Ukraine / Olaf Scholz in Zeiten der Unsicherheit zu Besuch in Kiew
Kanzler Scholz besucht zum zweiten Mal nach Kriegsausbruch die Ukraine. Er sichert dem von Russland attackierten Land zu, es so lange zu unterstützen, wie das nötig ist. Doch zuletzt hatte es Spannungen im Verhältnis der Staaten gegeben.
Mittlerweile kennt man die Bilder von müde ausschauenden Politikern aus dem Westen, wenn sie am Bahnhof in Kiew aus einem dunkelblauen Zug aussteigen. Es ist das sicherste Verkehrsmittel für Besuche der von Russland angegriffenen Ukraine. Flugreisen verbieten sich, ständig herrscht Luftalarm, regelmäßig gibt es Raketeneinschläge und Drohnenattacken. Auch die Hauptstadt bleibt nicht verschont. An diesem Montagmorgen steigt Bundeskanzler Olaf Scholz aus dem Waggon.
Es ist die zweite Reise des deutschen Regierungschefs in die Ukraine, seit Russland seinem Nachbarland den Krieg erklärt und es überfallen hat. Zu Hause, im politischen Berlin, bezieht Scholz sich in Reden derzeit besonders oft auf den russischen Angriffskrieg und die deutsche Unterstützung für die Ukraine. Und er betont bei jeder Gelegenheit, dass er einen besonnen Kurs etwa bei Militärhilfen verfolge. Jetzt, da der Wahlkampf in Deutschland bereits in vollem Gange ist, mehren sich diese Verweise von SPD-Kanzlerkandidat Scholz zur Ukraine – auch in Abgrenzung zu Unionskandidat Friedrich Merz, dem Scholz vorwirft, ein Heißsporn zu sein. Einer, der mit unbedachten Äußerungen und Aktionen eine große Eskalation mit Russland provozieren könnte.
Doch um Wahlkampf, so ist man in Scholz’ Umfeld an diesem Montag bemüht herauszustellen, soll es bei diesem Besuch nicht gehen. Die Reise sei bereits vor dem Bruch der Ampel-Koalition geplant worden, hieß es. Scholz habe den Zeitpunkt gewählt, um nach der US-Wahl den künftigen Kurs westlicher Unterstützung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abstimmen zu können. Jetzt, da klar ist, dass der Republikaner Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehren wird, sei das umso dringlicher, hieß es in Berlin. Denn niemand könne genau sagen, welche Entscheidungen Trump treffen wird. Ob er sich beispielsweise über den Willen Selenskyjs hinwegsetzen und mit Russlands Präsident Wladimir Putin direkt eine Form von Waffenstillstand verhandeln wird. Scholz, so ist zu hören, will bei möglichen Gesprächen oder gar Verhandlungen die Position der Ukraine stärken.
Kanzler versucht Wogen zu glätten
Zuletzt hatte es erhebliche Spannungen zwischen Scholz und Selenskyj gegeben, so wirkte es zumindest. Insbesondere nach einem Telefonat von Scholz mit Putin und der darauf folgenden, ersten russischen Attacke mit einer Interkontinentalrakete auf die Ukraine vor einer Woche. Selenskyj hatte scharfe Kritik an Scholz’ Gespräch geübt, ebenso Vertreter aus EU-Ländern. Zudem gilt Scholz’ anhaltendes Nein zur Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper als Belastungsprobe für die Freundschaft zur Ukraine. Vor allem, weil der scheidende US-Präsident Joe Biden wesentliche Reichweitenbeschränkungen für die gelieferten amerikanischen Waffen aufgehoben hat.
Und so ist Scholz an diesem Montag in Kiew bemüht, die Wogen zu glätten und sich eng an die Seite Selenskyjs zu stellen. „Ich werde es nicht zulassen, dass über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg entschieden wird“, sagte Scholz am Montag bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Russland könne der Ukraine „keinen Diktatfrieden aufzwingen“. Zudem sagte der Kanzler der Ukraine die „unverbrüchliche Unterstützung“ und militärische Hilfe Deutschlands zu. Der „entschlossene Kampf gegen die russische Aggression“ sei „eine Seite der Medaille“, auf der anderen stehe das „Ausloten von Wegen, die zu einem fairen, gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine führen können“, betonte er. Selenskyj hob den deutschen Anteil bei der Lieferung von Flugabwehrsystemen wie Patriot, Iris-T und anderen hervor. Zugleich bat er um weitere Flugabwehr. Scholz zeigte sich offen, sicherte auch die Lieferung neuer Panzerhaubitzen zu. Allerdings reagierte Scholz ausweichend auf den ukrainischen Wunsch nach einer schnelleren Aufnahme in die NATO. „Die NATO hat zu diesem Thema Beschlüsse gefasst, die auch einen Weg zeigen“, sagte der SPD-Politiker.
Militärhilfen im Wert von 650 Millionen Euro
Am Morgen machte die Meldung die Runde, dass Scholz weitere Militärhilfen im Wert von 650 Millionen Euro im Gepäck habe. Noch im Dezember sollten diese geliefert werden – darunter Kampfpanzer, Raketen, Drohnen und Flugabwehrsysteme. Doch bei diesem Paket handelt es sich nicht um ein neues Unterstützungsgeschenk, sondern um bereits genehmigte Lieferungen. CDU-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul sagte dazu: „Es ist kein neues Geld – das kann er als Bundeskanzler nicht zusagen.“ Das könne nur der Deutsche Bundestag als Haushaltsgesetzgeber. „Und wie wir alle wissen, hat Scholz keine parlamentarische Mehrheit mehr hinter sich“, sagte Wadephul.
Und so lässt der heimische Wahlkampf sich für Scholz nicht ausblenden an diesem Montag. Bilder entstehen reichlich, etwa beim Besuch verwundeter Soldaten in einem Krankenhaus in Kiew. Zur Botschaft des „Friedenskanzlers“ wollen diese Eindrücke nicht passen. Zu denen eines Staatschefs, der zu seiner Ukraine-Unterstützung steht, allerdings schon.
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