Leserforum / Führt das postfaktische Zeitalter in die Postdemokratie?
Mit Joshua Cohen, einem preisgekrönten Intellektuellen, warnt der nächste kluge Kopf vor den Fallstricken eines postfaktischen Zeitalters, in dem die empirisch belegbaren Realitäten einer auf Zorn gründenden zweiten Realität weichen.
Die erneute Wahl eines D. Trump einerseits und die vielen Falschbehauptungen im Nahost-Konflikt zeigen: Mit Dummheit befeuerte Wut kommt vom linken und rechten Rand gleichermaßen. Die sogenannten „Eliteuniversitäten“ in den USA und einige ihrer ideologischen Ableger in Europa haben sich den postkolonialen Diskurs auf die Fahnen geschrieben, wonach die westlichen Länder als Ex-Kolonialmächte am Elend der ganzen Welt Schuld tragen. Neben der Tatsache, dass dies nur eine andere Ausprägung eines sich selbst erniedrigenden „Willens zur Macht“ ist, dient diese mit boshafter Moral unterfütterte Zuschreibung dazu, jede freie Debatte im Keim zu ersticken. Ist man nicht vollends auf der Seite der Palästinenser, dann gilt man eo ipso als Faschist, als Herrenmensch usw. Dabei hört man nie einen sog. „Palästinenseranhänger“ über das Leid der Uiguren in China klagen. Der Grund liegt in der schrägen Intersektionalitätstheorie Marke „Berkeley“: Chinesen können als Nicht-Westler doch gar nicht so böse sein, Minderheiten wie die chinesischen Muslime in Lagern zusammenzupferchen. Die Erbsünde 3.0 erachtet nur den Vertreter der westlichen Kultur einer solchen Barbarei für fähig.
Am anderen Ende der Werteskala, bei unseren „Freunden“ ganz rechts, steht ebenfalls die Meinung über verifizierbaren Fakten. In den USA glauben Hunderttausende Verschwörer daran, dass die Clintons, die Gates und die Obamas in pädo-kriminelle Machenschaften verwickelt sind. Millionen von Wählern haben Trump nicht widersprochen, als dieser behauptete, bestimmte Migrantengruppen würden die Haustiere der „Autochthonen“ essen. Dass mit „Autochthonen“ eigentlich die seit jeher ausgestoßenen und vertriebenen Ureinwohner Nordamerikas gemeint sein müssten und nicht Trumps überwiegend weiße Anhänger, fiel niemandem auf. Über diese in ihren Reservaten vor sich hinvegetierenden Menschen schweigt sich sowohl die Linke als auch die Rechte aus. „Keine Lobby, keine Stimme“ muss es wohl für die Ureinwohner heißen.
Derweil geht das postfaktische Aufrüsten munter weiter, auf Kosten der Demokratie und des gesellschaftlichen Friedens.
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