Caritas-Skandal / Finanzdirektorin soll auf Wahrsagerin hereingefallen sein – 35 Millionen in China
Neue, kuriose Details im Caritas-Skandal: Laut einem Medienbericht soll die Finanzdirektorin der Organisation vor dem Betrug ihr Herz bei einer Wahrsagerin ausgeschüttet haben. Die Hellseherin gab die Informationen offenbar an eine bulgarische Betrügergang weiter.
61 Millionen Euro sind von den Konten der Luxemburger Caritas verschwunden. Im Zentrum des Skandals – und der Ermittlungen: Die ehemalige Finanzdirektorin der Organisation. Die Luxemburger Staatsanwaltschaft verfolgt die Spur, dass die Frau von Kriminellen hereingelegt wurden, die sich als ihre Vorgesetzten ausgaben – einen sogenannten „Präsidentenbetrug“. Inzwischen hat die Justiz „mehr als 8.200 Transaktionen“ in Zusammenhang mit dem Betrug identifiziert.
Das Geld soll vor allem nach China überwiesen worden sein. Das berichtet die Rechercheplattform Reporter am Donnerstag. 35 Millionen Euro haben die Behörde demnach im Reich der Mitte aufgespürt, zehn Millionen davon in Hongkong. In Litauen seine zwischen acht und neun Millionen Euro entdeckt worden. Nur etwas mehr als 300.000 Euro seien bei der spanischen Bank Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) geblieben und könnten zurückgefordert werden – dem Geldinstitut, zu dem Caritas-Millionen überwiesen.
Geheimnisse aus dem Intimleben
Laut Reporter soll ein „kriminelles Netzwerk aus Bulgarien“ hinter dem Coup stecken. Das habe eine Schwäche der Finanzchefin ausgenutzt: Telefonate der Frau mit einer Wahrsagerin. Die habe ihre Dienstleistungen von Spanien aus auch in Belgien angeboten – dem Wohnort der Caritas-Frau. Die telefonischen Beratungen sollen 600 Euro monatlich gekostet haben. „Die Finanzdirektorin vertraute ihrer Gesprächspartnerin Geheimnisse über ihr Intim- und Familienleben an und sprach über ihre beruflichen Probleme, organisatorische Schwächen und ihre psychische Belastung“, schreibt Reporter. Aber: Die Wahrsagerin soll mit den bulgarischen Betrügern unter einer Decke gesteckt haben – und denen Informationen für den Betrug zukommen gelassen haben. Dem Rechercheportal liegen keine Informationen vor, dass die Wahrsagerin zu dem Fall befragt wurde.
Die Finanzdirektorin genoss laut Reporter „das volle Vertrauen der anderen Führungskräfte“. Sie sei aber „mit Arbeit überhäuft gewesen“, und nicht mehr in der Lage gewesen, klar zu reagieren, wird eine Kollegin der Frau zitiert. Monatelang soll sie Anordnungen ausgeführt haben, die ihr telefonisch und per E-Mail von einem vermeintlichen Pariser Anwalt erteilt wurden – und per E-Mail für von jemandem, der sich als Caritas-Direktor Marc Crochet ausgab. Unter Bezug auf einen Insider schreibt Reporter, dass Crochet selbst „für das Tagesgeschäft kaum verfügbar war und viele Aufgaben delegierte“. Zudem soll die Beziehung zwischen Crochet und der Finanzdirektorin angespannt gewesen sein. Crochet selbst sei während des Betrugs für fünf Wochen in Urlaub gewesen.
Die fragwürdigen Überweisungen sollen alle drei Mitglieder des comité de directions abwechselnd unterzeichnet haben. „Sie unterschrieben buchstäblich Blankoschecks“, schreibt Reporter. „Niemand bemerkt in den fast fünf Monaten, dass die Organisation auf den Ruin zusteuert.“
Hauptquartier in Spanien
Auch die bulgarischen Täter sollen ihr Hauptquartier in Spanien gehabt haben. Eben dort, wo auch die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) ihren Sitz hat. Laut Reporter hatten die Betrüger bei der BBVA Konten für Briefkastenfirmen oder spanische Einwohner eröffnet. Auf diese flossen dann die Überweisungen aus Luxemburg. Dass es zwischen den Namen der Empfänger der Überweisungen – Caritas-Organisationen oder -Partner – und den eigentlichen Kontoinhabern Diskrepanzen gab, könnte der Bank noch Haftungsklagen einbringen, schreibt Reporter. Ein Grund dafür: Die Konten bei der BBVA standen bereits vor den Vorwürfen unter Beobachtung, wie Tageblatt-Recherchen ergeben haben.
Die Luxemburger Staatsanwaltschaft hat auch eine Voruntersuchung gegen die betroffenen Banken hierzulande eingeleitet – die BGL BNP Paribas und Spuerkeess. Dort hatte die Caritas ihre Konten, von denen die Millionen überwiesen wurden.
Reporter.lu zitiert auch den Anwalt der Finanzdirektorin: „Es ist klar, dass es sich um einen Präsidentenbetrug handelt. Nichts in der Akte kann darauf hindeuten, dass meine Mandantin hinter all dem steckt.“ Der Fall sei unglaublich. „Aber die Alternative, dass meine Mandantin den Betrug organisiert hat, ist noch unwahrscheinlicher“.
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