Serie / In „Black Doves“ werden Informationen vertickt – mit fatalen Folgen
In „Black Doves“ geht es um moderne Agenten, die mitten im Leben stehen. Über einige forcierte Wendungen und mehrere Handlungslücken hinweg, informiert die Serie über die Entwicklung der Agentenfigur in populären Medien.
„We are in the information business“, meint Helen am Ende der Netflix-Serie „Black Doves“. Es ist eine Erkenntnis und Resignation zugleich. „Black Doves“ wurde von Joe Barton konzipiert, zu dessen früheren Serien „Giri/Haji“ (2019) gehört, ein weiteres internationales Intrigen-Drama, und bringt das Darstellerpaar Keira Knightley und Ben Whishaw vor der Kamera zusammen: Knightley spielt die Rolle der Helen, Mutter von Zwillingen und Ehefrau eines aufstrebenden Politikers (Andrew Buchan).
Aber eigentlich heißt sie nicht wirklich Helen; Helen ist die Schöpfung eines internationalen Spionagerings, der sich die „Black Doves“ nennt – eine Gruppe, die Informationen an jeden verkauft, der bereit ist, dafür zu bezahlen, und die nicht den Interessen einer einzelnen Nation verpflichtet ist. Whishaw spielt Sam, ihren „Auslöser“ und schließlich engen Freund, der versucht hat, die Black Doves zu verlassen, aber doch wieder hineingezogen wird in das Netz aus falschen Identitäten, Täuschungen und Mord. Die Serie wechselt zwischen den gegenwärtigen Ermittlungen im Mordfall von Helens heimlicher Liebe Jason (Andrew Koji) und Rückblenden, die zeigen, wie Helen und Sam zu ihrer Arbeit kamen und ihre tiefe Verbundenheit entwickelten. Beide werden wieder zusammengebracht, als in einer Nacht drei Menschen getötet werden, die mit dem chinesischen Botschafter in London in Verbindung standen.
Untergang im Informationszeitalter
Von da aus werden die Handlungsfäden in gewohnter Thriller-Manier immer dichter und immer verworrener zusammengetragen, bis am Ende überhaupt nicht mehr ersichtlich ist, wie das Ganze zusammenhängt und wer am Ende die missliche Lage tatsächlich heraufbeschworen hat – die Chinesen, die CIA, der MI 5 oder 6, oder die Black Doves? Alle diese Organisationen sind letztlich Figuren in einem großen Spiel um die Informationshoheit. Es ist ein Spiel, das so undurchsichtig und gefährlich ist, dass Menschen daran zerbrechen. Darum geht es in „Black Doves“ im Wesentlichen: Während die benachbarte Agenten-Serie „Slow Horses“ ein etwas nachlässiges, aber grundsympathisches Agententeam abbildet, das schnell überfordert und verzweifelt erscheint, zeigt „Black Doves“ ebenso überforderte, wie mit sich selbst hadernde Menschen, die dem schieren Druck des Informationszeitalters nicht mehr wirklich beikommen.
Der nahbare Agent
Denn darauf zielt die Netflix-Serie ab: Agentenfiguren aus früheren Spionagestoffen sind meist entleerte Menschen, kalt operierende Profis, die keinerlei Emotion oder Bindung besitzen. Gerade hier aber sollen es Menschen sein, die in Ansätzen mit einem psychologischen Profil ausgestattet werden. Dass diese Neuerungsansätze den Agententhriller heute bestimmen, hat der letzte James-Bond-Film eindrücklich gezeigt: Eigentlich interessierte man sich in dieser ikonischen und überaus langlebigen Agentenfilmreihe weder für die sexuelle Orientierung des IT- und Waffenspezialisten des MI 6, Agent Q (auch Ben Whishaw) – noch dafür, was er nach Feierabend macht, ob er Haustiere besitzt oder nicht. All das baute „No Time To Die“ (2021) doch wie nebensächlich in seine Handlung mit ein. Es ist da wie hier der Versuch eines Fortschreibens einer zeitgemäßen Agentenfigur, die nicht mehr nur aus reiner Professionalität besteht, deren eigenes Glück aber immer wieder damit in Konflikt gerät. Es sind Agenten, die ein Privatleben haben, die Gefühle offen zeigen und deshalb an ihre psychischen Grenzen geraten.
Gerade die Schlussnote in „Black Doves“ wirkt dann doch arg forciert: Der Grund dafür ist das aufgesetzte Happy End zur Weihnachtszeit, in dem Liebe, Freundschaft und Loyalität die traumatischen Erlebnisse wieder vergessen lassen: Wenn Helen und Sam am Ende rechtzeitig zum besinnlichen Festessen einen Weihnachtspudding anrichten, dann siegt die Hoffnung.
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