Pressebriefing / „Starke Nachfrage“: Regierung will Wohnungsbeihilfen bis Juni verlängern
Luc Frieden hat am Freitagnachmittag Stellung zum Mercosur-Abkommen genommen. Und wartete mit der Ankündigung auf, dass die bis Ende 2024 zeitlich begrenzten Maßnahmen im Wohnungsbau um weitere sechs Monate verlängert werden.
Gut gelaunt, ja fast beschwingt, ist Premierminister Luc Frieden (CSV) am Freitagnachmittag vor die Presse getreten. Mit im Gepäck: Mercosur, Maßnahmen für den Logement und ein Appell an Luxemburgs Nachbarn. Über allem aber schwebte Friedens persönliches Damoklesschwert der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit. Wobei der Regierungschef in seinen Erklärungen erneut den Geist von Senningen beschwor und das Zuhören in den Vordergrund stellte.
„Kein Grund zum Streiken“
„Das Wesen der Luxemburger beinhaltet den sozialen Frieden.“ Luc Frieden wurde bei der Antwort auf die Frage nach einem möglichen Generalstreik schon fast philosophisch. Frieden sieht keine Ursache für einen Streik, auch weil die Regierung immer wieder betont hat, dass sie den Gewerkschaften das Verhandlungsrecht für Kollektivverträge nicht entziehen wolle. Jedoch ändere sich die Welt um Luxemburg herum, sodass man das Land an eine moderne Welt anpassen wolle. „Auf Kongressen wird immer sehr laut geredet und im Dialog dann meist sachlich“, sagt Frieden. Deswegen werde er sich auch nicht von Kongressen beeindrucken lassen. „Die Gespräche mit den Gewerkschaftspräsidenten gehen immer sehr manierlich über die Bühne.“
„Das Freihandelsabkommen Mercosur wurde heute Mittag in Montevideo von der EU unterzeichnet“, sagt Frieden. „Ich habe im Parlament erklärt, dass es meine Intention ist, sich mit den Luxemburger Bauern zusammenzusetzen, um ihre Sorgen in der Hinsicht besser zu verstehen.“ Die Regierung Frieden-Bettel aber bleibe generell der Meinung, dass Freihandelsabkommen in Zeiten ansteigender Handelsbarrieren wichtig sind, damit Europa „seine Rolle in der Welt vergrößern“ und seine Produkte in aller Welt exportieren kann. In der Luxemburger Landwirtschaft aber bestehe weiterhin die Sorge, dass vor allem Fleischprodukte den Markt überschwemmen können, deren Produktionsweise in Europa möglicherweise gar nicht erlaubt sei. „Die Sorge hängt auch damit zusammen, dass es in Europa immer mehr Auflagen gibt und eine Tendenz besteht, den Landwirten das Leben schwer zu machen“, meint Frieden. „Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen und sicherstellen, dass überall nach den gleichen Standards produziert wird.“
Es sei an der Politik sicherzustellen, dass die Mittel und Wege in der Landwirtschaft die gleichen seien. Als Beispiel nennt Frieden Auflagen, denen zufolge die Viehbestände in Europa schrumpfen sollen, während im Rest der Welt mehr produziert und anschließend in Europa importiert wird. „Die Regeln, die wir uns in Europa geben, dürfen nicht strenger sein als bei anderen – oder deren Regeln genauso streng wie bei uns“, stellt Frieden klare Forderungen an das Abkommen. „Wir brauchen eine Landwirtschaft, damit wir uns von den eigenen Produkten ernähren können.“ Eine klare Position der Luxemburger Regierung aber ist wohl nicht vor Ostern kommenden Jahres zu erwarten, wie Frieden erklärt. Nach dem Zusammentreffen mit den Luxemburger Bauernvertretern werde man sich vor den Weihnachtsferien auch noch mit Vertretern der Fedil treffen. Dann werde die „nature juridique“ des Abkommens geklärt werden müssen – darunter auch die Frage, ob das Abkommen von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss. „Wir schauen das mit den Bauern, der Fedil und dann mit der Chamber.“
EU, Ukraine und der gute Nachbar
Mit Ursula von der Leyen hat Frieden ebenfalls erst kürzlich telefoniert. Darin hat er noch mal mit Verweis auf die Grenzkontrollen auf die Rolle der EU-Kommission als Hüterin der Verträge aufmerksam gemacht. Auch habe er in dem Telefonat unterstrichen, dass Europa unbedingt wettbewerbsfähig bleiben müsse. „Ich will nicht, dass die USA und China uns weglaufen, weswegen eine absolute Priorität der neuen EU-Kommission die Überreglementierung in vielen Sektoren sei“, sagt Frieden. „Da muss unbedingt ein neuer Ansatz her.“
Apropos Grenzen und Wettbewerbsfähigkeit: „Ich bedauere zutiefst die politische Instabilität in Deutschland, Frankreich und Belgien“, sagt Frieden. Die Regierungen könnten keine politischen Akzente setzen, was sich wiederum auch auf die Luxemburger Wirtschaft auswirke. „Ich mache deswegen einen Aufruf an die Verantwortlichen in den Nachbarländern, an den gesunden Menschenverstand, dass die politischen Spielchen aufhören.“
Ähnlich besorgt blickt Frieden eigenem Bekunden nach auch auf Rumänien. Dort hat das oberste Gericht die erste Runde der Präsidentschaftswahlen für nichtig erklärt. „Das, was in Rumänien passiert ist, kann uns allen blühen“, meint Frieden. „Wir müssen uns so aufstellen, dass unsere Demokratie nicht manipuliert werden kann.“
Auch auf die rezenten Aussagen von Außenminister Xavier Bettel über einen möglichen NATO-Beitritt der Ukraine äußerte sich Frieden. „Der Außenminister und ich sind komplett auf einer Linie“, sagt Frieden. Man stehe weiterhin zu dem, was man mit Präsident Selenskyj in Washington besprochen habe. „Die Ukraine ist Teil der euratlantischen Familie und hat eine Zukunft in der EU und der NATO.“ Die derzeitigen Umstände aber würden es der Ukraine nicht erlauben, der NATO beizutreten. Die jetzige Situation und die mögliche Perspektive sind jedoch zwei verschiedene Dinge.
Gemüse à la luxembourgeoise
Die Regierung hat am Freitag auch ein Gesetzesprojekt angenommen, das den Bau von Treibhäusern zum Obst- und Gemüseanbau in Luxemburger ermöglichen soll. „Wir sind der Meinung, dass es notwendig ist, Obst und Gemüse in Luxemburg anzubauen“, sagt Frieden. Ob des Wetters – daran trage die Regierung keine Schuld, dixit Frieden – sei es aber notwendig, dass man den Bauern erlaube, Gewächshäuser anzubauen.
Demnächst soll dann auch ein „Appel à projets“ lanciert werden. Die Regierung werde diesbezügliche Investitionen zu 40 Prozent subventionieren. Dafür soll ein Budget von insgesamt 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.
Und auch in der Wohnungsbaukrise hat Luc Frieden eigenem Bekunden nach ganz genau zugehört. „Sowohl Bauunternehmen als auch Banken haben mir gesagt, dass wieder eine starke Nachfrage vorhanden ist“, sagt Luc Frieden. Das gelte sowohl für Neubauten als auch für den bestehenden Wohnbestand. „Gerade jetzt, am Ende des Jahres, ist eine Nachfrage zu erkennen, weswegen wir den Käufern die Möglichkeit geben wollen, ihre Transaktionen abzuschließen“, erklärt Frieden. „Deswegen werden die zeitlich begrenzten Maßnahmen im Wohnungsbau, die Ende des Jahres auslaufen sollten, bis Ende Juni verlängert.“ Man wolle den Schwung, der Ende des Jahres aufgekommen ist, mitnehmen und nicht am 31. Dezember wieder verlieren. „Das entsprechende Gesetz wird im Januar kommenden Jahres gestimmt und rückwirkend auf den 1. Januar angewandt“, sagt Frieden zu den Formalitäten.
Diese Maßnahmen werden bis zum 30. Juni verlängert
– Erhöhung des „Bëllegen Akt“ von 30.000 auf 40.000 Euro.
– „Bëllegen Akt“ für Investitionen in Mietwohnungen (nur VEFA-Projekte) mit einer Steuergutschrift von 20.000 Euro pro Person wird beibehalten.
– Steuern auf den Mehrwert beim Verkauf einer Immobilie werden auf das Viertel des allgemeinen Steuersatzes gesenkt, wenn die Immobilie mindestens zwei Jahre im Besitz des Verkäufers war.
– Satz der beschleunigten Abschreibungen („Amortissement accéléré“) für Wohnungen, die zu Vermietungszwecken gebaut und 2024 genehmigt wurden, steigt auf sechs Prozent für die Dauer von sechs Jahren.
– Bei Immobilientransfers, die der „Gestion locative sociale“ dienen, und bei Immobilien in der Energieklasse A+ werden 2024 keine Steuern auf den generierten Mehrwert erhoben.
Die Regierung will zudem den Ausbau der Aufladestationen für Elektroautos mit zusätzlichen 30 Millionen Euro unterstützen, die steuerlichen Vergünstigungen bei Leasing-Autos werden beibehalten. Zudem soll in das bestehende Regelwerk für Elektro-Aufladestationen auch Wasserstoff als alternative Energiequelle festgeschrieben werden. „Das gibt uns die Möglichkeit, in dem Sektor voranzukommen, wenn sich die Möglichkeit bietet.“
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