COP in Baku / Einigung auf höhere Klimafinanzierung - Massive Kritik an Beschlüssen
Die UN-Klimakonferenz in Baku ist mit einem viel kritisierten Minimalkompromiss zu Ende gegangen. Der in der Nacht zum Sonntag beschlossene neue Finanzrahmen für die Klimafinanzierung in ärmeren Ländern sieht vor, dass der jährliche Beitrag vor allem der Industriestaaten bis 2035 auf mindestens 300 Milliarden Dollar erhöht wird. Entwicklungsländer kritisierten dies allerdings als völlig unzureichend. Enttäuschung löste zudem das Fehlen neuer Beschlüsse zur Abkehr von fossilen Energieträgern aus.
Die zweiwöchige Weltklimakonferenz endete Sonntagfrüh nach nächtelangen Verhandlungen mit anderthalbtägiger Verspätung. Der Beschluss zur Finanzierung von Klimaschutz und der Anpassung an Klimafolgen blieb weit hinter den Forderungen von Entwicklungsländern zurück, bedeutet aber eine Verdreifachung der aktuellen Verpflichtung von jährlich 100 Milliarden Dollar. Die Entwicklungsländer hatten während der Konferenz 1,3 Billionen Dollar jährlich bis 2035 gefordert, mindestens aber bis 2030 eine Erhöhung der Beiträge der Industriestaaten auf 500 Milliarden Dollar.
Die Summe von 1,3 Billionen Dollar wird nun in dem Beschluss als vage Zielgröße genannt. Um Möglichkeiten auszuloten, die Summe aufzubringen, wurde ein Prozess namens „Baku to Belem roadmap“ beschlossen. Im brasilianischen Belém findet kommendes Jahr die nächste Weltklimakonferenz statt. Industriestaaten hatten eine Einbeziehung auch wirtschaftlich starker Schwellenländer wie China gefordert. Entwicklungsländer, zu denen China formal immer noch zählt, werden in dem Beschlusstext nun allerdings lediglich „ermutigt“, „auf freiwilliger Basis“ Beiträge zu leisten.
Wiederholt gab es während der COP29 heftige Kritik an der aserbaidschanischen Präsidentschaft der Konferenz. Frankreichs Umweltministerin sprach „von echter Desorganisation und Führungslosigkeit“. Vertreter besonders verletzlicher Länder wie der kleinen Inselstaaten hatten zwischendurch aus Protest die Verhandlungen verlassen, weil sie sich übergangen fühlten.
„Zu wenig und zu spät“
Nach dem Abschluss erhob die indische Unterhändlerin Chandni Raina schwere Vorwürfe. Die genannte Summe sei „abgründig klein“ und „dürftig“, sagte sie. Auch Vertreter weiterer Entwicklungsländer kritisierten den Beschluss scharf. Die Gruppe afrikanischer Unterhändler nannte die Vereinbarungen „zu wenig und zu spät“. „Wir sind extrem enttäuscht über den Mangel an Fortschritt bei den für Afrika wichtigen Themen“, sagte Chef-Unterhändler Ali Mohamed.
UN-Klimasekretär Simon Stiell räumte ein, der Beschluss sei kein Grund „für Siegesfeiern“. Die Teilnehmer reisten mit „einem Berg an Arbeit“ ab, sagte er. Gleichwohl beginne mit dem Beschluss „eine neue Ära“. Diese Formulierung wählte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und versprach, die EU werde weiter führend bei der „Unterstützung der Verletzlichsten“ sein. Vom Einstieg in ein neues Kapitel der Klimafinanzierung sprach auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Der Kritik der Entwicklungsländer entgegnete sie, es gebe nun zumindest „einen Startpunkt“.
Die vorgesehene Unterstützung „wird dem wachsenden Bedarf der einkommensschwachen Länder im Kampf gegen die Klimakrise nicht gerecht“, kritisierte Jan Kowalzig von Oxfam. Auch wegen der ungenügenden Beschlüsse zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes befinde sich die Welt weiter „auf Katastrophenkurs“. Sabine Minninger von Brot für die Welt erklärte, um ein Scheitern der Konferenz zu verhindern, hätten die verletzlichsten Staaten „ein Ergebnis mitgetragen, das ihren Bedürfnissen überhaupt nicht gerecht wird“.
Welt weiter „auf Katastrophenkurs“
US-Präsident Joe Biden nannte das neue Klimafinanzierungsziel hingegen „ehrgeizig“ und einen „bedeutenden Schritt“. Vor dem Hintergrund des anstehenden Regierungswechsels in Washington, wo im Januar der Rechtspopulist Donald Trump übernimmt, der fossile Energien wieder ausbauen will, sagte Biden, die „Revolution der sauberen Energie“ könne „niemand“ rückgängig machen.
Eine Bekräftigung der wegweisenden Beschlüsse der Vorgängerkonferenz von Dubai für eine Abkehr von fossilen Brennstoffen und eine Verdreifachung erneuerbarer Energien bis 2030 kam in Baku nicht zustande. Einem Beschlussentwurf zufolge hätte es lediglich einen diskreten Verweis auf diese Beschlüsse geben sollen. Dagegen wandten sich jedoch die Delegationen Chiles, Kanadas und der Schweiz, um einen „Rückschritt“ zu verhindern. Die Vorlage werde „der Realität der Klimakrise nicht gerecht“, hieß es vonseiten der kleinen Inselstaaten. „Unsere Inseln versinken“, sagte der Unterhändler der Allianz der kleinen Inselstaaten, Cedric Schuster.
Der betreffende Beschlussentwurf wurde daraufhin auf das kommende Jahr vertagt. Hier besteht nun nächstes Jahr bei der UN-Klimakonferenz im brasilianischen Belém die Chance für eine Nachbesserung.
Dem Ziel Klimaneutralität wiederum haben die Konferenzbeschlüsse, wie der Kieler Wissenschaftler Mojib Latif schon kurz vor dem Schluss der COP nüchtern feststellte – abgesehen von pflichtschuldigen allgemeinen Bekenntnissen zur 1,5-Grad-Grenze und Emissionssenkung –, erst einmal „nichts gebracht“. Letztlich könnte die Konferenz von Baku dennoch einen Beitrag zur Senkung der Emissionen geleistet haben: Die Finanzmittel, die hier beschlossen wurden, sollen ungeachtet aller Kritik an ihrer Höhe schließlich auch maßgeblich dazu beitragen, Klimaschutzinvestitionen in Entwicklungsländern voranzutreiben.
„Es ist skandalös, dass es der Öl- und Gaslobby mithilfe einiger Ölstaaten in Zusammenarbeit mit dem Gastgeberland gelungen ist, alle notwendigen Beschleunigungen zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zu blockieren“, erklärte Martin Kaiser von Greenpeace. Das Climate Action Network, dem zahlreiche Umwelt- und Entwicklungsorganisationen angehören, kritisierte die Klimakonferenz in Baku als „die schlimmste seit Jahren“.
Reaktion aus Luxemburg
Ähnlich wie seine Ministerkollegen aus Europa äußerte sich auch Umweltminister Serge Wilmes, der für Luxemburg an der Konferenz teilgenommen hatte, am Sonntagnachmittag in einer Pressemeldung. Der Minister erklärte, dass bei der COP29 in Baku ein wichtiger Durchbruch in der Klimafinanzierung erzielt wurde. Die Einigung markiere „den Beginn einer neuen Ära der internationalen Klimafinanzierung“, hebt er hervor. Er betont, dass die Industrieländer ihre Zusagen bis 2035 verdreifachen und auch China sowie die arabischen Golfstaaten zu Beiträgen aufgefordert werden konnten. Der Minister hob weiter die Führungsrolle der EU bei den Verhandlungen hervor. Er bedauert allerdings auch, dass keine Einigung über die Reduzierung der Emissionen und den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energien erreicht wurde. „Ohne eine Entscheidung in diesen Punkten werden die Diskussionen über die Bemühungen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, im nächsten Jahr fortgesetzt“, sagte Wilmes. cm
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