Luxemburg / Nach Pfusch bei Renovierung: Düdelingerin wehrt sich gegen Baufirma aus Esch
Zahlreiche Flecken, ein halb gefliestes Schlafzimmer und zum Teil kein Strom – unter anderem das hinterließ eine Baufirma mit Sitz in Esch im Haus von Jenny Leonardis. Die Düdelingerin beauftragte diese mit der Renovierung ihres Zuhauses und erzählt von einer Situation, in der es am Ende nur noch einen Ausweg für sie gab: die Arbeiter vor die Tür zu setzen.
Vor mehr als einem Jahr begann die Situation, von der Jenny Leonardis sagt, dass sie ihr heute noch Albträume beschert. Im Sommer 2023 entscheidet sich die 46-Jährige dazu, ihr Haus in Düdelingen zu renovieren. Ein kleineres Unternehmen soll den Auftrag bekommen. „Ich dachte, dass ein solcher Betrieb noch einen guten Ruf zu verlieren hat. Bei größeren Firmen ging ich davon aus, dass es eher zu Problemen kommen kann“, erklärt Jenny Leonardis im Gespräch mit dem Tageblatt. Ihre Wahl fällt damals auf einen Familienbetrieb mit Sitz in der Escher Brill-Straße, der damit wirbt, als alleiniger Ansprechpartner alle Arbeiten zu erledigen.
Im Haus der Düdelingerin soll somit „Eva Construction“ die Elektrik erneuern, neue Fliesen verlegen und einige Wände streichen. Auch der in die Jahre gekommene Balkon soll saniert werden. „Der war schon vor der Renovierung in keinem guten Zustand. Allerdings hat sich die Situation danach nur verschlimmert“, erzählt Jenny Leonardis. Zwei bis drei Wochen sind für die Arbeiten vorgesehen, einen genauen Zeitplan erhält sie nicht. Klar aber ist: Ein Stockwerk soll zuerst erneuert werden. In das soll die alleinerziehende Mutter mit ihren beiden Söhnen dann einziehen, während in den anderen Räumen weitergearbeitet wird. Jenny Leonardis ist sich bewusst, dass die Familie also zeitweise auf einer Baustelle leben wird.
Zunächst läuft alles „tipptopp“. Zuerst sind hauptsächlich drei Arbeiter auf der Baustelle präsent. „Sie waren diskret und ich habe ihnen auch mal Kuchen mitgebracht“, erinnert sie sich. Doch dann beginnt es, „kompliziert zu werden“, wie die 46-Jährige beschreibt. „Zuerst sind mir Kleinigkeiten aufgefallen. Dass die Baustelle zum Beispiel nicht mehr sauber war. Aber er hatte immer eine Ausrede“, sagt sie. Mit „er“ meint Jenny Leonardis den geschäftsführenden Partner der Baufirma. Als „charmant, höflich und nett“ beschreibt sie den stets gut gekleideten Mann. Ein Notfall bei anderer Kundschaft oder ein vergessener Industriestaubsauger nennt Ignace Tchaha damals als Gründe, für etwas Unordnung auf der Baustelle.
Ungeübte Maler
„Wenn ich von der Nachtschicht nach Hause gekommen bin, habe ich erst mal zwei Stunden hier geputzt, weil alles so staubig war“, erzählt die Flugbegleiterin bei einem Gespräch in ihrem Haus. Ein Schuttrohr verwenden die immer öfter wechselnden Handwerker – die inzwischen auf der Baustelle auftauchen – nicht. „Ihre Eimer haben sie in der Toilette entleert. Ich konnte das WC eine Zeit lang nicht nutzen, weil die Rohre verstopft waren.“ Ungeübte Maler hinterlassen beim Streichen Flecken an der Decke, an Türrahmen und an den rustikalen Deckenbalken im Haus. Noch heute sind in vielen Räumen Farbrückstände zu sehen.
„Wenn der Vater oder ein Freund mit anpackt und es kommt dabei zu Klecksen, ist das nicht schlimm. Aber ich bezahle eine Firma für diese Arbeiten“, erklärt Jenny Leonardis. Als sie den Chef der Baufirma auf die Flecken hinweist, sagt er, dass sie diese einfach wegkratzen soll. Makel in der Ecke hinter einer Tür könne sie durch die geöffnete Tür verstecken, findet er. Die Kundin will das nicht länger hinnehmen und schlägt einen schrofferen Ton an. „Das gefiel ihm gar nicht. Immer öfter wurde er frech, wenn ich mich beschwerte. Ich hatte mir das von diesem Mann nie so erwartet“, erinnert sich die energische Frau.
Schon bald erzählt ihr ein Arbeiter – mit dem sie sich bis heute gut versteht und dem sie keine Vorwürfe macht –, dass die Firma zu viele Aufträge angenommen hat. Aus Zeitdruck werden Mauern verputzt und gestrichen, bevor der Elektriker fertig mit seiner Arbeit ist. An einem Tag im September hört Jenny Leonardis, wie ein Angestellter am Telefon mit seinem Chef streitet. Danach teilt der Handwerker der Kundin mit, dass er zu einer anderen Baustelle muss. „Der Mann sagte mir, dass sein Chef das absichtlich tat, weil ich ihm auf den Sack gehen würde. Sein Mitarbeiter fühlte sich deshalb schlecht und sagte, dass er kündigen würde.“ Inzwischen arbeitet der Elektriker nicht mehr in dem Betrieb und hat Jenny Leonardis erzählt, dass er während drei Monaten kein Gehalt erhielt.
Gestresste Familie
Noch heute gibt es auf einem Stockwerk im Haus keinen Strom, weil der Elektriker seine angefangene Arbeit damals nicht beenden konnte. Bis Februar 2024 müssen die Mutter und ihre beiden Söhne ohne ganzheitlich funktionierendes Licht auskommen. Die Kinder fühlen sich nicht wohl im Haus, wollen niemanden zu sich einladen. „Sie bekamen die ganzen Streitereien mit und sahen, wie ich am Telefon die Nerven verlor und weinte“, erzählt Jenny Leonardis. Sie berichtet von ihren Albträumen, Stress und Panikattacken.
Ich wollte nicht, dass sie mein Haus weiter beschädigenKundin eines Bauunternehmens
Erst seit einem Monat ist ihr Zimmer fertig gefliest. Weil auf der Baustelle teure Fliesen gestohlen wurden, konnte der Boden im Schlafzimmer zunächst nur halb verlegt werden. Fotos davon und von weiteren Mängeln wurden in einem Bericht festgehalten. 78 Seiten hat das Dokument, das dem Tageblatt vorliegt. Darin stellt ein Experte fest, dass die Baustelle „ohne jegliche Sorgfalt durchgeführt wurde“ und es einen „großen Mangel an Koordination“ gab. Von „Basteleien“ ist die Rede. Den Experten schaltet Jenny Leonardis ein, nachdem ein Gerichtsvollzieher ihr nach Besichtigung der Baustelle dazu rät, die Baufirma nicht mehr in ihr Haus zu lassen.
Für die Düdelingerin ist zu dem Zeitpunkt klar: Sie will das Unternehmen aus dem Haus haben. Um den Vertrag mit diesem auflösen zu können, muss sie den Pfusch der Firma allerdings beweisen – und schaltet deshalb den Experten ein. Kostenpunkt für seine Arbeit: 10.000 Euro. Wie viele andere wahrscheinlich auch kann sich Jenny Leonardis das nicht auf einen Schlag leisten. Sie begleicht die Rechnung in Raten. „Ich wollte nicht, dass sie mein Haus weiter beschädigen, deshalb musste die Sache vor Gericht“, sagt sie. Rund 30.000 Euro hat die Kundin dem Bauunternehmen zu dem Zeitpunkt bereits gezahlt, etwa 50.000 sollten die Arbeiten ursprünglich kosten. „Das Geld ist weg“, stellt Jenny Leonardis fest.
Verzweifelte Kundschaft
Sie rechnet auch bei einem zu ihren Gunsten ausgehenden Gerichtsverfahren nicht damit, das Geld wiederzusehen. Denn sie ist nicht die einzige Kundin, bei der die Firma aus Esch Schäden verursacht hat und die gegen diese vorgeht. Das zeigt eine weitere, dem Tageblatt vorliegende Expertise von 65 Seiten von einem anderen Haushalt. In einer Gruppe bei WhatsApp haben sich fünf Menschen zusammengeschlossen, die Opfer von der Baufirma wurden und von „schmerzhaften Erinnerungen“ sprechen. Viele leben noch heute in nicht fertig renovierten Räumen.
Jenny Leonardis für ihren Teil hat in den vergangenen Monaten mehr als 11.500 Euro gezahlt, um Mängel zu beseitigen und in einem Haus leben zu können, in dem sie und ihre Söhne sich wohlfühlen. Einiges muss noch gemacht werden. Hinzu kommen Gerichtskosten und eben 10.000 Euro für die Expertise samt Bericht. Geld für ein Verfahren vor Gericht – das sich ihrer Anwältin zufolge noch etwa zweieinhalb Jahre hinziehen könnte – hat die taffe Flugbegleiterin keines mehr.
Damit nicht noch mehr Menschen das Gleiche wie sie durchmachen müssen, will sie trotz Furcht vor der Reaktion des Geschäftsmanns ihre Geschichte öffentlich machen. Und: Sie will eine Petition auf die Beine stellen, damit Personen in ihrer Situation nicht die Kosten für eine Expertise übernehmen müssen. „Viele wehren sich aus dem Grund nämlich nicht. Man muss das Geld für einen Experten vorstrecken und wenn man das nicht kann, hat man eben Pech“, stellt Jenny Leonardis fest. Dagegen will die Düdelingerin vorgehen. Denn, so sagt sie: „Das geht nicht, dass das einfach so machbar ist.“
Das sagt das Bauunternehmen
Fünf Haushalte haben sich bei einer Gruppe bei WhatsApp zusammengeschlossen und berichten von schlechten Erfahrungen, die sie mit einer Baufirma mit Sitz in Esch gemacht haben. Nicht sauber ausgeführte oder nicht zu Ende geführte Arbeiten sind der Vorwurf. Ignace Tchaha von „Eva Construction“ spricht von lediglich zwei Kunden, bei denen es ihm zufolge nicht gut verlaufen sei. „Sodass sie beschlossen, mich zu zerstören und zu sabotieren“, sagt der Mann, der sich auf der Webseite des Unternehmens Igance schreibt. Der geschäftsführende Partner erklärt schriftlich, dass die Kundschaft trotz Mahnungen Rechnungen nicht bezahlt habe und die Firma daraufhin die Arbeiten einstellte. Gespräche mit einigen Betroffenen zeigen, dass sie wegen verpfuschten Aktionen keine weiteren Vorauszahlungen leisten wollten oder skeptisch wurden, als immer weitere Vorschüsse verlangt wurden. Ignace Tchaha dagegen erklärt, dass nicht zahlende Kundschaft sowie die Krise der Grund dafür, seien, dass das Unternehmen Beginn Oktober Insolvenz anmelden musste. Auch seine Firma „Eva Real Estate Promotion Immobilière“ ist ihm zufolge pleite. Die Gutachten – die auf mehreren Seiten unter anderem in Bildern offensichtliche Mängel festhalten – haben für den Geschäftsmann keine Gültigkeit, da diese von bezahlten Experten angefertigt wurden. Auf die wiederholte Frage, ob seiner Ansicht nach alle Arbeiten sauber ausgeführt wurden, antwortet Ignace Tchaha nicht.
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