbinden.
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