Deutschland / Schlammschlacht um Drei-Milliarden-Hilfe für Ukraine: Scholz kritisiert „Sprücheklopfer“ Habeck und Co.
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz steht im Streit über eine kurzfristige Drei-Milliarden-Hilfe für die Ukraine zunehmend isoliert da. Selbst in den eigenen Reihen gibt es Stimmen, die dem Kanzler raten, seine Blockade aufzugeben.
Die Kontroverse über eine kurzfristige, zusätzliche Drei-Milliarden-Militärhilfe für die Ukraine gewinnt zunehmend an Schärfe. Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) verwahrte sich gegen den Vorwurf von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Befürworter der Ukraine-Hilfe würden Lügen verbreiten. „Ich finde es irritierend, wenn fachlich andere Auffassungen als Lüge diffamiert werden“, sagte Habeck der Bild-Zeitung.
Scholz wiederum bezeichnete am Rande einer Reise nach Paris am Mittwoch jene Politiker, die der Ukraine-Hilfe ohne konkrete Finanzierungsgrundlage vor der Wahl zustimmen wollten, als Sprücheklopfer. „Einfach zu behaupten, das würde trotz der Finanzlücke schon irgendwie gehen, hat das Niveau von Sprücheklopfern“, sagte Scholz.
Ich gehe davon aus, dass drei Milliarden Euro bei einem Gesamthaushalt von 488 Milliarden Euro zum aktuellen Zeitpunkt zu finden wären, ohne die innere, äußere oder soziale Sicherheit des Landes zu gefährdenSPD-Haushaltspolitiker
Union, FDP und Grüne wollen der Ukraine-Hilfe noch vor der Bundestagswahl im Haushaltsausschuss des Bundestags zustimmen. Auch die SPD ist zwar grundsätzlich dafür. Scholz macht jedoch das Aussetzen der Schuldenbremse zur Bedingung. Kürzungen im Etat an anderer Stelle für die Ukraine lehnt Scholz strikt ab.
„Wir haben eine Haushaltslücke von aktuell 26 Milliarden Euro. Wenn ich abziehe, dass wir nicht alles ausgeben werden, sagen wir zehn Milliarden, dann fehlen für 2025 immer noch 15 Milliarden Euro“, sagte Scholz am Mittwoch. „Die Frage, wie man das finanziert, muss man schon beantworten. Und in diese Antwort muss man dann die zusätzlichen drei Milliarden Euro auch miteinbeziehen. Wer das unbeantwortet lässt, belügt die Öffentlichkeit“, sagte er. „Die zentrale Frage dieses Wahlkampfs ist doch: Wer bezahlt die Zeche? Wie finanziert man all das? Durch Kürzungen? Durch Steuererhöhungen?“, betonte der SPD-Kandidat.
FDP will nun Nägel mit Köpfen machen
Hintergrund ist allerdings nicht nur die knappe Haushaltslage. Der Ampelkoalition war es bereits im November nicht gelungen, eine Lücke von damals gut zwei Milliarden Euro im Etatplan für 2025 zu schließen, weil sie sich über Kürzungen nicht einig werden konnte. Zudem hatte Scholz von Ex-Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner verlangt, die Schuldenbremse auszusetzen, um der Ukraine zusätzliche Hilfe gewähren zu können. Das lehnte Lindner ab, woraufhin er von Scholz als Minister entlassen worden war. Nun will der Kanzler von seiner damaligen Linie nicht abweichen. Würde er heute ohne Aussetzen der Schuldenbremse der Drei-Milliarden-Hilfe zustimmen, hätte er nur zweieinhalb Monate später seine Position entscheidend geändert.
Bisher plant der Bund für 2025 mit nur vier Milliarden Euro für die Ukraine, im vergangenen Jahr lag die Hilfe jedoch fast doppelt so hoch. Union, FDP und Grüne wollen die Hilfe noch vor der Wahl wieder aufstocken, damit die Ukraine im Krieg gegen Russland bestehen kann. Würde das Geld erst nach der Wahl bewilligt, könnten Monate vergehen, die Unsicherheit in der Ukraine würde größer, argumentieren sie. Der Haushaltsausschuss könne die drei Milliarden Euro kommende Woche als überplanmäßige Ausgabe beschließen. Die Finanzierung würde dann später geklärt.
Nun will zumindest die FDP offenbar ohne Zustimmung von Scholz im Haushaltsausschuss Nägel mit Köpfen machen. Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) wird am kommenden Mittwoch nach Angaben der FDP im Haushaltsausschuss die Lücke in der Etatplanung für 2025 erläutern. Die Liberalen erwarten dann auch eine Vorlage für eine überplanmäßige Militärhilfe von drei Milliarden Euro für die Ukraine, sagte ihr Haushaltsexperte Otto Fricke.
SPD-Politiker widerspricht dem Kanzler
Auch die Grünen gehen weiter auf Konfrontation zu Scholz. In der ARD-Sendung „Maischberger“ hielt Habeck dem Kanzler am Dienstagabend entgegen: „Umgekehrt hatte die SPD jetzt keine großen Probleme zu beantragen, mehr für E-Autos zu tun oder die Netzentgelte noch abzuschaffen.“ Aber für die Ukraine wolle sie nichts mehr drauflegen. „Oder man sagt: Ist egal, wir müssen helfen. Aus meiner Sicht – jetzt in der unmittelbaren Not: Dann helfen wir. Und dann lösen wir das Problem (der Finanzierung) danach.“
Auch der für Verteidigung zuständige SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz widersprach dem Kanzler. „Zusätzliche Hilfen in Höhe von drei Milliarden Euro sind für die Ukraine von großer Bedeutung. Deutschland leistet bereits sehr viel, zugleich würde das weitere Geld einen erheblichen Unterschied machen im ukrainischen Abwehrkampf gegen Russland“, sagte Schwarz dem Tageblatt. Der sauberste Weg wäre dafür das Aussetzen der Schuldenbremse. „Angesichts der politischen Positionen wird die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit aber wohl nicht erreicht“, fügte Schwarz mit Blick auf Union und FDP hinzu. „Wenn Union und FDP etwas anderes wollen, dann müssen sie klar sagen, wo sie im Etat kürzen“, sagte Schwarz. „Die Option wäre eine überplanmäßige Ausgabe aus dem Haushalt. Ich gehe davon aus, dass drei Milliarden Euro bei einem Gesamthaushalt von 488 Milliarden Euro zum aktuellen Zeitpunkt zu finden wären, ohne die innere, äußere oder soziale Sicherheit des Landes zu gefährden“, so der SPD-Politiker.
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