Junge Deutsche Philharmonie im CAPE / Interview mit der Dirigentin Delyana Lazarova
An diesem Freitagabend spielt die Junge Deutsche Philharmonie im Ettelbrücker CAPE ein Neujahrskonzert mit Werken amerikanischer Komponisten wie Copland, Bernstein, Gershwin, Bolcom und Schnyder. Wir haben uns mit der jungen, aufstrebenden Dirigentin Delyana Lazarova unterhalten.
Tageblatt: Frau Lazarova, Sie selbst kommen aus einer sehr musikalischen Familie; Ihre Mutter ist Komponistin und Pianistin. War es für Sie von Anfang an klar, dass Sie auch Musikerin werden würden?
Delyana Lazarova: Ja, auf jeden Fall. Ich erinnere mich nicht an eine Zeit, in der ich nicht den Wunsch hatte, Musik machen zu wollen. Ich konnte es mir einfach nicht vorstellen, etwas anderes zu tun. Und kann es auch heute nicht. Musikmachen ist meine Erfüllung.
Und was hat den Ausschlag gegeben, dass Sie Dirigentin geworden sind?
Oh, da gab es viele Faktoren. Wissen Sie, jeder Dirigent hat einen anderen Weg, eine andere Geschichte, sogar eine andere musikalische Erziehung. Für mich war es ganz einfach die natürliche Fortsetzung meines musikalischen Lebens als Geigerin.
Eine Reihe bulgarischer Künstler wie Anna Tomova-Sintow, Spas Wenkoff, die Komponistin Albena Petrovic-Vratchanska, die übrigens hier in Luxemburg lebt, Emil Tabakov, Emil Chakarov und Alexis Weissenberg haben zwar eine internationale Karriere gemacht, aber über das bulgarische Musikleben ist eigentlich wenig bekannt. Wie sieht die Musikszene in Bulgarien aus?
Ich kann mit Stolz sagen, dass die bulgarische Musikszene unglaublich lebendig ist. Unser Land beherbergt zahlreiche hervorragende Orchester und fantastische Künstler, die selbst unter schwierigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen Musik auf höchstem Niveau machen. Ich lebe zwar nicht mehr in Bulgarien, aber meine Familie lebt dort und ich bemühe mich, mit dem kulturellen Puls und den Ereignissen in meinem Heimatland verbunden zu bleiben.
Und in welchem Repertoire fühlen Sie sich selbst am wohlsten?
Ich ertappe mich oft dabei, wie ich mich in das Programm, an dem ich gerade arbeite, regelrecht verliebe. Diese Woche fühle ich mich am wohlsten mit Bernstein, Gershwin, Schnyder, Bolcom und Copland. Nächste Woche werden es Beethoven, Chin und Dorman sein. In der Woche danach Tschaikowsky und Dvořák. Als Musiker können wir es uns nicht leisten, bloße „Touristen“ bei den Stücken zu sein, die wir aufführen. Mein Ziel ist es nicht nur, die spezielle musikalische Sprache der jeweiligen Komponisten zu beherrschen, denen ich mich stark verbunden fühle, sondern auch meinen Horizont zu erweitern und sozusagen in neue musikalische Dialoge einzutauchen. Es ist eine ständige Reise des Wachsens und des Entdeckens. Und das Schöne ist, man lernt nie aus.
Sie sind derzeit mit der Jungen Deutschen Philharmonie auf Tournee. In diesen Neujahrskonzerten, mit denen Sie in Basel, Ettelbrück, Essen, Frankfurt und Ludwigshafen auftreten, spielen Sie ein rein amerikanisches Programm. Neben bekannten Werken von Aaron Copland, George Gershwin und Leonard Bernstein werden Sie auch William Bolcoms Concerto Grosso für Saxophonquartett und das Konzert für Orchester von Daniel J. Schnyder, ein Auftragswerk der Jungen Deutschen Philharmonie, spielen. Was kann man über die beiden letztgenannten Werke sagen?
Beide Stücke sind absolut wunderbar, jedes auf seine eigene Art und Weise. Bolcoms Concerto Grosso ist das perfekte Schaufenster für die wunderbaren Talente des Kebyart-Quartetts. Es strotzt nur so vor Leben und Aufregung, gespickt mit spielerischen musikalischen Scherzen, alles in einem charmant-alten Concerto-Grosso-Stil mit einem jazzigen Twist. Schnyders Konzert für Orchester ist meisterhaft für das Ensemble geschrieben. Es gibt jeder Gruppe im Orchester eine unverwechselbare Rolle innerhalb der Sätze. Die drei Sätze sind sehr unterschiedlich, aber durch wiederkehrende Motive miteinander verbunden, die so das Stück wunderbar zusammenhalten. Die Anwesenheit von Daniel Schnyder ist ein wahrer Luxus, der dem Prozess Tiefe und Einsicht verleiht.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den Musikern der Jungen Deutschen Philharmonie auf dieser Tournee?
Es ist eine absolute Freude. Diese jungen Musiker geben so viel von sich selbst und investieren sich voll und ganz in die Musik und den Probenprozess. Ich fühle mich unglaublich glücklich, Teil dieser Reise zu sein und diese musikalische Erfahrung mit ihnen teilen zu können. Spielen und Dirigieren ergänzen sich, Musikmachen ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.
Was nehmen Sie denn persönlich aus Ihrer Zusammenarbeit mit diesem Studentenorchester mit?
Natürlich ist es eine sehr bereichernde Erfahrung für mich, mit den Musikern der Jungen Deutschen Philharmonie arbeiten zu dürfen. Ich nehme ihre Energie mit, ihr Engagement, ihr Vertrauen und ihre pure Liebe zu den Stücken, die wir zusammen aufführen. Das alles zusammen ergibt eine ganz besondere Dynamik, die hoffentlich in den Konzerten zu spüren ist.
Dieses Orchester, das sich aus Musikstudenten zusammensetzt, beschäftigt sich seit seiner Gründung 1974 intensiv mit zeitgenössischer Musik. Als Tochter eines Komponisten, wie ist Ihr Verhältnis zur zeitgenössischen Musik und ihrer aktuellen Entwicklung?
Es gibt eine Fülle von unglaublicher Musik, die heute komponiert wird. In vielerlei Hinsicht ist das der Soundtrack unserer Zeit, und ich fühle mich verpflichtet, nach Werken zu suchen, die es nicht nur verdienen, uraufgeführt zu werden, sondern die es wert sind, auch durch wiederholte Aufführungen weiterzuleben und ihren Weg ins Repertoire zu finden.
Von 2020 bis 2023 waren Sie Assistentin von Sir Mark Elder beim Hallé Orchestra in Manchester, Musikdirektorin des Hallé Youth Orchestra, Sie arbeiteten mit Cristian Macelaru und wurden kürzlich zum Ersten Gastdirigenten des Utah Symphony Orchestra ernannt. Ihre internationale Karriere gewinnt rasch an Einfluss. Besteht da nicht die Gefahr, dass es zu schnell geht? Die Karrieren und Leistungen junger Dirigentinnen werden heute besonders aufmerksam verfolgt.
Natürlich ist es wichtig, dass man auf die Chancen, die sich einem bieten, vorbereitet ist und sie dann auch in diesem Moment wahrnimmt, vorausgesetzt natürlich, dass man sich innerlich bereit dafür fühlt. Dies gilt für alle Dirigenten und Musiker, unabhängig vom Geschlecht. Für mich haben sich die Dinge bis jetzt ganz natürlich entwickelt. Ich selbst freue mich auf eine spannende musikalische Zukunft und bin überzeugt, dass die Zeit bald kommen wird, in der das Geschlecht in unserem Beruf kein Thema mehr sein wird.
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