HC Berchem / Daniel Scheid: „Der Wechsel war nach der Verletzung die Chance, nochmal neu zu starten“
Daniel Scheid fühlt sich inzwischen wieder wohl auf dem Handballfeld. Nachdem er sich im Oktober 2023 die Achillessehne gerissen hatte, gab der 32-Jährige zu Beginn dieser Saison sein Comeback. Allerdings nicht im Trikot der Red Boys. Der ehemalige Nationalspieler entschied sich im Sommer für einen Neuanfang in Berchem. Am Mittwoch kommt es nun zum Wiedersehen mit seinem alten Verein. Davor blickt er im Gespräch mit dem Tageblatt auf die vergangenen Monate zurück.
Tageblatt: Daniel Scheid, Sie spielen nach zehn Jahren bei den Red Boys seit dieser Saison für Berchem. Wie haben Sie sich bei Ihrem neuen Verein eingelebt?
Daniel Scheid: Es war natürlich eine Umstellung, ich muss aber sagen, dass ich mich in Berchem extrem wohlfühle. Die Eingewöhnung war sehr einfach. Der Verein hat mich mit offenen Armen empfangen, was mir das Leben leichter gemacht hat. Ich bin zwar erst seit vier Monaten da, aber es fühlt sich bereits jetzt so an, als wäre ich ewig dabei.
Wie blicken Sie aus persönlicher Sicht auf Ihre ersten Spiele im neuen Trikot zurück?
Am Anfang war die Situation komisch. Ich hatte aufgrund einer Verletzung ein Jahr lang keinen Handball mehr gespielt. Es war zwar kein Neuland, aber ich musste trotzdem wieder von vorne anfangen. Die Mannschaft hat mich dabei unterstützt und mir die Zeit gegeben, um mich zurückzukämpfen. Dafür will ich mich bei allen bedanken. Mein Ziel nach dem Wechsel war es, im August die Vorbereitung mitzumachen, um dann im ersten offiziellen Saisonspiel, dem Supercup, mitspielen zu können. Das Ziel habe ich erreicht.
Und wie fällt die mannschaftliche Bilanz bisher aus?
Die Mannschaft hat sich, bis auf mich für Philipp Leist, quasi nicht verändert und spielt seit Jahren zusammen. Man kennt sich sehr gut. In der Meisterschaft haben wir so die letzten Wochen guten Handball gezeigt und bis auf das Unentschieden in Düdelingen nur deutliche Siege gefeiert. Am Mittwoch wartet jetzt mit den Red Boys ein harter Brocken. Mit dem Ausfall von Yann Hoffmann wird das nicht leicht, ich bin aber überzeugt, dass andere Rückraumspieler wie Raphael Guden, Lé Biel, Slobodan Ervacanin oder Ben Majerus in seine Fußstapfen treten und die Verantwortung übernehmen. Sie sind sicherlich in der Lage, das zu machen.
Sie haben Yann Hoffmann angesprochen. Er hat sich, wie auch Sie letzte Saison, einen Achillessehnenriss zugezogen und wird sehr lange ausfallen. Wie schwer war es für Sie, mit dieser Verletzung umzugehen?
Als sich Yann im Länderspiel in der Coque verletzte, war es für mich wie ein Déjà-vu. Ich habe den Schmerz sehr gut nachempfinden können. Yann ist charakterlich aber ein extrem starker Mensch, der gewillt ist, zurückzukommen. Das war auch bei mir der Fall. Ich wollte von Anfang an nicht, dass diese Verletzung mein Karriereende bestimmt. Ich wollte mich unbedingt zurückkämpfen. Ich wurde sofort, nachdem es passiert war, operiert und bin danach gleich zum Physiotherapeuten gegangen. Er hat mir sehr geholfen. Von November 2023 bis Juni 2024 hatte ich zwei bis drei Einheiten die Woche, um langsam wieder aufgebaut zu werden. Es war sehr kräftezehrend. Ich denke, wenn man ein Ziel vor Augen hat, fällt einem die ganze Reha auch etwas leichter.
Die Verletzung zogen Sie sich gleich zu Saisonbeginn am 14. Oktober 2023 im Europapokalspiel gegen IBV Vestmannaeyjar (ISL) zu. Wie lange hat es gedauert, bis Sie wieder ins Training einsteigen konnten?
Von November 2023 bis Mai 2024 habe ich nichts anderes gemacht, als Muskelaufbau beim Physiotherapeuten, damit alles zusammenhält. Als ich danach wieder laufen konnte und mich etwas seitlich und nach vorne bewegen konnte, bin ich wieder zum Training mit den Red Boys gegangen. Ich habe nicht an den Mannschaftseinheiten teilgenommen, sondern habe an der Seite für mich gearbeitet. Erst als ich im Sommer nach Berchem gewechselt bin, habe ich wieder komplett mit der Mannschaft trainiert. Im Juli ging es erst einmal um den physischen Aufbau, das hat meinen Muskeln in den Beinen und auch der Achillessehne gutgetan. Im August bin ich dann wieder in den Handball eingestiegen.
Können Sie mittlerweile den Platz wieder mit einem guten Gefühl betreten?
Ja, ganz klar. Ich muss schon zugeben, dass der erste Sprung von außen in den Kreis nach der Verletzung komisch war. In den ersten Wochen der Vorbereitung hatte ich die Achillessehne schon noch im Hinterkopf und habe immer gedacht: Hoffentlich hält das Ganze. Auch weil ich noch Defizite hatte, was Sprungkraft und Schnelligkeit angeht. Mit der Zeit wurde das aber besser. Ich fand zurück in meine Routine. Heute denke ich eigentlich gar nicht mehr daran und spiele wieder ohne Angst.
Geht man trotzdem vorsichtiger heran, weil man vielleicht im Hinterkopf hat, dass eine solche Verletzung aus dem Nichts passieren kann?
Sie kam nicht ganz aus dem Nichts. Ich muss zugeben, dass die Verletzung auch meine eigene Schuld war. Ich hatte davor schon während anderthalb Jahren Schmerzen an der Achillessehne, habe aber nicht auf meinen Körper gehört und sie nicht geschont. Wenn man in ein gewisses Alter kommt, ist es aber wichtig, auf die Signale des Körpers zu hören. Es ist besser, vielleicht einmal eine Woche zu verpassen, als danach ein ganzes Jahr. Das ist die Lehre, die ich aus dieser Verletzung ziehe. Man muss auf die Signale des Körpers hören.
Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es kein besonderes Spiel wird. Ich war zehn Jahre lang in dem Verein, kenne die meisten Spieler sehr gut und bin mit vielen auch befreundet. Jetzt gegen sie zu spielen, wird ganz sicher komisch.über das erste Wiedersehen mit den Red Boys
Hatte die Verletzung einen Einfluss auf Ihren Wechselwunsch? Oder warum haben Sie sich dazu entschieden?
Es gab ein paar Unstimmigkeiten zwischen mir und den Red Boys. Es hat am Ende nicht mehr gepasst. Auf die Gründe will ich nicht öffentlich eingehen. Ich wollte aber nicht nur deswegen wechseln. Ich bekam das Angebot von Berchem und die Möglichkeit, für den Klub zu spielen. Da ich von der Philosophie überzeugt bin und gerne Teil davon sein wollte, nahm ich das Angebot an. Der Wechsel war nach der Verletzung auch die Chance, nochmal neu anzufangen.
Was sind Ihre Ambitionen mit Berchem?
Mein Ziel ist es, mit Berchem Titel zu gewinnen. Wir haben die Mannschaft, um das zu erreichen. Den Supercup haben wir schon geholt, wichtig wäre es, den Meistertitel zu verteidigen, was nicht einfach wird. Einen Titel zu gewinnen, ist schwer, einen Titel zu verteidigen, ist aber noch schwerer. Neben dem Meistertitel ist natürlich auch der Pokal nicht zu vergessen, da ist immer alles offen. Auf persönlicher Ebene wäre ich froh, verletzungsfrei zu bleiben.
Am Mittwoch treffen Sie jetzt mit Ihrem neuen Verein Berchem erstmals auf Ihren alten Verein Red Boys. Fiebern Sie dem Wiedersehen mit Ihren alten Teamkollegen entgegen?
Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es kein besonderes Spiel wird. Ich war zehn Jahre lang in dem Verein, kenne die meisten Spieler sehr gut und bin mit vielen auch befreundet. Jetzt gegen sie zu spielen, wird ganz sicher komisch, aber auch besonders sein. Ich denke, dass wir das während 60 Minuten ausblenden müssen. Wir reisen ganz klar nach Differdingen, um das Spiel zu gewinnen. Dafür werden wir auf dem Platz alles geben. Nach dem Spiel können wir dann gerne wieder als Freunde zusammen etwas trinken.
Das Nachholspiel gegen die Red Boys am Mittwoch ist der Auftakt einer wichtigen Woche für Berchem. Danach treffe Sie nämlich am Samstag auf Düdelingen. Es sind neben Berchem die beiden favorisierten Mannschaften in dieser Saison …
Es sind diese drei Mannschaften, die wahrscheinlich am Ende ganz oben mitmischen werden. Wir spielen jetzt innerhalb von vier Tagen gegen Differdingen und Düdelingen. Es wäre wichtig, positiv aus diesen Tagen herauszukommen, um danach vielleicht einen kleinen Puffer in der Tabelle zu haben. Es werden sicherlich harte Tage, aber ich bin zuversichtlich, dass wir mit unserer Mannschaft gute Ergebnisse erzielen werden.
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