Nach Mobbingvorwürfen / Gemeinde Contern kündigt Mitarbeiter und enthebt OGBL-Delegierte ihres Dienstes
Mobbingvorwürfe in der Gemeinde Contern hatten im September für Aufsehen gesorgt. Eine Untersuchung fand keine Beweise – die Resultate wurden jedoch angezweifelt. Jetzt schlägt die Gemeinde zurück.
Ständige Konflikte und mangelnde Kommunikation: Im Herbst vergangenen Jahres wurden schwere Vorwürfe über ein toxisches Arbeitsklima in der Gemeinde Contern laut. Eine Untersuchung von unabhängigen Experten, beauftragt von der Gemeinde, fand jedoch keine Beweise für Mobbing durch die Gemeindeverantwortlichen. Jetzt hat die Gemeinde den Spieß umgedreht: Ein Mitarbeiter wurde gekündigt und eine OGBL-Delegierte ihres Dienstes enthoben.
„Wir haben den Eindruck, dass hier eine Täter-Opfer-Umkehrung stattfindet“, sagt Alain Rolling vom OGBL dem Tageblatt. Der OGBL und der Schöffenrat der Gemeinde Contern seien eigentlich nach Bekanntwerden der Affäre zusammen für eine Meditation beim Innenministerium gewesen. Diese sollte nach dem Abschluss der Untersuchung stattfinden – doch zur Mediation ist es nie gekommen.
Wir finden es seltsam, dass zwei Personen, die sagen, sie wären Opfer von Mobbing, jetzt vor die Tür gesetzt wurdenOGBL
Die „zweifelhaften Ergebnisse, die keinesfalls als objektiv betrachtet werden können, brachten der Situation keine Entspannung“, schreibt der OGBL in einer Pressemitteilung am Freitagnachmittag. Ganz im Gegenteil: Der Schöffenrat habe die Situation ausgenutzt. Die Gewerkschaft zeigt sich über das Vorgehen der Gemeinde schockiert. „Wir finden es seltsam, dass zwei Personen, die sagen, sie wären Opfer von Mobbing, jetzt vor die Tür gesetzt wurden“, sagt Rolling.
Schöffe Jim Schmitz (CSV) tritt zurück
Der ehemalige Bürgermeister und aktuelle Schöffe Jim Schmitz tritt von seinem Amt zurück. Das teilte die CSV-Fraktion Contern am Freitagnachmittag in einer Pressemitteilung mit. Über 30 Jahre lang habe sich Schmitz in verschiedensten Funktionen für die Gemeinde engagiert. Aus gesundheitlichen Gründen mache er nun jüngeren Leuten aus der Partei Platz. Seine Nachfolge wird Yves Loose übernehmen, der bisher Gemeinderat war. Noé Rodrigues wird wiederum in den Gemeinderat nachrücken.
Die OGBL-Delegierte sei nach einem Krankenschein in die Verwaltung zurückgekehrt und habe dann einen Brief – nur unterschrieben von der Bürgermeisterin Marion Zovilé-Braquet (CSV) und eines kommissarischen Sekretärs – für ein Gespräch über eine Entlassung erhalten. Die Unterschriften der Schöffen seien hingegen nicht auf dem Dokument zu finden. Der Vorwurf: schwerwiegendes Fehlverhalten. „Das geht jetzt aufs Gericht“, sagt Rolling. Denn eine Delegierte sei eigentlich durch besonderen Schutz vor solchen Maßnahmen geschützt.
Bei der zweiten betroffenen Person handelt es sich um einen Mitarbeiter, der 29 Jahre lang bei der Gemeinde angestellt war. Am Tag vor Heiligabend sei er fristlos gekündigt worden. „Auch ihm werden Sachen vorgeworfen“, sagt Rolling. Er habe mittlerweile ebenfalls einen Anwalt eingeschaltet.
Die bestehenden gesetzlichen Regelungen für den Schutz von Mobbingopfern im öffentlichen Dienst seien völlig unzureichend, schreibt der OGBL. Deswegen fordert die Gewerkschaft eine unabhängige Anlaufstelle: „Eine solche Institution könnte eine zentrale Rolle dabei spielen, die Rechte und das Wohlbefinden der Betroffenen zu schützen und Konflikte frühzeitig zu lösen.“
Für die Gemeinde Contern kommt eine solche Anlaufstelle jedenfalls zu spät. Dort gebe es derzeit ein großes Turnover beim Personal, sagt Rolling. Viele hätten gekündigt oder seien gekündigt worden. Das spreche nicht für die Gemeinde: „Irgendwo drückt der Schuh.“
Gemeinde Contern bezieht Stellung
Die Antwort der Gemeinde Contern ließ nicht lange auf sich warten: Nach etwas mehr als einer Stunde nach der Pressemitteilung des OGBL verschickte der Schöffenrat eine Klarstellung. Zuerst geht es um die interne Untersuchung. Diese sei „unter strengster Einhaltung rechtlicher und ethischer Standards von einer externen Firma durchgeführt“ worden – und anschließend durch ein juristisches Gutachten zu einer Schlussfolgerung gebracht worden. Das Resultat sei eindeutig: Die Mobbingvorwürfe gegen die Bürgermeisterin seien unbegründet.
Opposition und Gewerkschaften hatten sich mit dem Ergebnis jedoch nicht einverstanden gezeigt – und eine unabhängige Untersuchungskommission gefordert. Die Sorge des OGBL: Bei einem privaten Anbieter könne das Ergebnis zugunsten des Kunden ausfallen. „Die Experten handelten vollkommen unabhängig und die Ergebnisse basieren auf umfassenden und objektiven Analysen“, findet hingegen die Gemeinde.
Der Schöffenrat stehe „vollumfänglich“ hinter der Untersuchung. Außerdem sei er bereit, mit den zuständigen gerichtlichen Institutionen zusammenzuarbeiten, um die Vorwürfe weiter zu klären. Auch respektiere die Gemeinde die Zuständigkeit der Gerichte bei der Bewertung von Mobbing-Vorwürfen. Das hatte auch der OGBL nach der internen Untersuchung gefordert: „Die Beurteilung, ob Mobbing vorliegt, ist nicht die Aufgabe der Gemeinde oder eines von ihr beauftragten Anbieters.“ Stattdessen müsse ein Gericht entscheiden. Die Gemeinde habe durch die Untersuchung versucht, sich selbst von den gegen sie vorgebrachten Vorwürfen reinzuwaschen, fand die Gewerkschaft.
Die Kündigung des Mitarbeiters und die Enthebung vom Dienst der Delegierten seien getroffen worden, um ein „respektvolles und kooperatives Arbeitsumfeld zu sichern und die Belegschaft vor weiterem Schaden zu
schützen“, schreibt die Gemeinde. Außerdem seien die Kündigungen ausschließlich auf Grundlage rechtlicher Erfordernisse getroffen worden.
Denn die Gemeinde Contern lege großen Wert auf die Rechte und das Wohlergehen aller Mitarbeiter, steht in der Mitteilung. Dazu werde die Gemeinde weiterhin alle Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um „ein Arbeitsumfeld zu fördern, das von Respekt, Professionalität und Fairness geprägt ist“.
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